Sonntag, 16. April 2023

CD-Review: Hraun "Within The Weeping Meadows"

HRAUN ist ein nordrhein-westfälisch/hessisches Joint Venture, das sich vor knapp fünf Jahren zusammengefunden hat und mit "Black Molten Essence" bereits ein ordentliches Debütalbum vorzuweisen hat, das mir bei seinem Release eine Menge Spaß bereitet hatte. Mit "Within The Weeping Meadows" ist diesen Monat nun der zweite Streich erschienen. Ob das Duo die Qualität halten kann, klären wir in dieser Folge.Die Eckdaten sind schon einmal vielversprechend. Wir haben es mit acht Titeln zu tun, die es auf insgesamt etwas mehr als 41 Minuten Spielzeit bringen. Entsprechend sind die Songs auch allesamt jeweils zwischen vier und sechseinhalb Minuten lang. Hier gibt es
keine 15 Minuten Hymnen, die nur deswegen geschrieben wurden, weil Doom-Songs automatisch doppelt und dreifach so lang sein müssen wie herkömmliche Lieder. Dafür setzen die beiden Musiker auf unheimlich fokussierte Strukturen ohne Schnick-Schnack mit viel Gänsehaut und Emotionen. Im direkten Vergleich zum Vorgängeralbum wirkt dieser Dreher aber weniger im klassischen Blackened Death Doom Metal verhaftet beziehungsweise traut sich einerseits mehr eingängige Melodien zu implementieren und ist andererseits bereit mehr zu experimentieren. Gerade die beiden ersten Songs lassen bei mir starke Mid-90s PARADISE-LOST-Vibes hochkommen. 'Komm und Brenne' wiederum ändert die Zutaten abermals und wir finden uns in einem deutschsprachigen Avantgarde-Black-Metal-Song á la BETHLEHEM wieder, der sich aber trotz seines Stilbruchs gut ins Gesamtbild einpasst. Gewöhnt euch aber nicht zu sehr dran, denn bevor 'Rastlos' den Avantgarde-Staffelstab übernehmen darf, erwartet uns mit 'Blank Sheets' eine Coverversion eines Songs der norwegischen Ambientsynth-Gruppering BEL CANTO, wo man (wie auch bei 'Dreifachmond') weibliche Gastvocals geboten bekommt. Kein Gastauftritt aber erneut ein Tributesong folgt danach. 'Marian' ist nämlich im Original von den unsterblichen SISTERS OF MERCY. Allerdings hat man den treibenden Synth-Beat entfernt, ein geradezu Funeral-Doom'iges Tempo angeschlagen und schreckt stellenweise auch nicht vor Screams zurück, die durch Mark und Bein gehen. Ich hatte ja bereits weiter oben kurz erwähnt, dass auch 'Dreifachmond' weibliche Gastvocals nutzt. Das ist aber nicht die außergewöhnlichste Eigenschaft des Tracks. Bei weitem nicht. Denn ein eher neofolkiger Gesangsstil begrüßt den Hörer zu Beginn des Stücks, was aber nur einen Teil des Songs ausmacht. Denn im Verlauf der Spielzeit geht man weg vom Darkfolk-Ansatz und bewegt sich hin zum Proto-Gothic Metal. Diesen finalen Stilwechsel behält man dann schlussendlich auch bei und schließt das Album mit 'Endless Night', das man grob mit dem Label "Gothic Doom Metal" umschreiben kann ohne dem Stück damit in irgendeiner Weise gerecht zu werden. Da steckt nämlich so viel mehr noch drinnen, was ihr aber am besten selbst entdeckt.

Was bleibt aber am Ende von HRAUN hängen? Eine ganze Menge, wenn ihr mich fragt! Ich hatte ja schon eingangs gesagt, dass ich es begrüße, dass die Songs nicht zwanghaft auf Überlänge ausgebreitet wurden und nach dem Genuss von "Within The Weeping Meadows" bestätigt sich dieser Eindruck. Denn die Stärke einer Band zeigt sich nämlich nicht darin Songs zu schreiben, die einfach nur lang sind, weil sich das im Doom-Bereich so gehört. Die Kunst liegt darin, dass man spannende Lieder schreibt, in denen viel passiert und die keine Angst davor haben kreative Grenzen zu übertreten. Das hatte das Duo zwar auch schon mit dem Debüt bewiesen gehabt, aber hier geht man noch einmal so viel weiter und wirft jede Scheuklappe ab. Black Metal, Doom, Gothic und Darkfolk sind nur ein paar Zutaten, die hier enthalten sind, und so viel mehr erschließt sich erst mit weiteren Durchläufen. Natürlich wird nicht jede stilistische Entscheidung jedem Hörer gefallen, aber allein der Mut sich so breit aufzustellen und die verschiedenen Disziplinen so gekonnt umzusetzen verdient höchsten Respekt. Das ist nämlich etwas, was ich bei vielen modernen Bands vermisse und oftmals nur bei den Gruppen aus den 80ern und 90ern geboten bekomme. Kurzum, wenn es euch wie mir geht und ihr nach einer echten Alternative zu den ganzen gleichförmigen Releases der letzten Jahre sucht, dann seid ihr hier genau an der richtigen Adresse. Ich freue mich schon jetzt darauf, in welche Klangwelten uns HRAUN in Zukunft noch entführen wird.
Seid dem 02.04.2023 gibt es die Scheibe bei TeufelsZeugRecords zu erwerben.

9,5 von 10 Punkten

[Adrian]  



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