Samstag, 27. Mai 2017

Editorial: Ein Dorf rockt ab - Ist das ZDF zu weit gegangen!

Dass Spielfilme über Metal (mehr oder weniger gut) funktionieren können, haben in der Vergangenheit zum Beispiel die Komödie "Happy Metal" aus Frankreich, das Drama "Metalhead" aus Island oder der Splatterfilm "Deathgasm" aus Neu-Seeland bewiesen. Da will scheinbar das altehrwürdige ZDF nicht hinten anstehen, zieht die logische Konsequenz und macht aus der metallischen Festival-Thematik ein kleines Fernsehspiel. Immerhin hat man sich ja als Sender in Sachen Metal-Berichterstattung bereits durch Wacken einige Sporen verdient. Was allerdings mit "Ein Dorf rockt ab" dabei raus gekommen ist, wird eure Schädel zum bersten bringen.

Die Ausgangssituation ist denkbar einfach: ein Bauernhof im beschaulichen Mühlbruch, ein (erfundenes sowie verschlafenes) bayrisches Dorf, ist fast pleite, weil der deutsche Verbraucher ja nur noch billige Milcherzeugnisse beim Discounter kaufen will (damit ist auch ein wenig Sozialkritik eingebracht worden). Die rebellische Tochter Antonia, die auf eben diesem Bauernhof wohnt, steht auf Metal und stiehlt sich eines Abends aus dem Haus, um sich in der
Stadt ein Konzert von einer fiktiven Band anzuschauen, die aussieht wie JUDAS PRIEST  in ihren schlimmsten Zeiten und klingt wie CREED in ihren schlimmsten Zeiten (Moment mal, das geht ja gar nicht - die waren schon ja immer furchtbar). Wie es kommen muss geht sie Backstage, wo Groupies mit der Band knutschen (selbst die Herren von POISON würden sich bei dieser Szene fremdschämen). Da bekommt sie mit, dass ein Festival, wo ihre Herzensband spielen soll, eine Location sucht und bietet spontan den Acker der Familie als Austragungsort an. Von da an nimmt der Klischeezug so richtig an Fahrt auf und als Metal-Fan tut spätestens ab hier jede einzelne Minute physisch weh. Denn es wird kein Stereotyp ausgelassen, der sich in den letzten 60 Jahren angesammelt hat, seitdem Bill Haley das erste Mal eine Gitarre in die Hand genommen hat. Es ist einfach alles dabei: viel zu viele Motorräder, Satanistengerüchte, christdemokratische Bürgermeister und Dorfpfarrer, die das Festival verhindern wollen. Hannes Jaenicke als kiffender Festivalorganisator Mike ist in etwa so glaubwürdig wie Angela Merkel als Baywatch-Nixe. Christina Große als bäuerliche Protagonistin Caro macht noch den besten Job, zumindest für öffentlich-rechtliche Fernsehfilm-Verhältnisse. Weitere schauspielerische "Leistungen" müssen nicht erwähnt werden. Hinter der katastrophal-plumpen Metal-Lackierung schlummert ein noch viel schlimmerer Heimatfilm, der dem Zuschauer mit einer billigen Drei- bis Viereck-Liebesgeschichte auf die Nerven geht. Dazu kommt noch ein altbekannter Handlungsverlauf mit anfänglichen Berührungsängsten, ersten Freundschaften und Peripetie, der diesen Film zu einer unerträglichen Folter werden lässt. 

Dieser Streifen richtet sich nicht an Metaller und beleidigt jeden, der irgendetwas mit dieser Musikrichtung zutun hat. Selbst mit dem Hintergedanken einen Trash-Film zu schauen, ist diese Produktion nur schwer auszuhalten. Eigentlich muss man sich hier sowohl als Landbevölkerung wie auch als Metalhead echauffieren, denn die erste Partei wird als zurückgeblieben und geradezu mittelalterlich-verklemmt dargestellt, während die andere Seite als ein Haufen von Neandertalern und asozialen Pennern porträtiert wird, die ständig die Zeche prellt, wild in fremden Vorgärten zeltet und erst durch erzieherische Maßnahmen die Grundregeln des gesellschaftlichen Lebens erlernen muss. Denkt einfach an die Szenen bei "Vikings" wenn Christen und Wikinger versuchen miteinander auszukommen, das trifft die hier präsentierte Darstellung eigentlich ganz gut.
Der Soundtrack ist mit unter anderem ALICE COOPER, ACDC, METALLICA, MOTÖRHEAD und ANDREW WK zwar alles andere als überraschend - hätte auch noch viel schlimmer ausfallen können (Stichwort: CREED).
Ein Vergleich mit anderen cineastischen Werken über Heavy Metal verbittet sich, denn was das ZDF hier veranstaltet hat nichts mit Metal oder einem authentischen oder gar selbst-ironischen Einblick in die deutsche Festivalszene zu tun, sondern ist ein Klamauk auf kleiner Flamme für enttäuschte Hausfrauen jenseits der 65. Hergegeben hat sich übrigens der Metalacker Tennenbronn für die Dreharbeiten 
Wer sich trotz allem dieses Machwerk anschauen will, kann sich  "Ein Dorf rockt ab" noch bis Mitte August in der Mediathek des ZDFs anschauen abseits davon kann man den Film auch bei YouTube kaufen (ha ha, als ob). Sagt aber nachher nicht, ihr wärt nicht gewarnt worden. 

[Adrian]

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