Black Metal und Hofheim ist eine Verbindung, die man als echte Erfolgsgeschichte bezeichnen kann. Bisher war jedes Schwarzmetall-Event des Schwarze Loge Ritus im Jazzkeller am Taunus restlos ausverkauft und das Essence Of Nostalgia, das am vergangenen Samstag stattgefunden hat, ist da keine Ausnahme.
Das Line-Up des Abends ist wirklich attraktiv und lockt Zuschauer aus der
weiteren Umgebung an den Taunus. Mit ELLENDE, HORN, NORNIR und DRENGSKAPUR stehen vier Kapellen auf der Bühne, die man nicht an jeder Steckdose sieht. Den Anfang machen die Sachsen vom NORNIR. Mit drei Jahren auf dem Buckel ist das Trio noch recht neu in der Szene - allerdings wirkt das, was sie auf der Bühne veranstalten, sehr souverän. Dichte Soundwände und klirrende Rhythmen rauschen aus den Boxen, während Frontfrau Lethian und Klampfer Angrist sich stilecht mit Corpsepaint äußerst erhaben auf der Bühne bewegen. Wenn man nach einer Band sucht, die als Lexikon-Eintrag für Second Wave Black Metal fungieren könnte, dann wäre NORNIR eine gute Wahl. Dennoch wirkt ihr Auftritt keineswegs abgedroschen. Ihre Musik ist einnehmend und hypnotisch. Das ist keine musikalische Revolution - aber äußert gut gemachter Black Metal. Mit über 50 Minuten ist der Gig zwar recht lang (vor allem für einen Opener), aber niemals langweilig. Einzig ein Bass würde dem Vierer gut tun. Denn auch wenn man gleich zwei Sieben-Saiter am Start hat, vermisse ich mit wachsender Spielzeit immer mehr einen Tieftöner.
Nornír (Foto: Adrian) |
Ebenfalls ohne Bassist auf der Bühne begrüßen uns die Berliner von
DRENGSKAPUR, die sich allerdings auch nur zu zweit durchschlagen. Drums, Gitarre und Gesang - mehr braucht das Hauptstadt-Duo nicht für seine Show und mischt in seine langen Hymnen immer wieder coole Riffs rein, die gerne auch mal ein wenig rockiger ausfallen dürfen. Insgesamt allerdings muss man sagen, dass hier nicht viel passiert. Die Songs ziehen sich teilweise wie Kaugummi und der Gesang von Kuttenträger Wintergrimm ist heute auch nicht wirklich überzeugend. Die Macht, die beide Musiker auf Platte erzeugen, lässt sich an diesem Abend live nicht reproduzieren. Kein Wunder, dass sich schon vor Ende des Gigs viele Besucher draußen bei einer Kippe treffen und sich am improvisierten Grillstand mit lecker Fleisch versorgen - auch wenn das zeitweise aufgrund technischer Widrigkeiten zum Geduldspiel wird.
Drengskapur (Foto: Adrian) |
Geduld muss man auch bei HORN beweisen. Der Soundcheck zieht sich nämlich
ein wenig hin und im randvollen Jazzkeller wartet es sich allzu angenehm. Das ist jedoch alles vergeben, als die Lichter ausgehen und der Gig beginnt. Die Ostwestfalen sind für viele Besucher offensichtlich das Highlight des Abends und vor allem die weiblichen Zuschauer sichern sich Plätze in den vorderen Reihen. Bandchef Nerrath ist allerdings trotz des Andrangs wie immer die Ruhe selbst und strahlt eine Coolness aus, die man in dieser Weise nur selten erlebt. Der singende Bassist besitzt eine unheimlich erhabene Bühnenpräsenz und zeigt heute wieder wie groß die Bandbreite seines Organs ist. Schreie, Screams und klarer, epischer Gesang vermischen sich zu einer stimmigen Melange und lassen die Spielzeit, wie im Flug vergehen. Ein paar Zuschauer vermissen zwar die eine oder andere ältere Nummer, aber auch neuere Nummern wie 'Alles in einem Schnitt' oder 'Turm Am Hang' (vom gleichnamigen Dreher) müssen sich nicht verstecken - im Gegenteil, für mich persönlich sind sie die Filetstücke der Setlist. Ich muss definitiv noch einmal in das 2017er Album von HORN reinhören - hier schlummert ein moderner Klassiker. Kurzum, für mich ist das der beste Auftritt des Abends!
Horn (Foto: Adrian) |
Den Slot des Headliners nehmen aber tatsächlich die Grazer von ELLENDE ein.
Ellende (Foto: Adrian) |
Aufgrund des Bekanntheitsgrad sicherlich nicht unverdient, aber sie spalten ein wenig das Publikum. Denn neben klassischen Schwarzmetallpassagen gibt es hier vor allem Postrock und atmosphärische Elemente zu bestaunen. Ähnlich wie HORN ist auch ELLENDE eigentlich keine Band, sondern ein Solo-Projekt des jeweiligen Sängers - ein Trend, dem man dieser Tage immer häufiger begegnet. Mit seiner auffälligen Dachsbemalung sticht Fronter Lukas auch am deutlichsten im Line-Up heraus und liefert die aktivste Performance des Abends, was auch der Tatsache geschuldet ist, dass er heute als einziger Sänger ohne Instrument in der Hand unterwegs ist. Wenn man Kapellen wie HARAKIRI FOR THE SKY oder LANTLOS mag, dann ist man genau richtig bei den Österreichern - Puristen der alten Schule werden größtenteils die Nase rümpfen, aber an manchen Stellen dafür umso verstohlener Mitnicken. Lieder wie 'Feuer', 'Meer' oder 'Verachtung' gehen gut ins Ohr und sind dicht wie spät-sommerliche Gewitterwolken. Insgesamt ein mehr als ordentlicher Abschluss für diesen gelungenen Abend, der seine Fortsetzung in der nächsten (ebenfalls bereits ausverkauften) Zeremonie der Schatten finden wird, die bereits im April an gleichem Ort stattfindet und mit TOTENWACHE, ADALWOLF, MALUM, SCHRAT und SAKRISTA auch wieder die schwarzen Massen nach Hofheim locken wird. Von mir aus, kann das gerne noch lange so weiter gehen.
[Adrian]
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