Dienstag, 19. Juli 2022

CD-Review: Drudensang "Tuiflsrijtt"

Es ist schon eine Weile her, dass DRUDENSANG bei Totgehoert zu Gast waren. 2015 hatte ich mich noch mit ihrer zweiten Demokassette "Prinzipien der Graumsamkeit" beschäftigt und nun sieben Jahre später haben sie ihre Diskographie um einige Singles, Splits und Live-Scheiben erweitert. Allerdings ist erst in diesem Jahr ihre erste Full Length "Tuiflsrijtt" auf den Markt gekommen, die allein schon wegen dem aufwendigen Video zu 'Raserey der Krampen' einiges an Aufsehen erregt hat. All das ist Grund genug einen genaueren Blick auf das Studiodebüt des bayrischen Kollektivs zu werfen.56 Minuten Spielzeit verteilen sich hier auf neun Titel, die von einem sehr ausladenen obgleich stimmungsvollen Intro eingeleitet werden (219 Sekunden sind schon ziemlich exzessiv). Das aus schaurigen und mysteriösen Klängen besteht, die eure Nachbarn denken lassen, dass ihr eine Schwarze Messe feiert, wenn ihr die Anlage ordentlich aufdreht. Nach dem Opener verliert man erst einmal keine weitere Spielzeit mehr und feuert direkt aus allen Rohren. 'Hexentreyber' und 'Seelengift' üben sich nicht gerade in Zurückhaltung und
holzen sich fauchend mit scharfen Riffs und viel Double Bass durch die Botanik. Ein exzellender Auftakt, der direkt klar macht, dass diese süddeutsche Kapelle keine Lust auf postrockige Ausflüge oder avantgardistische Spielereien hat. Nein, DRUDENSANG ist zu 100% orthodoxer Black Metal! Wer sich nun aber denkt, dass man hier bei einer Stunde Spielzeit bestimmt schnell übersättigt ist, liegt völlig daneben. Ähnlich wie bei TOTENWACHE oder auch SARKRISTA schafft man es die Grundbausteine des Genres so zu arrangieren, dass man nicht mal ansatzweise in Versuchung kommen würde den einen oder anderen Song skippen zu wollen. Der Titeltrack ist da ein besonders schönes Beispiel, der es in seiner Brachialität schafft verschiedene Melodiekaskaden zu implentieren, die aus dem BPM-Sperrfeuer eindrucksvoll herausragen. Das akustische Intro von 
'Rutengang - Ritus der Habergoaß' bietet, dann die erste kleine Verschnauffpause bevor Trommelfeuer und Rasiermesser-Rffing wieder das Ruder übernehmen. Wer sich derweil übrigens über die Liednamen wundert, sollte vielleicht sein Bayrisch auffrischen, denn hier ist ein gewisser Teil der Track-Titel in Mundart gehalten. Das passt allerdings sehr gut zum Konzept der Band und ist seit LUNAR AURORA auch nichts ungewöhnliches mehr. Ob die Lyrics auch in Dialekt gehalten sind, kann ich bei der sehr kreischenden Stimme zwar nicht abschließend beurteilen, aber sollte dem so sein, fällt es zumindest nicht direkt auf. Habe ich übrigens schon die mitreißende Rhythmik erwähnt? Nein, dann hört euch 'Von Druden zerfetzt' an, dann wisst ihr was ich meine. Auch zu 'Raserey der Krampen' muss ich nicht mehr viel sagen (dazu hatte ich ja bereits eine Reaction mit Gunnar zusammen gemacht gehabt). Außer vielleicht, dass man auch hier wieder mit einem betont friedlichen Intro in Sicherheit gewogen wird, bevor die Hölle losbricht. Das ist übrigens ein sehr schönes Stilmittel, um den folgenden Song noch brachialer erscheinen zu lassen. Mit 'Rouhnåchtszauberey' folgt dann der vorletzte und zugleich längte Track der Platte, der fast zehn Minuten lang ist. Bei diesen Längen bin ich immer skeptisch. Viele Bands werden bei solch epochalen Tracks zu redundant oder verlieren die Stringenz aus den Augen. Das Quintett allerdings schafft es ausgesprochen gut eine ansprechende Hymne zu schreiben, die sich auch den Luxus eines Dungeonsynth'igen Zwischenspiel gönnen kann, das mit dem Rest des Tracks bricht und erst mit einer mythischen Anrufung in die zweite brutale Hälfte überleitet, die schlussendlich in ein finales, verträumtes Ende überleitet. Das passt wiederum sehr gut zu 'Marterfeld - Seelenzug ins Totenreich'. Denn dieser Rauswerfer ist ähnlich wie der Opener eine rein atmosphärische Klangsammlung, die das gesamte Album ansich wunderbar einrahmt. 

Alles in allem ist "Tuiflsrijtt" ein Black-Metal-Album ohne Schwächen. Man merkt an jeder Ecke, dass sich die Jungs von DRUDENSANG eine Menge Gedanken gemacht haben als sie das Album konzipiert haben. Der inhaltliche rote Faden aus bayrischen Sagen und Mythen bildet dabei eine logische Klammer, an der sich der Hörer durch das Album entlang hangeln kann. Die Songs zünden alle bereits beim ersten Durchlauf und die Produktion ist auch on point. Entsprechend kann ich euch auch nur sagen, dass ihr das Album definitiv gehört haben solltet, wenn ihr auch nur entfernt etwas mit Black Metal zu tun habt. Ein halben Punkt ziehe ich trotzdem pro forma ab, da mir Eröffnung und Abschluss einen Ticken zu lang sind - aber das ist nun wirklich kein Deal Breaker, sondern soll nur zeigen, dass es ansonsten nichts gibt, was ich an diesem Album auszusetzen habe. Kurzum, diese Platte ist mit hoher Wahrscheinlichkeit schon jetzt das beste Black-Metal-Debütalbum des Jahres. Punkt!
Seit 30.04.2022 gibt es die CD bei Folter Records zu erwerben.

9,5 von 10 Punkten

[Adrian]           


 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen