Samstag, 17. Dezember 2016

Reingehört: Okilly Dokilly "Howdilly Doodilly"








Bevor wir mit OKILLY DOKILLY und "Howdilly Doodilly" in medias res gehen, ein kleines Vorwort: es gibt Tausende Rock- und Metal-Bands auf diesem Planeten und die Übersättigung hat ein Maß erreicht, dass ein Newcomer mit normalen Mitteln kaum noch die Aufmerksamkeit der Massen gewinnen kann. Da braucht es schon teilweise sehr ausgefallene Konzepte, damit man im Ozean des Undergrounds irgendwie Beachtung findet.
Fünf Typen aus Arizona zum Beispiel haben sich wohl gefragt, was der kleinste gemeinsame Nenner ist, auf den man die werbe-relevante Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren zusammendampfen kann? Heraus kam bei der Überlegung wahrscheinlich die Erkenntnis, dass fast alle Menschen mit dieser Demographie die Kultserie "Die Simpsons" kennen und großteils auch etwas abgewinnen können. Wieso also nicht eine Band gründen, die sich dem beliebten Cartoon vollkommen verschreibt? Allerdings haben sich die
Herren aus Phoenix keinen Charakter aus der ersten Reihe wie Bart oder Homer geschnappt, sondern widmen sich ganz dem notorischen Nachbarn Ned Flanders. Wie ernst das Quintett es allerdings damit meint, merkt man nicht nur am Ned-Flanders-Einheits-Look und dem Bandnamen, auch die Lyrics sind laut Aussage der Kapelle zum größten Teil Zitate, die man direkt aus der Serie übernommen hat. Dadurch bestehen die meisten Liedtexte oft nur aus wenigen Worten oder Sätzen, die man plakativ oft wiederholt. Ein echter Die-Hard-Fan der Serie wird sehr viele bis alle Anspielungen verstehen und sich an einige witzige Szenen erinnern - wie zum Beispiel beim Opener 'White Wine Spritzer', der auf die Episode anspielt in der sich Ned mit Homer in Las Vegas mit einer Weisswein-Schorle so abschießt, dass er in der selben Nacht noch eine Hure heiratet, was zu allerhand Verwirrung führt. Allerdings täuscht das inhaltliche Konzept nicht darüber hinweg, dass ein Großteil der Liedguts lediglich ein neumodischer Mix aus Deathcore und Screamo ist, der bei mir nicht durchweg gut ins Ohr gehen. Slams, Breakdowns und Dub-Electronics unterscheiden sich kaum von dem was es sonst so auf dem zeitgenössischen Core-Markt angeboten bekommt. Vor allem die synthetischen Samples werden vielen Extreme-Metal-Fans Übel aufstoßen. Zum Glück gibt es aber auch immer wieder etwas abgedrehte Ausflüge in andere Genres - wie beispielsweise in den Sludge bei 'They Warned Me' oder in den (nicht ganz Ernst gemeinten) Folk Country bei 'Panic Room'.

Natürlich bleibt das Fundament im angesprochenen Core-Sound verwurzelt und wer damit ein Problem hat, wird sich nicht mit diesem Act anfreunden können. Metal-Puristen werden auf jeden Fall beim Brüllaffen-Kotzgesang, dem Synthesizer-Massaker und dem leicht albernen Ausflügen wütend die Nase rümpfen und dennoch auch bei der einen oder anderen Stelle verstohlen grinsen, wenn sie eine der unzähligen Simpsons-Anekdote verstanden haben. Am Ende des Tages ist OKILLY DOKILLY eine Truppe, die ohne ihr cleveres Konzept keine größere Aufmerksamkeit erhalten hätte, denn bereits bei den ersten Promo-Fotos und noch bevor die ersten Töne online waren, ging das Internet steil und bescherte den Newcomern mehrere Zehntausend Follower in den einschlägigen Netzwerken. "Howdilly Doodilly" ist ein solides New School Dubcore Album für entsprechende Szene-Gänger, aber allein die Tatsache, dass man Simpsons-Fan ist, wird nicht ausreichen, dass man diesen Herren auch über diese Scheibe hinaus treu bleibt. Gerade konventionelle Metaller werden hierbei die Flucht ergreifen.
Seit dem 11.11.2017 (passend zum Karnevalsbeginn in Köln) gibt es diesen Dreher bei der Band selbst digital zu erwerben.

[Adrian]

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