Es tut mir Leid - jetzt hat es aufgrund gesundheitlicher Probleme doch wieder länger gedauert bis wir Teil 2 unserer Party.San Open Air 2016 Serie veröffentlichen konnten. Falls ihr schon wieder vergessen haben solltet wer am ersten Tag gespielt hat, könnt ihr dies hier nachlesen, ansonsten geht es an dieser Stelle weiter mit dem Festival-Freitag und einem bunten Blumenstrauß verschiedener Bands und Acts.
Der zweite Tag auf dem Party.San Open Air ist gleichzeitig auch der Feuchteste.
Spasm (Foto: Adrian)
Abseits von ein paar kurzen Regenpausen, nieselt es bei den meisten Bands am heutigen Freitag. Davon lässt sich ein echter Metaller aber natürlich die Laune nicht verderben und so beginnt man heute mit einem zünftigen Grindcore-Frühstück. Dieses Jahr steht unter anderem SPASM auf der Speisekarte und eröffnet die Hauptbühne nach einer kurzen Ansage des Veranstalters. Die Tschechen sind Meister in den Disziplinen Gore und Porn und beweisen auch optisch ein Gespür für Erotik. Frontschwein Radim trägt eine Pestdoktorenmaske, die einen Dildo als Nase hat, und zwängt seinen beleibten Körper in den Borat-Gedächtnisschwimmanzug. Solche Aktionen spaltet erfahrungsgemäß das Party.San-Volk. Einige finden es affig, während andere den Fasching bereitwillig mitmachen und sich mit Requisiten und Kostümen bewaffnet haben. Da ist es dann auch egal, was aus den Boxen schallt. Irgendwas mit 'Ladyboy' hier und ein 'Suck My Dick' dort - Humor ist wenn man trotzdem lacht. Dass die Band völlig auf Gitarrenarbeit verzichtet und neben den schrägen Vocals allein auf Bass und Schlagzeug baut, sei an dieser Stelle auch noch einmal einordnend erwähnt. Objektiv ist so ein Gig aber kaum zu bewerten.
Nach 30 Minuten ist das Frühstück beendet und es geht weiter mit der
Isvind (Foto: Linda)
Komplementärfarbe des Grindcores: Black Metal! Mit ISVIND hat man es auch gleich mit erfahrenen Meistern ihres Fachs zu tun. Denn das Kollektiv hat sich bereits 1992, während des Urknalls des Genres in Norwegen zusammengefunden und produziert seitdem hochwertigen Schwarzmetall. Es ist zwar noch nicht einmal 13 Uhr, aber die Skandinavier lassen mit einer Menge Dezibel ordentlich die Verstärker glühen. Optisch stilecht mit Corpsepaint und schwarzer Kluft konterkarieren sie den Opener mehr als deutlich. Aber auch die Nordmänner verstehen Spaß und widmen einen ihrer Songs dem SPASM-Fan im Feen-Outfit, der in der erste Reihe. Der melodische bis hymnische Black Metal, der neben Screams auch epische Gesangseinlagen zu bieten hat, schafft es trotz der Uhrzeit eine ordentliche Düsterheimer-Atmosphäre zu erzeugen. Auch weil nicht zuletzt das Wetter mitspielt und der Himmel ein grau, tristes Gewand angelegt hat.
Davon profitieren auch die Amerikaner von GOATWHORE. Denn auch ihr
Goatwhore (Foto: Adrian)
aggressiver Blackened Thrash Metal wird bereits am frühen Nachmittag auf das Festival losgelassen. Sänger L. Ben Falgoust II erweist sich dabei als echter Aktivposten und scheint immer an mehreren Orten gleichzeitig auf der Bühne zu sein. Aber auch seine Kollegen sind nicht faul sorgen mit viel Engagement für eine sehr gute Stimmung. Tracks wie 'FBS' oder 'Apocalyptic Havoc' tun da ihr übriges und lassen keinen Fan der vier Herren unzufrieden zurück.
