Freitag, 18. September 2020

CD-Review: Deafcon5 "F.E.E.L"

 
Progressiver Hardrock ist eigentlich nicht meine Baustelle. Auch wenn ich einige Songs aus diesem Bereich mag, ist es eigentlich keine Musik, die ich auf Albumlänge konsumiere. Allerdings ist mir letztens das anstehende, dritte Studioalbum der norddeutschen Prog-Rocker DEAFCON5 ins Postfach geflattert und wenn "F.E.E.L" (ein Konzeptalbum über Gefühlswelten) nun schon einmal hier herumliegt, kann ich es mir auch anhören. 
Kommen wir erst einmal zum Grundlegenden. Das Album umfasst knapp 56 Minuten Liedgut, das sich auf acht Tracks verteilt. Intro und Zwischenspiele gibt es keine - zum Glück. Denn bei einem eher abstrakten Konzept wie die Darstellung
von Emotionen macht das Ein- und Überleiten auch nur wenig Sinn. Die Songs haben teilweise Überlänge und scheuen sich nicht davor auch Mal in Richtung der zehn Minuten Grenze zu marschieren. Die erste Hälfte präsentiert sich für eine Prog-Platte noch recht konventionell. Das muss ja an sich nichts schlechtes sein und man experimentiert durchaus auch mit den verschiedenen Nuancen und wechselt dabei auch gerne mal zwischen stampfenden Heavy-Rock-Gitarren und geradezu ballad'esken Passagen. Soweit so gut. Produktionstechnisch kann man auch nicht meckern. Der Sound ist sauber, kraftvoll und die Vocals sowie die einzelnen Instrumente sind gut aufeinander abgestimmt. Trotzdem fehlt mir irgendwas. ich kann den Finger nicht drauf legen, aber irgendwie verliert mich das Album an zu vielen Stellen. Gegen Ende komme ich bei der wirklich eingängigen Single 'White House Madness' wieder rein und man fängt mich wieder ein, vor allem weil die Melodie wirklich gut ins Ohr geht und man hier nicht mit abgedrehten Prog-Effekten spart. Aber auch hier sind Brüche drinnen, die zugegebenermaßen zum Prog dazugehören, die mich trotzdem aber immer wieder rauswerfen. In Verbindung mit meiner weiter oben formulierten Anmerkung, dass mir das Album zu konventionell ist, klingt es nun paradox, wenn ich mich über progressive Song-Strukturen beschwere. Allerdings ist mir die Ausführung in vielen Belangen zu poppig und wirkt über weite Strecken zu weich-gespült für meinen Geschmack. Dass es sich hier um sehr gute Musiker handelt, merkt man relativ schnell und das bestreite ich auch gar nicht - vor allem die Gitarrensoli gefallen mir ausgesprochen gut, aber der Funke will bei mir nicht überspringen.

Alles in allem ist "F.E.E.L"ist ein grundsolides Album für Fans des 80er Jahre Stadion-Rock und Melodic Metal. Für meinen Geschmack sollten DEAFCON5 aber weniger auf Nummer sicher gehen und mehr mit den Extremen experimentieren. Denn der anfänglich aufgebaute Energielevel, der vom Opener 'Uprising' und den folgenden Songs 'Straight Between The Eyes' und 'Ruthless' aufgebaut wird, wird im weiteren Verlauf des Albums immer mehr verwässert und verliert sich zu lange in kitschigen Kuschelrock-Gefilden (siehe 'Dawn'). Es gibt sicherlich Hörer, die genau so eine Melange suchen, für mich jedoch ist das zu viel Zuckerguss. Wer neugierig geworden ist, sollte vor dem Kauf vielleicht ein bis zwei Mal reinhören, die Platte erschließt sich nämlich nicht direkt beim ersten Durchlauf, auch wenn die Band handwerklich keine groben Fehler begeht. Ein bisschen mehr Arschtritt hätte dem Dreher trotzdem gut getan.
Ab 9.10.2020 gibt es die Scheibe als CD und digital bei Recordjet (EDEL)

7 von 10 Punkten

[Adrian]


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