ACT OF CREATION existiert seit 2007, nachdem ehemalige Mitglieder von E605 beschlossen hatten, weiterhin zusammen Melodic Death Metal machen zu wollen. Obwohl die Band bereits seit den 2000ern unterwegs ist und mit dem Siegerland keine allzu weit von mir entfernte Heimat hat, war mir ihre Existenz weitestgehend unbekannt geblieben. Ihr viertes Album "The Uncertian Light" ist eine gute Möglichkeit diese Bildungslücke zu schließen.
Das vierte Album bedeutet in jedem Fall eine ordentliche Umstellung für Fans der ersten drei AOC-Platten (soviel kann ich sagen ohne größere Vorerfahrung mit der Kapelle zu haben). Denn seit 2018 ist mit Jess auch ein weibliches Mitglied am
Mikrofon vertreten und sie beackert vor allem jene grollende Bresche, die bereits von Bands wie ARCH ENEMY oder IZEGRIM geschlagen wurde. Verglichen mit den stimmlichen Leistungen vergangener AOC-Alben (in die ich parallel zu diesem Release zu Recherchezwecken auch einmal reingehört habe) ist die neue Frontfrau ein deutliche Verbesserung. Ich will niemanden zu Nahe treten, aber auf dem Vorgängeralbum "Thion" klingen die Vocals eintönig und etwas zu bemüht, was allerdings bis dato auch schon die besten Vocals der Band-Historie gewesen waren, denn auf "Endstation" wiederum fehlt etwas die Direktive beim Gesang und es wirkt dadurch ein wenig chaotisch. Bei "The Uncertain Light" allerdings machen Jess' Shouts eine Menge Spaß, auch weil sie ihre Gesangslinien immer wieder mit cleanen Passagen auflockert, die wiederum zeigen, dass die Stimmbänder der jungen Dame tatsächlich sehr wandelbar sind und sie ein gutes musikalisches Verständnis hat. Die knapp 55 Minuten Spielzeit, die sich auf zehn Titel verteilen, leben aber natürlich nicht nur von den Vocals. Herzstück der Band sind aber vor allem die rhythmusbetonten Song-Strukturen und die klar singenden E-Gitarren, die es immer wieder schaffen sich im Gehörgang festzusetzen. An das episch, hymnenhafte Gitarrenspiel eines Michael Amott reicht das natürlich nicht ran, aber das ist hier auch nicht der Maßstab. Wenn man sich die Tracks live vor Publikum vorstellt, könnte da schon gut Alarm vor der Bühne entstehen - auch weil das Drumming immer wieder für ordentlich Dampf sorgt ('Refelction' ist ein gutes Beispiel dafür).
Ich muss aber auch etwas meckern. Denn das Album braucht etwas bis es zündet. Beim ersten Durchlauf sticht das Material noch nicht besonders heraus. Vor allem wenn man mit dem allgegenwärtigen Melo-Death der frühen 2000er aufgewachsen ist, entwickelt man einen inneren Unwillen dagegen sich mit mit solcher Musik überhaupt noch auseinandersetzen zu wollen. Wenn man sich aber auf AOC einlässt, dann entdeckt man viele spannende Feinheiten wie interessante Tempowechsel und beiläufige Hardcore-Anleihen (wie zum Beispiel bei 'Confused Illusion'). Natürlich springt auch nicht bei jeder Idee oder jedem Ansatz der Funke gleich über, was auch daran liegt, dass man einem ausgelatschten Genre wie dem Melodic Death Metal nur schwer bahnbrechende Facetten hinzufügen kann, die so noch nie jemand umgesetzt hat.
Alles in allem macht "The Uncertain Light" dennoch eine mehr als ordentliche Figur und ist für mich eindeutig der bisher beste Release von ACT OF CREATION, was auch nicht zuletzt der neuen Vokalistin Jess zu verdanken ist. Wenn man den Anteil des archetypischen Mid-2000s Melodic Death Metal zu Gunsten noch mehr frischer Ideen ersetzt, dann hätte ich tatsächlich auch überhaupt nichts mehr zu beanstanden. Wer neben den bereits genannten Paten auch mit CRIPPER und THE AGONIST etwas anfangen kann, kann hier aber schon jetzt bedenkenlos zugreifen.
Ab 16.10.2020 gibt es die CD bei Black Sunset zu erwerben.
8 von 10 Punkten
[Adrian]
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