Montag, 25. September 2023

CD-Review: Kadaverficker "Superkiller (A Musical Journey Between Life and Death)"

 


30 Jahre gibt es nun die KADAVERFICKER! Dennoch ist "Superkiller (A Musical Journey Between Life and Death)" gerade einmal ihr fünftes Album, was vor allem daran liegt dass sich die Dortmunder die ersten 20 Jahre ihrer Existenz vor allem auf EPs, Splits und Demos fokussiert haben. Räudigster Untergrund eben! Allerdings rumort es schon seit Jahren in der Band und man konnte bereits vor einiger Zeit merken, das sich bei den Nekrokore-Erfindern etwas tut. Was genau erfahrt ihr in dieser Folge.
Es ist schwer vorstellbar, aber hier bekommt man nicht nur rumpligen Extreme Metal geboten. Nein! Die 21 Songs, die sich auf mehr als wuchtige 71 Minuten Spielzeit verteilen, wollen mehr sein als die übliche Grindcore-Frühstück-Kost. Die gibt es zwar auch noch, aber selbst bei den brutalen Vertretern hat man mit mehr Varianz gearbeitet. Ein Song wie 'Unethical Machines' hat beispielsweise viel mehr Black- und Death-Metal-Tupfer als er es noch auf anderen Alben der Band
bekommen hätte. Dafür bekommt man mit Songs wie 'All The Corpses Dance' ein regelrechts Gothic- und Deathrock-Feuerwerk geboten. Wie gut gerade dieser Song funktioniert konnte ich ja bereits auf dem Dortmund Deathfest begutachten. Auch ein echter Hingucker dürfte die Vinylversion des Albums werden, die als Doppel-LP erscheinen wird. Dabei hat man die jeweiligen Seiten nicht einfach mit A bis D genannt, sondern die vielsagenden Namen "Life", "Death", "Suffer" und "Recover" gewählt. Man kann sich jetzt darüber streiten ob man die verschiedenen Kapitel auch musikalisch beziehungsweise stilistisch von einander hätte trennen sollen, aber in meinen Augen hätte das zu sehr den Kontrasten geschadet. Immerhin gibt dies dem Album eine ganz eigene Note wenn beispielsweise auf die epischen Gitarren von 'Darkness Drips From Her Like Honey' das tiefschwarze 'Waves Of Demise' und das tonnenschwere 'Final Show' folgt, das wiederum seine rockige Note auch nicht ganz verstecken kann. Bei 'Death On Demand' kann darüberhinaus nicht versteckt werden, dass hier eine gewisse Band aus dem Norden ihre Finger mit im Spiel hat. Bernd von SLAUGHTERDAY steuert hier ein paar deftige Gast-Vocals bei und übergibt beim folgenden Lied den Staffelstab an seine Bandkollegen Jens weiter, der in 'Hail the Promiscuous Dead' ein wirklich herrliches Soli beisteuert, das auch jedem klassischen Heavy Metaller ein Lächeln ins Gesicht zaubern dürfte. Bei '18 And Dead' hat man dann wieder die dicken schwarzen Sonnenbrillen ausgepackt, die Zeitmaschine auf 1989 gestellt und Kumpel Wasa sowie Master-Mixer Jörg Uken in die Aufnahme-Kabine gezerrt. Da sich das dritte Kapitel "Suffer" ohnehin dafür auszeichnet, dass fast alle zugeordneten Songs Gastauftritte enthalten (außer 'Not So Bad, But Bad'), endet der Abschnitt auch mit einem besonderen Gastbeitrag von BLACK MESSIAHs Violinisten Zagan, der für 'Pale Shadows' seine vier Saiten streicheln darf, die sich homogen in dieses traditionell anmutende Stück Gothic Metal einfügen. Im letzten Viertel "Recover" begrüßt uns wiederum "The Fan And The Bellows", das so sehr nach SISTERS OF MERCY klingt, dass ich in 100 Jahren nicht auf die Idee gekommen wäre, dass DAS ein Song von den Fickern ist. Das dürfte dem Quartett auch selbst aufgefallen sein, weswegen man mit 'New Corpse' umgehend einen krustigen Black'n'Roller nachlegt. Immerhin hat man ja einen Ruf zu verlieren. Andererseits ist dieser entspannte Gothic-Rock-Sound auch ziemlich nice. Also zurück in die Batcave und eine Runde 'Bad Taste' Party mit Gastsängerin Mortissa feiern. Das scheint Jens von den erwähnten SLAUGHTERDAY aber gar nicht zu behagen, weswegen er sich seine Axt schnappt und für den nächsten Song 'Krom', der klanglich unfasssbare dicke Eier zu haben scheint, zurück ins Studio stürmt, um erneut ein Solo abzuliefern, das Zakk Wylde die Charmes Röte ins Gesicht treiben wird. Da muss man sich wirklich fragen womit uns das Album zum Ende hin noch überraschen will. Natürlich mit einer Melange aus Klar- und Kreischgesang - eine Art Bastard aus Hardrock, Crustpunk und Chanson (sorry, ich weiß auch nicht mehr wie ich das alles hier beschreiben soll).

Entsprechend wird es nun Zeit ein Fazit zu ziehen und da machen es mir KADAVERFICKER wirklich schwer. Denn wie zum Teufel soll ich die 21 komplett unterschiedlichen Lieder von "Superkiller (A Musical Journey Between Life and Death)" in einen kurzen, prägnanten Absatz zusammenfassen? Die Antwort lautet: gar nicht! Diese Scheibe ist nämlich das bisher ambitionierteste Werk der Dortmunder Asozialen. Man sprengt alle Grenzen und lässt sich nicht von selbst-auferlegten Denkverboten limitieren. Die im Promozettel erwähnte Schublade "Death Metal" wirkt da wie absolutes Understatement. Ja, es ist Death Metal enthalten, aber nur als eine von vielen Zutaten wie Hardrock, Grindcore, Punk, Stoner, Gothic, Deathrock, Heavy und Black Metal (um nur die wichtigsten Versatzstücke zu nennen). Entsprechend kann ich nur jedem, der jetzt neugierig geworden ist, empfehlen in diese Scheibe reinzuhören, die so gar nicht wie ein Album einer einzigen Kapelle klingen will, sondern wie ein ganzer Label-Sampler daherkommt! Es ist mehr als selten, dass sich eine Band an so einer biblischen Bandbreite von musikalischen Stilen versucht und es ist eigentlich unmöglich, dass man in jeder einzelnen Disziplin brilliert. Goreminister und co gelingt dieser Spagat in alle Richtungen dennoch und davor ziehe ich meinen imaginären Hut.            
Ab dem 29.09.2023 gibt es dieses epochale Werk auf CD und LP bei Massacre Records.

10 von 10 Punkten

[Adrian]            

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