Samstag, 13. Juni 2020

CD-Review: Brigand "Iza Crne Duge"

Aufmerksame Zuschauer unseres YouTube-Channels werden bemerkt haben, dass wir immer wieder auch Hintergrundmusik nutzen (vornehmlich von Künstlern, die ihre Musik unter Creative-Commons-Lizenz veröffentlichen). Darunter ist auch eine serbische Alternative-Postrock-Band namens BRIGAND (zu Deutsch "Brigaden" im Serbischen oder "Räuber", wenn man es französisch liest), die bereits im Februar mit "Iz Crne Duge" ein neues Album veröffentlicht hat (was laut Google Translate soviel heißt wie "Hinter dem schwarzen Regenbogen").
Die Band selbst gibt es seit fast zehn Jahren und hat neben dem 2020er Dreher auch noch zwei weitere Platten auf dem Buckel. Das Trio beschreibt die eigene Musik als Mischung aus Alternative Rock, Shoegaze, Noise Rock und Doom
Metal. Das sind zwar auf dem Papier ziemlich viele verschiedene Zutaten, die sich allerdings in Kombination nicht wirklich beißen. Die neun Tracks auf der Scheibe bringen es dabei auf eine gute Dreiviertel Stunde und schaffen es den einzelnen Bestandteilen durchaus gerecht zu werden. Die Texte sind durchweg in der eigenen Landessprache gehalten und widerlegen gleichzeitig das Klischee das Serbokroatisch eine besonders harte Sprache sei, den so wie Sänger Velibor Nikolić die Songs intoniert, erinnert es meine unbedarften mitteleuropäischen Ohren an italienische Rockmusik ('Svetlost', was übersetzt 'Licht' bedeutet, ist da das beste Beispiel für). 'Dve Sestre' (zu Deutsch 'Zwei Schwestern') wiederum ist ein langsamer, harter (sowie klassischer) Doom-Stampfer, der sich allerdings wie alle Titel des Album stets eine gewisse Zugänglichkeit bewahrt, die auch nicht-metal-affine Zuhörer abholt. Was mit "Zugänglichkeit" gemeint ist, zeigt auch 'Nekromantik' sehr deutlich, denn trotz aller Shoegaze'sken Vibes besitzt es darüberhinaus auch einen dezent poppigen Appeal. Aber was heißt schon "poppig"? Persönlich wurde ich in den 90er Jahren sozialisiert und dort waren Truppen wie SOUNDGARDEN oder FAITH NO MORE auch im rockigen Maintstream zeitweise tonangebend, was mein Verständnis von populärer Rockmusik maßgeblich geprägt hat. Andererseits würde ich auch den drei Musikern unterstellen, dass sie eine ähnliche musikalische Früherziehung durchlaufen haben und sich das im Sound deutlich niederschlägt.

Alles in allem würde ich sagen, dass "Iza Crne Duge" ein ordentlicher Nachfolger zum 2017er Dreher "Daleko Je Vavilon" (zu deutsch "Babylon ist weit weg") geworden ist.  Erneut zeigt man sich von verschiedenen Seiten und verdeutlicht, dass man sowohl Party machen kann als wäre es 1999, also auch doomig auf die eigenen Schuhe starren kann. BRIGAND ist die ideale Band für Fans der alternativen Rockmusik, die zwischen 1996 und 2005 herausgekommen ist - die also kein Grunge mehr gewesen ist, aber auch etwas zu für den großen Postrock-Boom der 2010er Jahre dran war. Handwerklich und an der Produktion gibt es nichts zu meckern, aber wenn es nach mir geht, dürfte man gerne häufiger aus dem engen Genre-Korsett ausbrechen und etwas schneller in die Saiten hauen. Zu viel Shoegaze schläfert sogar mich ein. Nichtsdestotrotz  solltet ihr hier ein Ohr riskieren, wenn ihr über 33 Jahre alt seid oder ein Herz für das letzte Jahrzehnt des alten Jahrtausends habt.
Seit 14.02.2020 gibt es diese Scheibe bei Dallas Records zu erwerben.

7,5 von 10 Punkten

[Adrian]

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