Ich frage mich manchmal, ob Metal Content in Magazinen, auf YouTube-Kanälen, in Social Media und Blogs (wie diesem hier) wirklich sein volles Potenzial entfalten kann. Ich kann nur für mich selbst sprechen, aber ich habe oftmals den Gedanken, dass ich ein bestimmtes Projekt gerne vorantreiben oder eine vage Idee gerne verwirklichen würde. Jedoch fühle ich mich dann auch recht schnell wieder entmutigt, da es mir (wie vielen anderen) vor allem an einer Ressource mangelt: Zeit!
Sind wir doch mal ehrlich. Eigentlich haben wir eine Menge Zeit. Als Menschen gehören wir zu den Wesen auf diesem Planeten, die die meiste Zeit zur Verfügung haben (abgesehen von artikischen Haien, primitiven Meeresschwämmen und Riesenschildkröten). Außerdem haben wir den Luxus der modernen Welt permanent in unseren Händen. Wir können via Internet mit den verschiedensten Leuten in Kontakt treten und blitzschnell zu jedem erdenklichen Thema recherchieren. Eigentlich sind die Bedingungen ideal, um die Dinge, die man sich als Content Creator vornimmt auch umzusetzen. Vergleicht man diese Bedingungen mit den Widerständen mit denen Fanzine-Ersteller in den 80ern zu tun hatten, sollte man sich eigentlich nicht beschweren und hervorrangende Inhalte produzieren. Tatsächlich haben sich die gängigen Formate der Metal-Szene aber seit den 80ern großteils nicht sonderlich verändert. Es gibt Konzertberichte, News zu neuen Releases, Interviews und Reviews über Reviews. Allein diese Überkategorien machen den Löwenanteil aller musikjounalistischer Content Pieces aus. Auch Totgehoert will ich da nicht herausnehmen. Ist das aber wirklich alles was wir leisten können? Bietet nicht gerade der Metal als Subkultur nicht so viel mehr Raum, um spannende Geschichten zu erzählen und sich verschiedenen Themen auf eine innovativere Weise zu nähren? Natürlich tut er das und es gibt auch viele Beispiele dafür, wie man mit entsprechender Recherchearbeit und Kreativität neue mediale Wege beschreiten kann. Allerdings scheitern die meisten Ersteller von Inhalten daran regelmäßig solchen Content zu liefern, weil es ihnen, wie eingangs erwähnt, vor allem an Zeit dafür fehlt. Metal ist eben eine Nische und so gut wie niemand kann mit Szene-Arbeit seinen Lebensunterhalt bestreiten. Entsprechend sind wir fast alle von den Zwängen des Alltags in unserer Selbstverwirklichung beschränkt. Wenn man Vollzeit arbeitet, eine Familie hat und generell versucht das eigene Leben auf die Reihe zu bekommen, dann ist das Zeitbudget sehr überschaubar. Dazu kommt dann noch, dass alle genannten Aktivitäten auch eine Menge Energie kosten und man die wenigen Stunden, die man zur freien Verfügung hat, zur Regeneration nutzen muss anstatt produktiv zu sein. Schafft man es dann doch noch sich aufzuraffen und etwas Verwertbares für das eigene Medium zu machen, dann ist man froh, wenn man den Aufwand niedrig halten kann und begibt sich lieber auf bekannte Pfade (wie mit den oben genannten Formaten) und belässt es dann dabei die Hoffnung hochzuhalten, dass man das eigene Passionsprojekt mittelfristig noch umsetzen wird. Man hat ja noch Zeit. Es muss ja nicht heute sein. Ich glaube diese Gedanken kennt jeder. Dazu muss man nicht zwangsläufig ein Content Creator sein. Seien es Reiseziele, die man noch besuchen will, Bücher, die noch gelesen werden wollen oder Games, die man noch spielen sollte. Wir alle neigen dazu im Endeffekt ein paar Nummern kleiner zu denken als wir es uns eigentlich vornehmen. "Klar, den Film, den ich immer mal schauen wollte, könnte ich heute einlegen, aber ich habe gerade nicht den Kopf dafür. Ich schaue lieber ein paar Folgen The Office, die ich lange nicht gesehen habe", ist so ein gängiges Klischee wenn es um die Nutzer von Streaminganbietern geht und im Grunde ist es im Metal nicht anders. "Ich sollte diese große Retrospektive über Genre XY schreiben oder an der einen aufwendigen Recherche weiterarbeiten, aber das kann auch noch bis morgen warten, heute mache ich noch einmal ein Review