Es gibt Scheiben, in die man eigentlich nicht reinhören braucht, um zu wissen, dass der Inhalt nicht so geil sein wird. RACHEENGEL und seine aktuelle Platte "Ascheregen" treiben es dabei auf die Spitze und vereinigen bereits in Titel und Bandname die schlimmsten Buzzwords der deutschen Gothic-Szene zu einer Kakophonie der Klischees.
Aber lassen wir erst einmal die Vorurteile außen vor und versuchen neutral an das fünfte Album von Patrick Gajda heranzutreten, der seit 2003 im Alleingang RACHEENGEL-Platten produziert. Das neuste Werk "Ascheregen" umfasst dabei zehn Tracks und bringt
es auf eine Spielzeit von mehr als einer Stunde. Inhaltlich soll sich der Dreher mit Dingen wie Sucht, Routine und Vergangenheitsbewältigung befassen, was die bisherige Bandgeschichte laut Promozettel gut zusammenfasst. Allerdings lädt die farblose Stimme von Herrn Gajda nicht wirklich dazu ein, dass man näher zuhören will. Die Vocals bewegen sich auf dem Niveau einer lokalen Pop-Rock-Covertruppe und auch die Ausflüge in Shout- und Growl-Gefilde bleiben erschreckend nichtssagend. Als "ganz nett" kann man zumindest die treibenden Gitarren bezeichnen, die teilweise recht knackige Riffs absondern. Leider verfliegen solche Momente zu schnell oder gehen direkt ganz im pompösen Keyboard-Bombast unter, den man immer wieder um die Ohren gehauen bekommt. Ganz abgesehen davon, ist das Song-Writing so ausgelutscht, dass man meinen könnte, dass das Album um die Jahrtausendwende erschienen sei. Und selbst in diesem Kontext versagt das gebotene Material. Denn mit pseudo-nachdenklichen Schlagertexten und völlig belanglosen sowie repetitiven Klangmustern kann man nicht einmal den nostalgischsten NDH-Grufti hinter dem Ofen hervorlocken. Wenn dann aber doch einmal eine Idee halbwegs zündet, fühlt man sich fast immer an andere Künstler erinnert. So klingt zum Beispiel 'Zwischen Schatten und Staub' von seinem Grundmotiv her wie eine tiefer gestimmte Interpretation vom ÄRZTE-Klassiker 'Schrei Nach Liebe'.
Im Grunde verwundert es nicht, dass RACHEENGEL seit 15 Jahren allein Musik machen muss und kein Label vorweisen kann - nichts was man auf "Ascheregen" findet, ist irgendwie originell, innovativ geschweige denn spannend. Im Gegenteil, das poppig-schmierige Gejaule trieft nur so vor kitschigen Gothrock-Klischees und verursacht bei voran geschrittener Spielzeit akuten Brechdurchfall. Wem hingegen SCHWARZER ENGEL oder UNHEILIG noch nicht ausgelutscht genug sind, der wird sich wahrscheinlich auch über dieses Projekt freuen können. Allen anderen jedoch ringt dieser Stinker nicht mehr als müdes Kopfschütteln ab. Ein passabler Gitarrist zu sein, reicht halt nicht immer aus, um in einer Band alles alleine machen zu können.
Wer trotz dieser Rezension eine CD erwerben will, kann dies seit 24.11.2017 beim Interpreten selbst tun.
[Adrian]
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen