Montag, 27. Februar 2023

CD-Review: Zwischenlichten "Dämmerschwellen"

Auf das Musikprojekt ZWISCHENLICHTEN bin ich irgendwann 2019 oder 2020 via Instagram aufmerksam geworden. Nach einigen Hörproben und einem sehr intensiven Live-Auftritt 2021 (welches mein erstes Konzert nach der Corona-Pause darstellte) wo ich mich selbst von der Magie der Band und seinem Mitmusiker Valkenstjn von MOSAIC überzeugen durfte, war mir klar: Das ist endlich mal was neues mit Potential! Hierzu sei für alle nicht Eingeweihten erwähnt, dass MOSAIC und Zwischenlichten gemeinsam das Musik-Kollektiv "Nordwald–Musik" bilden. Während MOSAIC die harschen und lauten Töne des Nordwaldunterholzgeistes verkörpert beziehungsweise vertont, bildet ZWISCHENLICHTEN den ruhigen und nachdenklichen Gegenpol. Nun ist das Debütalbum von ZWISCHENLICHTEN erschienen, welches bereits 2020 in der Darkfolk–Werkstatt von Frontmann Nico Schwappacher seine ersten Anfänge nahm und seit Herbst 2022 endlich als abendfüllendes Werk vorliegt, das auf den Namen "Dämmerschwellen" hört.

Musikalisch erwarten den Hörer verträumte Songs, die zwischen Chanson, Neo– beziehungsweise Darkfolk, Liedermachermusik und choralen Melodien kreisen. Textlich dreht sich alles um die oberfränkische Heimatregion von Schwappacher. Die elf Tracks behandeln alte Sagen,  Bräuche, Traditionen und Gedichte aus vergangenen Zeiten unter anderem aus seiner Heimatstadt Helmbrechts im Frankenwald. So geht es im Song 'Duldsamkeit' um den harten Arbeitsalltag der Bauern im Frankenwald, die trotz aller Armut und Entbehrung sich ihre Menschlichkeit bewahren. Im Song, der denselben Namen wie das Musikprojekt trägt (also 'Zwischenlichten'), wird der Alltag der Weberinnen und Weber beschrieben und der Brauch sich in der kurzen Pause zu jener Tageszeit wenn das Tageslicht bereits am abklingen, es aber noch nicht dunkel war und die Lampen aus Gründen der Sparsamkeit noch nicht entzündet wurden, für einen kurzen Moment zur Ruhe zu kommen, um sich Geschichten zu erzählen und um damit dem harten und tristen Arbeitsalltag für wenigstens einen Moment zu entfliehen. Diesen Moment nannte man seinerzeit Zwischenlichten und war für die Menschen damals ein "Atemholen der Seele" wie es Schwappacher auf seinen Konzerten zur Ankündigung gerne beschreibt.

In Songs wie 'Erwachen' oder 'Auf die Höhen' wird die innere Verschlossenheit des Protagonisten besungen, der sich lieber allein in der Natur aufhält als unter Menschen zu sein und von dort aus Kraft schöpft. In 'Lichtmesstag' wird gemeinsam mit Mitmusiker Valkenstjn der 2. Februar besungen und da jeweils ein Teil von Thüringen und Franken den Nordwald bildet, geschieht dies hier in thüringischer Mundart. Durch das gesamte Album ziehen sich textlich die Jahreszeiten wie ein roter Faden, was in 'Herbstfeuer' und 'Winterstille' auf romantisch poetische Weise seinen Abschluss findet. Es lohnt sich übrigens nach dem letzten Song die CD noch etwas laufen zu lassen. 


Endlich gibt es mit "Dämmerschwellen" mal wieder etwas frischen Wind am Neo– bzw. Darkfolk-Himmel. Hier wird zwar das Rad keineswegs neu erfunden, aber diesen Anspruch braucht ZWISCHENLICHTEN auch gar nicht zu haben. Hier liegt ein stimmiges, wunderbar verträumtes Werk vor, welches nicht am Reißbrett entstanden ist, sondern durch genug Zeit und Inspiration viel Herzblut und Authentizität ausstrahlt.

Die instrumentale und stimmliche Verstärkung von unter anderem Martin van Valkenstjn und Nebelwanderin sowie das druckvolle Mastering von Markus "Schwadorf" Stock runden das Gesamtbild mit einem stimmigen Artwork ab.

Ich hoffe sehr, dass wir auch in Zukunft noch mehr von ZWISCHENLICHTEN zu hören bekommen! Das Album ist sowohl als CD bei Bandcamp und Eisenwald erhältlich sowie als Stream auf allen gängigen Portalen.

9 von 10 Glockenblumen

[Chris]

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