zu dieser Promo, die letztens reingekommen ist.", solche Gedanken kenne ich selbst aus 13 Jahren Totgehoert sehr gut und durch Videos und Beiträge von anderen YouTubern und Bloggern weiß ich, dass auch in der Metal-Szene nicht ungewöhnlich ist so zu denken. Lange Pausen ohne Content, Ankündigungen, die niemals umgesetzt werden, und Creator, die ganz plötzlich das Handtuch werfen, weil sie keinen Spaß mehr an ihrem Hobby haben: sowas poppt immer wieder auf und ich kann diese Problematik verstehen. Wozu der ganze Stress überhaupt? Was tue ich mir da immer wieder an? Natürlich kann man argumentieren, dass man einfach nur die Frequenz reduzieren muss und sich lediglich zwingen muss, sich mehr Zeit für die großen Projekte zu nehmen, wenn es das ist, was man machen will - aber so einfach ist das natürlich nicht. Denn es gibt ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Flüchtigkeit in der digitalen Welt. Egal ob man sich zwei Tage, zwei Wochen oder zwei Monate Zeit nimmt für die Content Kreation, die Halbwertszeit bis der Beitrag im Online-Nirwana der Vergessenheit verschwindet ist oftmals die gleiche, was sehr frustrierend auf jeden Ersteller wirken kann. Dazu kommt noch, dass man schon nach kurzer Zeit in einen Strudel aus Verpflichtungen gegenüber Dritten versinkt, wenn man nicht aufpasst. Die mediale Evolution ist dabei immer ähnlich. Zuerst kreiert man Content für sich selbst, wird dadurch motiviert, dass immer mehr Außenstehende gefallen daran finden und dann kommt der Knackpunkt. Bands, Labels und Promoter fragen Dich an mit ihnen zusammenzuarbeiten, was sich erst einmal wie ein Ritterschlag anfühlt. Allerdings werden diese Anfragen sehr schnell sehr unüberschaubar und man kommt irgendwann nicht mehr hinterher und gerät in Stress, weil man möglichst viele Anfragen bearbeiten will. Dadurch hat man pro Beitrag weniger Zeit, was zu lasten der Qualität gehen kann. Und wenn dann auch noch das Feedback von der Allgemeinheit ausbleibt, die Kommentare nicht mehr zunehmen oder das Wachstum der eigenen Reichweite ein Plateau erreicht, ist die Gefahr eines Ausbrennens extrem hoch. Genau das ist mir selbst auch passiert und ich habe daüber ja bereits einen eigenen Beitrag verfasst und auch mit Gunnar in einem Beitrag darüber gesprochen, der dieses Problem auch persönlich kennt.
Eine perfekte Lösung für dieses Dilema kann ich euch auch nicht anbieten. Ich würde euch gerne sagen, dass euch niemand böse ist, wenn ihr ein paar Gänge zurückschaltet und nur das macht worauf ihr wirklich Lust habt, aber das wisst ihr ja schon längst selbst. Jeder, der selbst den Drang verspührt regelmäßig neue Inhalte zu erschaffen anstatt sie nur zu konsumieren, kann sich nur schwer mit diesem Mantra abfinden. Denn die wirklich großen Ideen, die im eigenen Impulsfeuerwerk zwischen Neuronen und Synapsen schlummern, wollen ja trotzdem nachwievor verwirklicht werden. Womit wir wieder am Anfang des Teufelskreises wären und dem alltäglichen Leben, das mit all seinen Prioritäten und Problemen der Selbstverwirklichung, der Spitze der Bedürfnispyramide, im Wege steht. Wie gesagt, eine Lösung habe ich nicht, aber vielleicht einen Ansatz. Immerhin steht uns wieder eine Jahresendzeit ins Haus, die ja obligatorisch dafür den Sinn hat, dass man zur Ruhe kommen und sich Zeit zum reflektieren nehmen soll (was bei dem ganzen Feiertagsstress für jeden von uns unterschiedlich leicht sein kann). Möglicherweise ist es am Besten solche kurzen Phasen des Nachdenkens dafür zu nutzen sich darüber klar zu werden, wie man die Zeit, die man am Tag hat, am besten nutzt, und ob es wirklich große Ideen sind, die wir nur verwirklichen müssen oder ob es am Ende nur imaginäre Luftschlösser sind, denen man vergeblich hinterherjagt, während man verlernt das wert zu schätzen, was man hat.
In diesem Sinne: habt ein paar angenehme Feiertage und versucht diese freie Zeit zu genießen, die euch möglicherweise gewährt wird.
[Adrian]
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