Mir geht die aktuelle Verwendung des Begriffs "Post Black Metal" ziemlich auf den Sack. Ganz ehrlich! Anfang der 2010er beschrieb der Begriff vor allem eine musikalische Fusion aus Postrock und Black Metal, was ja auch logisch ist. Heutzutage allerdings fällt einfach jede Band darunter, die sich vor allem den optischen Konventionen der schwarzmetallischen Tradition verschließt und sich auch lyrisch breiter (beziehungsweise meist lebensnäher) aufstellt. Die musikalische Dimension ist da für viele Rezipienten Nebensache. Das ist furchtbar schade! Denn viele Black-Metal-Hörer werden von diesem Label vor allem eins: abgeschreckt, und das obwohl unter diesem Sammelbegriff viele Truppen zu finden sind, die keineswegs verwässerten Extreme Metal für Sozialpädagogen spielen. In diesem Sinne, lasst uns einmal über FLESIA und ihren aktuellen Release "Essenz I/II" reden.Ich würde euch nämlich wirklich empfehlen diese Band ohne jedes Vorwissen einzulegen, um möglichst unvoreingenommen zu sein. Denn mit verträumten Blackgaze hat dieses Trio aus Sachsen wenig zu tun. Vielmehr ballern die fünf Songs ziemlich ungestüm und harsch aus den Boxen. Kommen wir aber zuerst kurz auf den Namen zu sprechen. "Essenz I/II" lässt es ja schon vermuten, dass es sich hier um eine Compilation handelt. Und diese Andeutung ist natürlich auch gewollt, denn bereits Mitte 2022 erschienen auf "Essenz I" die drei Songs 'Vernichten', 'Verleugnen' und 'Verschwenden', die man nun noch um die beiden Titel 'Vereinsamen' I + II erweitert hat. So bringt es die Veröffentlichung auf knapp 27 Minuten Spielzeit und kann damit quasi als Minialbum bezeichnet werden. Wie bereits eingangs erwähnt, ist die Kapelle viel ungemütlicher als es die Einordnungen anderer Reviews vermuten lassen würde. FLESIA ist vor allem eine atmosphärische Black-Metal-Mischung mit einer vereinzelt death-doomigen Schlagseite. Natürlich findet man hier und da auch subtil-flächige Gitarren, die man mit viel gutem Willen dem Post-Black-Metal zuschreiben könnte, aber generell würde ich bei den Jungs Abstand von diesem Label nehmen. Das prägende Element ist nämlich ihre unheimliche Urgewalt, die überall zu finden ist und sicherlich auch live (mit gutem Sound) sehr brachial rüberkommen wird.
Alles in allem wird dieser Mix natürlich auch Freunden von UNRU und ULTHA gefallen, aber ich sehe hier keinen Grund sie auf diese Schublade zu begrenzen. Denn FLESIA gehen noch martialischer zur Sache und erzeugen einen so hohen Druck auf "Essenz I/II", so dass man sich wiederum deutlich von vielen anderen modernen Black-Metal-Bands abhebt. Kurzum, wenn die beiden genannten Bands ein musikalisches Unwetter sind, dann ist FLESIA ein verdammter Taifun.
Seit dem 24.02.2023 gibt es die CD bei FDA Records.
[Adrian]
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