Mittwoch, 24. Mai 2017

Live-Review :Kiss in der Festhalle Frankfurt

Gestern haben die geschminkten Hardrocker von KISS die Festhalle in Frankfurt mit ihrer Anwesenheit beehrt. Ausverkauft war der Abend zwar nicht nicht, aber viele Eintrittskarten dürften angesichts gut gefüllter Ränge nicht übrig geblieben sein. Dennoch haben sich auch viele Ticketkäufer im Vorfeld die Frage gestellt, ob Herren, die teilweise bereits auf die 70 zugehen, noch eine gute Show hinlegen können. Was tatsächlich bei diesem Abend herum gekommen ist, klären wir in der Folge.
Tatsächlich ist es ein unvergesslicher Abend geworden. Bereits die Vorbands sind
Raveneye eröffnet den Abend
dieses Mal nicht so lieblos zusammengestellt worden,  wie man es in Frankfurt zuletzt bei IRON MAIDEN oder ANTHRAX mitbekommen konnte. Eröffnet wird der Abend mit einem halbstündigen Set der Engländer von RAVENEYE, die schnellen und energiegeladenen Rock spielen, der mit seiner klassischen Ausrichtung gut zum Headliner passt. Das Trio ist zwar nichts, was ich mir daheim anhören würde, aber stimmt die eintreffenden Zuschauer auf den langen Konzertabend ein.
In Extremo polarisiert
Der zweite Support-Act ist zwar thematisch weniger passend, aber dafür vielen Zuschauer zumindest ein Begriff. IN EXTREMO ist in Frankfurt exklusiv dabei und sorgt mit seinem Folk Metal dafür, dass man sich wieder wie ein Teenager fühlen darf (sofern man sie wie ich in diesem Lebensabschnitt  kennengelernt hat). Heute sind die Berliner zwar nur noch seltene Gäste in meinen privaten Playlists, aber sie in einem solchen Rahmen zu erleben, macht eine Menge Spaß. 'Mein Rasend Herz', 'Küss Mich' oder 'Nur Ihr Allein' kann man auch nach vielen Jahren der Abstinenz noch locker mitsingen und man lässt sich gerne mitreißen (auch wenn es einem als "gestandenem Metaller" hinterher vielleicht etwas peinlich ist). Viele Die-Hard-KISS-Fans um mich herum würden die Kapelle zwar am liebsten direkt von der Bühne schmeißen, aber das kennt man ja von jedem größeren Konzert.
Bei KISS selbst sind dann aber wieder alle Zuschauer auf einer Wellenlänge.  Die Amerikaner lassen sich mit einer Plattform von Nebel umgeben hinunter auf die Bühne befördern und starten mit einem bärenstarken Paket in den Abend.
Kiss starten mit viel Nebel
'Deuce' und 'Shout It Out Loud' sorgen für den ersten Adrenalinschub, bevor man den Opfern von Manchester eine Schweigeminute widmet, die bis auf einige Schreihälse alle Zuschauer andächtig mitmachen. 'Lick It Up' bildet dann direkt im Anschluss den nächsten Höhepunkt, bei dem das Publikum beweisen darf wie text-sicher es ist. In diesem Zusammenhang muss auch Paul Stanley lobend erwähnt werden, der mit witzigen und charmanten Ansagen das Publikum in der Hand hat. Der immer noch beachtlich durchtrainierte 65-Jährige macht allerhand Faxen mit den Zuschauern und ist auch stimmlich voll auf der Höhe. Allerdings gibt auch Gene Simmons wieder viele Show-Einlagen ab. Auch wenn er sich mit Ansagen zurückhält, bedient er alle Wünsche, die die Fans haben dürften. Er spuckt Feuer bei 'Firehouse', gurgelt mit Kunstblut und schwebt zu 'God Of Thunder' an Fäden gezogen auf eine erhöhte Plattform, um 
Gene Simmons auf der
Hebebühne
von dort aus den druckvollen Klassiker zu zocken. Die Lightshow ist hier zwar bedrohlich-dämonisch eingefärbt, aber ist sonst meistens grell, bunt und effektreich. Man kommt sich vor als sei man in Las Vegas gelandet und habe die Mainmetropole hinter sich gelassen. Als später auch Paul Stanley durch die Luft fliegt, um auf einem kleinen Plateau innerhalb des Zuschauerpulks 'Psycho Circus' zu performen, geht auch der letzte Fan steil. Allerdings trübt eine überraschende Absperrung um den Innenraum herum kurzzeitig die Stimmung. Wer zwischendurch etwas zu trinken kaufen will oder zur Toilette geht, sieht sich auf einmal an den Rand gedrängt. Zeitweise ziehen nämlich die Securities mit Absperrband eine Barriere um die Zuschauer im Innenraum und verbieten sowohl das Verlassen als auch den Wiedereinlass in den Bereich vor der Bühne. Vor 'Rock And Roll All Nite' verschwindet diese Absperrung zwar wieder, aber man erhält keine Erklärung dafür, was die Festhalle damit hat bezwecken wollen. Bei Zuschauern, die das mitbekommen, trübt diese Aktion die Stimmung deutlich und lässt Sicherheitsbedenken (die durch den Anschlag in Manchester am Vortag ohnehin vorhanden sind) weiter wachsen. Dennoch macht KISS auf
Ein Regen aus Papierschnipseln am Ende 
der Bühne einen tollen Job. Gitarrist Tommy Thayer und Basser Gene Simmons lassen sich zu 'Rock And Roll All Nite' von Hebebühnen über die Köpfe der Zuschauer schwenken , während riesige Kanonen Papierschnipsel auf das Publikum regnen lassen. Damit ist der offizielle Teil des Programms beendet.
Jedoch gibt es mit dem allseits-bekannten 'I Was Made For Loving You' und dem unsterblichen 'Detroit Rock City' noch eine fette Zugabe, die diesen Auftritt perfekt macht.
Alles in allem bleiben am Ende keine Wünsche offen und KISS beweist allen Unkenrufen zum Trotz, dass Ihnen niemand etwas vormacht, wenn es um eine saftige Rock Show mit dicken Eiern geht. Man mag von ihren Geschäftspraktiken und manchen Gene-Simmons-Aussagen halten was man will, aber live sind sie so ziemlich das Stärkste, was der traditionelle Hardrock noch immer zu bieten hat. 

[Adrian]

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