Samstag, 29. April 2017

Editorial: Iron Maiden - noch immer sehenswert?

Gestern waren wir in der Frankfurter Festhalle beim Gig von IRON MAIDEN. Dies war einer von fünf Gigs, für den die eisernen Jungfrauen nach Deutschland gekommen sind (ganz genau handelt es sich dabei um jeweils zwei Auftritte in Frankfurt beziehungsweise Oberhausen und einen in Hamburg). Seit Monaten sind alle Gigs ausverkauft und die Vorfreude war bei uns natürlich riesig. Da es bei diesen Großveranstaltungen für uns nicht möglich ist einen Konzertbericht im eigentlichen Sinne zu verfassen, schreiben wir unsere Erfahrungen in einem kleinen Editorial zusammen und gehen der Frage auf den Grund ob es sich eigentlich noch lohnt alte Mega-Bands wie Maiden live zu sehen.
Normalerweise sind wir Konzerte mit maximal ein bis zwei Tausend Besuchern gewohnt und selbst das sind Ausnahmen: die meisten Events, die Totgehört abdeckt haben wenige Hundert Gäste. Umso größer ist der Kulturschock wenn man auf einmal die altehrwürdige Festhalle in Frankfurt ausverkauft erlebt. Hier passen immerhin 13.500 Menschen rein und entsprechend eng ist es überall. Einerseits vermittelt die schiere Masse an Fans eine ganz andere Atmosphäre als man sie auf intimen Clubgigs erlebt. Wenn eine große, ausverkaufte Halle 'Fear Of The Dark' mitsingt, dann bekommt man Gänsehaut. 

Man merkt, dass man Ikonen vor sich hat, wenn sie es schaffen durch ihre Ausstrahlung allein eine Venue dieser Größenordnung ganz allein einzunehmen. Bruce Dickinson beispielsweise ist ein Musiker, dem es gelingt mit seiner Stimme jeden Song ob Hit oder Neuerscheinung magisch werden zu lassen. Auch die Agilität und Dramaturgie der eisernen Jungfrauen sind genial, denn auch wenn sie im Grunde immer das gleiche machen (Eddie kommt als Maskottchen auf die Bühne, kämpft mit der Band, Dickinson wird bei 'Trooper' zum englischen Soldat und so weiter) - bieten sie durch abwechslungsreiche Bühnenbilder und Show-Elemente auch alten Fans neue Akzente und Details (dieses Mal wurde die Maya-Ästhetik vom aktuellen Album "The Book Of Souls" übernommen).
Iron Maiden live @ Festhalle Frankfurt (Foto: Sebastian)
Allerdings darf man auch durchaus kritisch sein, wobei man hier unterscheiden muss zwischen Kritik, die sich an die Band, die Location und an solche Touren generell richtet. Die Tatsache zum Beispiel, das wieder einmal ein Metal-Titan auf der Bühne steht und einen völlig deplatzierten Support-Act dabei hat, ist ein generelles Problem des Major-Label-Business. Da wird nicht geschaut, ob Stile gut zusammenpassen oder welches Package besonders attraktiv für den Zuschauer sein könnte. Nein! Es geht rein um Absprachen von Plattenfirmen, Vitamin B und natürlich Geld. Anders kann es nicht zu erklären sein, dass eine Modern-Rock-Band wie SHINEDOWN auf eine Bühne mit IRON MAIDEN gestellt wird. Nichts gegen SHINEDOWN an sich - die haben bestimmt auch ihre Berechtigung und ihre Fans. Allerdings passt so eine Kapelle weitaus besser zu BULLET FOR MY VALENTINE oder ASKING ALEXANDRIA als zu einem Urgestein wie IRON MAIDEN.
Der Location wiederum kann man vorwerfen, dass der Sound nur weiter vorne wirklich gut ist und weiter hinten exponentiell abfällt. Na gut, dass ist auch schon fast ein generelles Problem, das viele große Hallen haben. Zu wenige Bierstände und Schlangen vor den Toiletten sind da schon ärgerlicher.

Wenn man das alles außen vor lässt kann man der Band nicht viel vorwerfen. Kontrovers wurde allerdings die Song-Auswahl diskutiert. Denn auch wenn einerseits seltene Klassiker wie 'Children Of The Damned' für viel Euphorie sorgen konnten, hat die Masse an neuen Titeln für einigen Unmut gesorgt. Zugegeben, es ist nicht ungewöhnlich, dass man auf Tour vier bis fünf neue Songs spielt. Bei Maiden allerdings standen direkt sechs Neulinge auf der Setlist und dabei hat es sich nicht um kurze Lieder gehandelt. Allein der Titeltrack 'The Book Of Souls' dauert länger als zehn Minuten, wird aber von 'The Red And The Black' noch getoppt, der es auf stolze 13 Minuten und 33 Sekunden bringt. Insgesamt schaffte es das neue Material so auf eine Gesamtspielzeit von 50 Minuten, was bei einem Zwei-Stunden-Auftritt schon ordentlich zu Buche schlägt. Egal wie man die neuen Songs findet - in den mittleren Blöcken mit dem neuen Material sackte die Stimmung massiv ab. Kompensiert wurde das ganze zwar durch überlebensgroße Hymnen wie 'Powerslave' oder 'The Number Of The Beast', aber dadurch fehlte natürlich die Zeit um andere alte Hits wie 'Aces High' oder '2 Minutes To Midnight' unterzubringen. Recht machen kann man es natürlich nie allen - aber es wäre sicher besser angekommen einen langen, neuen Song zu Gunsten zweier Gassenhauer zu opfern.
Steve Harris (Foto: Sebastian)
Insgesamt waren die Herren aus England aber natürlich den Besuch wert. IRON MAIDEN ist und bleibt eine Institution. Man kann zwar darüber diskutieren ob die aktuelle Tour es mit anderen Touren der Vergangenheit aufnehmen kann. Was die Song-Auswahl angeht, waren die Klassiker-Touren der 2000er Jahre sicherlich interessanter für Old-School-Fans, wobei die natürlich auch kein Vergleich zu einer Maiden-Show Anno 1986 gewesen sein dürften. Bei aller Kritik war die Mehrheit der Zuschauer zufrieden mit dem Abend (soweit wir das überblicken konnten) und im Vergleich zu anderen Rock-Dinosauriern wie METALLICA oder GUNS'N'ROSES haben sich Auftritte der eisernen Jungfrauen auch weniger von den Wurzeln entfernt. Deswegen kann man auch 2017 noch relativ unbedenklich auf eine Tour von IRON MAIDEN gehen - ohne Angst haben zu müssen, dass man sein Geld verschwenden würde.

[Adrian]

1 Kommentar:

  1. Das ist die "Book of Souls" Tour!Somit wäre es eine Mogelpackung wenn der Fokus nicht auf das gleichnamige neueste Album gerichtet wäre! Ein paar Klassiker müssen sein, logisch! Mich regen die "Best of" Shows schon lange auf! Das bedeutet doch,jene Bands gehen davon aus, das aktuelle Album taugt nix und deshalb scheffelt man noch Kohle mit Althergebrachtem, bevor der Zug ganz abgefahren ist!
    Iron Maiden, ihr habt das perfekt gemacht! Der Abend war die ultimative Bereicherung, um nicht zu sagen.die Krönung in meiner "Konzertsammlung"!

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