Mittwoch, 5. Oktober 2016

Unerhört: Life's December "Fatigue"

Müsste ich für die Schweizer von LIFE'S DECEMBER eine Schublade finden, würde ich sie wahrscheinlich unter "Atmospheric Technical Brutal Dubstep-Deathcore" packen, die Schublade abschließen und den Schlüssel wegwerfen. "Fatigue" offenbart sich nämlich schon beim ersten Reinhören als musikalischer Brechdurchfall. Aber es hat auch Potenzial - das Potenzial sich das Trommelfell mit einem Schlagbohrer selbst amputieren zu wollen. 
Wenn ihr an dieser Stelle wirklich weiterlest - beweist das, dass ihr eine masochistische Seite habt. Denn diese Kakophonie hat kaum etwas Positives an sich. Es gibt keinerlei Struktur in den Songs - wildes Gebolze,
elektronische Synthetik, pseudo-atmosphärischer Djent und Breakdowns werden unüberlegt durch den Fleischwolf gejagt und mit lächerlichen Growls, Shouts und Screams gewürzt, die eher wie eine schlechte Parodie klingen. Im Gegensatz zu den durchdachten Klangteppichen anderer Bands, verheddert man sich hier völlig im eigenen Konzept, das überladener nicht sein kann. Man will progressiv, aber auch gleichzeitig brutal sein, man will Djent machen, aber auch irgendwie dem Core treu bleiben und wenn dann noch Zeit ist, soll man ja auch noch die elektronischen Akzente heraushören. Haben wir jetzt alle Zutaten? Nicht ganz. Im Titeltrack kippt man zum Beispiel noch ein wenig (Cascadian) Black Metal, weibliche Gastvocals und Postrock  hinzu, um das klangliche Chaos perfekt zu machen. Der mit Abstand beste Song ist 'O Dulce Nomen Obitus' - einerseits weil er einige nette Post-Metal-Akzente setzt und man zumindest versucht einer Struktur zu folgen, zum anderen weil es auch der letzte Track ist und man danach endlich entlassen ist. Um die Folter aber noch ein letztes Mal auf die Spitze zu treiben, ist der Rausschmeißer gefühlt drei Stunden lang, hat aber bereits nach fünf Minuten nichts mehr zu sagen beziehungsweise sucht die Band verzweifelt nach einem passenden Abschluss fürs Album, findet aber keinen Passenden.

Alles in allem stelle ich mir die Frage - wer ernsthaft auf "Fatigue" gewartet hat? Hier passt so vieles nicht zusammen, dass man Romane darüber schreiben könnte. Das Hauptproblem ist und bleibt aber ist der Größenwahnsinn - der Größenwahnsinn, dass man alles sein kann vom Progger bis zum Brutal-Deather. LIFE'S DECEMBER würde funktionieren, wenn man nicht unnötig viele Umwege fahren würde. Aber selbst potenziell gute Titel wie 'Fatigue' oder 'O Dulce Nomen Obitus' macht man sich durch unsinnige Breakdowns oder LIFELOVER-Reminiszenzen unnötig kaputt. Von den überkandidelten Vocals will gar nicht erst anfangen. Auch die Kaufempfehlung lassen wir an dieser Stelle ausfallen.
Wer sich aber trotz allem gerne selbst geißeln möchte, kann dies ab dem 14. Oktober via Dark Wings gerne tun. 

[Adrian]

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