KATALEPSY im Anschluss lasse ich aus. Die Russen spielen eine Mischung aus Dicke-Eier-Groove-Metal und Technicial Frickel Death Metal - und mit solcher Musik kann man mich jagen. Die Tunnelträger und Core-Kids mögen so etwas feiern und man kann auch sehen, dass viele Besucher mit Circle-Pits und Kopfnicken dem Gig viel Spaß abgewinnen können. Ich hingegen spare mir
Wolfbrigade (Foto: Linda)
meine Kräfte für einen andere Band, die ich schon jetzt heiß erwarte.
WOLFBRIGADE gibt sich nämlich bereits im Anschluss die Ehre und zeigt erst einmal jedem Grünschnabel, was Crustcore eigentlich ist. Wütend wie ein Pit-Bull und voller Energie wie ein Neutronenstern bricht der Fünfer über Schlotheim herein. Wer sich darunter jetzt gar nichts vor stellen kann, male sich aus was passieren würde wenn TOTENMOND auf NAPALM DEATH treffen würde. Mit vielen kurzen Titeln sorgt man für einen durchweg hohen Powerlevel, der von 'March Of The Wolves' bis zum finalen 'Ride To Steel' gehalten werden kann. Dem Publikum gefällt es auch und man erntet einiges an Zustimmung. Kurzum, die Schweden haben alles richtig gemacht.
Danach gönne ich mir eine weitere Pause. Denn schon wieder wird es tödlich technisch auf der Bühne. die Münchner von OBSCURA kommen an die Reihe und auch wenn es eigentlich hoch-anspruchsvoll ist, was die Bayern musikalisch abliefern, geht diese völlig vertrackte Mixtur aus abgedrehten Riff-Konstruktionen und Rhythmuswechseln so gar nicht an mich ran. Deswegen höre ich mir vom Zeltplatz aus an, was weiter vorne abgeht.
Trotz schlechtem Wetter ist viel los vor der Bühne
(Foto: Adrian)
Und falls ihr es noch nicht gemerkt haben solltet OBSCURA haben in diesem Jahr ein neues Album herausgebracht, worauf sie sehr stolz zu sein scheinen, denn abseits von 'The Anticosmic Overload' und 'Centric Flow' besteht die Setlist nur aus Songs vom neusten Werk. Da die Fans dieses Album weitestgehend positiv bis euphorisch aufgenommen haben, geht dies in Ordnung und die Liebhaber des süddeutschen Prog-Deaths bringen am Ende ihre Zufriedenheit mit reichlich Jubel zum Ausdruck.
Zwischenzeitlich hat CRYPTIC BROOD die Zeltbühne eröffnet. Der Sound ist so dicht, dass man im vorbeigehen meinen könnte, dass hier ein riesiger satanischer Staubsauger auf der Bühne steht. Kenner wissen aber, dass der Klang der Wolfsburger zur verrottesten und morbidsten Sorte gehört, die man
Bölzer (Foto: Adrian)
in der deutschen Szene finden kann. Ich allerdings bin bereits dabei mich auf BÖLZER vorzubereiten. Das Schweizer Duo existiert seit 2008, aber ist erst innerhalb der letzten zwei bis drei Jahre so richtig durchgestartet. Deswegen spielen sie auch völlig zu recht auf der großen Bühne und schaffen es auch ohne weitere Live-Musiker diese auszufüllen - ohne verloren zu wirken. Auch wenn ich normalerweise nicht der größte Fan der Züricher bin, muss ich neidlos anerkennen, dass sie heute eine spannende und abwechslungsreiche Show abliefern. Fronter KzR produziert starke Vocals und erschafft zusammen mit Drummer HzR epische Soundwände, was besonders vor dem Hintergrund, dass es sich nur um zwei Musiker handelt, eine Menge Respekt verdient. Die Leistungskurve dieser Herren zeigt auch weiterhin steil nach oben.
