"Europas Weg Zum Grab" klingt auf den ersten Blick wie der Name eines tiefsinnigen Darkfolk-Albums, jedoch handelt es sich bei dieser Platte um das Debütalbum des Ostfriesen Draugr, der unter dem Banner STORM KVLT bereits zwei Demos herausgebracht hat, die wir in der Vergangenheit ebenfalls besprochen hatten. Da macht es natürlich Sinn, dass wir auch einen Blick auf die erste Full-Length des Ein-Mann-Projekts werfen.
Beim Betrachten der Platte fällt mir eines sofort auf. Der junge Friese hat sich bei der optischen Gestaltung professionelle Unterstützung gesucht! Das neue Logo stammt vom
Wappenschmied (das ist jener Künstler, der euch auch durch das Design des BLAKYLLE Logos bekannt sein dürfte, immerhin rede ich auf diesem Blog ja oft genug über meine eigene Band) und das Album-Artwork kommt aus dem Hause Misanthropic Art - bekannt durch unzählige geniale Artworks für Bands wie ASPHYX, THE SPIRIT, ULTHA und viele mehr. Apropos, ULTHA. Der gute Andreas Rosczyk, der bei den Kölnern für die elektronischen Elemente verantwortlich ist, hat sich um den Mix des Albums gekümmert. Die Vorzeichen deuten also auf ein ordentliches Erstwerk hin und wer die Demos bereits kennt, weiß dass der Norddeutsche schon immer ein Händchen für stimmungsvolle Kompositionen hatte. Allerdings bin ich dennoch überrascht wie rund diese Scheibe geworden ist. Besonders die schnellen, antreibenden Passagen machen den eigenen Trommelfellen ordentlich Feuer unterm Hintern. Es handelt sich zwar "nur" um einen Drum Computer, aber so wie dieser in den Gesamtsound eingebunden wird, neigt man dazu diesen Fakt schnell zu vergessen. Sehr schnell um genau zu sein. Der aufmachende Titeltrack zieht mich umgehend ins Album und ballert mit einer rotzigen Schnörkelosigkeit aus allen Rohren, dass es Fans der Zweiten Welle die Nackenmuskel abmontieren dürfte. Erhaben und wütend bauen sich die harschen Riffs wie Wellentürme auf und brechen sich in einem heftigen Gewitter am Double-Bass-Trommelfeuer. Nüchtern betrachtet sind das zwar alles gelernte Elemente aus dem historischen Black-Metal-Fundus, aber das ist bei einem traditionsbewusstem Projekt wie diesem auch nicht weiter schlimm. Lieder wie 'Traum von Hoffnung' oder 'Gottes Abkehr' sind eine Lieberklärung an die Schwarzmetallszene der späten 90er und frühen 2000er Jahre. Unterschiede zu damals gibt es aber trotzdem. Durch den besseren Mix und den satteren Sound wirkt das Werk dicht und zeitgemäß, was auch absolut sinnvoll ist, den niemand braucht ein weiteres Black-Metal-Soloprojekt was auf LoFi-Qualität und eiernde Tonbänder setzt. Der Gesang, den ich bereits in den letzten beiden Reviews kritisiert hatte, ist zwar auch hier noch immer nicht zu 100% nach meinem Geschmack, aber der Entwicklungssprung zu letzten Demo ist nichtsdestotrotz gewaltig und rundet das positive Gesamtbild ab.
Alles in allem will ich an "Europas Weg zum Grab" gar nicht viel rumkritisieren nur um des Kritisierens Willen. STORM KVLT hat ein wunderbares Debütalbum abgeliefert, dass bereits bei seiner Premiere auf Black Metal Promotions einiges an Lob einheimsen konnte und auch von mir das Prädikat "empfehlenswert" einfährt. Natürlich könnte man etwas mehr Risiko eingehen und die eigenen Akzente herausstellen beziehungsweise die bekannten Genrebausteine etwas zurückfahren. Auch die Vocals dürften ruhig noch etwas aggressiver und angriffslustiger sein. Aber das sind eher Kleinigkeiten, die sich in Zukunft auch noch von alleine geben werden. Ich bleibe nämlich dabei! STORM KVLT hatte schon immer eine Menge Potential, aber hier hat Draugr den größten Entwicklungsschritt seines Schaffens hingelegt und klar gemacht, was wir in den nächsten Jahren von ihm noch so zu erwarten haben. Wenn ihr also 36 Minuten Zeit habt, setzt euch hin und gönnt euch diese Platte.
Seit 17.01.2022 könnt ihr euch "Europas Weg zum Grab" auch auf Bandcamp anhören (sowie für schlappe 3 Euro herunterladen) und dort auch bald die CD-Version ergattern.
8,5 von 10 Punkten
[Adrian]
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