Danach geht es wieder ins Zelt. Und auch die Sachsen von VIDARGÄNGR sorgen für eine düstere Stimmung auf der Zeltbühne. Die Mischung aus Black und Death Metal funktioniert auf der abgedunkelten Stage wunderbar. Von der Band sieht man im Kerzenlicht nämlich nur schemenhafte Silhouetten und dadurch entsteht eine bedrohlich obskure Atmosphäre. Dieser Auftritt ist ein Gesamtkunstwerk und fügt sich perfekt in das Billing ein, dass man heute vor allem auf der kleineren Zweitbühne geboten bekommt. Die Menge an Menschen, die sich hier einfindet, belegt, dass dieser Ansatz auch beim Publikum gut ankommt.
Den nächsten Act auf der großen Bühne spare ich mir wieder. ANGELCORPSE gibt es zwar bereits seit 21 Jahren und inzwischen gehören sie (nach ihrem Umzug von Kansas City) sogar zu Death-Metal-Szene in Tampa Florida, dennoch spricht mich ihr angeschwärzter Todesstahl nicht wirklich an. Es ist nicht schlecht, aber auch kein Grund erneut nach vorne zu pilgern. Da ist der innere Schweinehund einfach stärker.
Deströyer 666 (Foto: Linda)
Kommen wir zu einem schwierigen Thema: DESTRÖYER 666. Musikalisch sind die Australier eine echte Institution und spielen sowohl live als auf Platte ein Black-Thrash-Brett, das seines gleichen sucht. Kapellenkaiser K.K. Warslut ist Mastermind sowie der unumschränkte Herrscher seiner Gruppe und die schillerndste Persönlichkeit im Bandkosmos. Allerdings kann er nicht nur unheimlich eloquent und charismatisch sein. Nein, der Aussie neigt dazu auch ein ganz schöner Hitzkopf zu sein. Entweder versucht er sich in Dänemark besoffen und pöbelnd mit Fans zu prügeln oder muss sich Rassismusvorwürfen stellen, nachdem er mit islamophoben Ansagen auf dem Deathkult Open Air 2012 aufgefallen ist. Auf dem Party.San scheint er sich jedoch benehmen zu können - zumindest kommt mir nicht gegenteiliges zu Ohren. Lediglich die Verwendung des Wortes "Fuck" ist mal wieder inflationär, aber das gehört ja einfach dazu. Ansonsten überzeugt man vor allem mit einer sehr guten Show, die sowohl Pyros als auch knackige Hits wie 'Australian And Anti-Christ' oder ein tolles Cover von MOTÖRHEADs 'Iron Fist' beinhaltet.
der Zweitbühne wieder vorne mit dabei. Die Erfurter gehören zu den Bands mit der kürzesten Anreise und werden auch abseits ihres Lokalhelden-Status schwer gefeiert. Diese melancholische Mischung aus Death und Doom Metal weckt Erinnerungen an (alte) KATATONIA und vor allem OCTOBER TIDE. Allerdings sind die Herren keine Kopie sondern gehen einen eigenen Weg. Ihre Melodien sorgen für Gänsehaut und transportieren jede Menge Emotionen. Lieder wie 'The Forsaken Earth' sind herrliche Hymnen, die keinen in den vorderen Reihen kalt lassen. Sympathisch sind die Thüringer darüberhinaus auch noch und holen einen Fan der ersten Stunde auf die Bühne um sich ausführlich zu bedanken. Überwältigt von dieser "geilen Scheiße" lässt die Stimmung auch die Musiker im weiteren Verlauf nicht kalt und macht diesen Gig für alle Beteiligten zu einer unvergesslichen Erfahrung. Für mich das absolute Highlight der Zeltbühne.
Danach wird es interessant. Denn EQUILIBRIUM ist nicht unbedingt eine Band,
Equilibrium (Foto: Linda)
die man auf dem Party.San erwarten würde. Inzwischen sind die massentauglichen Epic-Metaller eher etwas für Wacken, Summerbreeze und Co - und weniger ein Act für Black- und Death Metal Open Airs. Das scheint auch der Band klar zu sein und Sänger Robse zeigt sich entsprechend nervös, auch wenn er angibt ein alter Death-Metal-Fan zu sein. Deswegen packt man auch heute die härteren Songs aus und verzichtet weitestgehend auf Keyboards. Dennoch fragt Robse noch einmal mit einem Augenzwinkern in einer Ansage, ob das Publikum bei all dem bösen Death und Black Metal ein Gehör für die Bayern hätte. Es ist in Anbetracht der Uhrzeit relativ übersichtlich vor der Bühne, aber die anwesenden Metalheads haben dennoch eine Menge Spaß. Vor allem weil auch der Frontmann weiterhin immer wieder mit sympathischen Ansagen die Zuschauer anfeuert. Unter anderem mit Sprüchen wie "Wo sind die DDR-Bürger?" oder "Ich bin Brandenburger seid lieb zu mir" sorgt er für das eine oder andere Grinsen. Musikalisch sind es dann vor allem die alten Hits wie 'Blut im Auge' oder 'Met' die für Stimmung sorgen. Als man dann noch die Skyrim-Theme anstimmt, hat man endgültig gewonnen und die Mission Party.San Open Air erfolgreich absolviert.
Insgesamt eine untypische Show, aber eine ebenso willkommene Abwechselung zum ansonsten gnadenlos harten Programm.
Bodyfarm (Foto: Adrian)
Wesentlich konventioneller geht es währenddessen im Zelt zu Gange. BODYFARM ist eine der besten Bands des Death-Metal-Revivals und spielt nicht umsonst als krönender Abschluss auf der Zeltbühne. Starker Sound, gute gelaunte Musiker und ein ganzer Sack voller cooler Songs - hier passt einfach alles. Mehr gibt es nicht zu sagen.
Nachdem sich die Nacht endgültig über Schlotheim gelegt hat, wird es Zeit für
Dying Fetus (Foto: Linda)
die letzten drei Bands des Abends. Eröffnet wird dieser Reigen mit einer ordentlichen Portion Deathgrind. DYING FETUS ist wie ein Schlag in die Fresse. Heftige Blast Beats, wildes Riffing und Sean Beasleys Organ, das Schädel platzen lassen kann, machen diese Brutalisten trotz aller Ungeschliffenheit zu einem unwiderstehlichen Live-Act. Die schiere Urgewalt und Energie überrollt den Hörer geradezu und ist perfekt um schlechte Laune aus der Birne zu schütteln beziehungsweise gute Laune entsprechend zu verstärken. Da ist es eigentlich auch egal, dass man wegen des Sounds nicht zwischen 'One Shot, One Kill'. 'Induce Terror' oder 'In The Trenches' unterscheiden kann. Wenn es zu laut wird, klingt in Obermehler einfach alles gleich - aber im Fall der Amis klingt zumindest alles gleich geil!
Danach geht es weiter mit EXODUS. Einer der größten Namen auf diesem
Exodus (Foto: Linda)
Festival. Seit Anfang der 80er sind Amis eine Institution im Thrash Metal, den sie mitbegründet haben. Eine lebende Legende, die sich sehr verdient gemacht hat. So ein Auftritt kann ja eigentlich gar nicht daneben gehen. Richtig? Falsch! Denn auch wenn Steve "Zetro' Souza mal wieder mit an Board ist (nachdem er eine erneute Bandpause von zehn Jahren eingelegt hat) ist das heute der schlechteste Auftritt, den ich je von den Kaliforniern miterleben musste. Wegen seinem Engagement bei SLAYER fehlt Gary Holt und man merkt dem gesamten Gig an, dass hier etwas fehlt. Es kommt keine Stimmung auf. Der Auftritt wird in mehr oder weniger 40 Minuten abgespult und auch Tracks wie 'Bonded By Blood' oder 'Strike On The Beast' holen die Kastanien nicht aus dem Feuer. Auch wenn es Blasphemie für Die-Hard-Fans sein sollte - ich vermisse Rob Dukes! Die Auftritte mit ihm hatten wenigstens Feuer und Spielfreude. Hier und heute ist nichts davon zu erkennen. Ich bin wirklich enttäuscht.
Enttäuscht hatten mich auch CARCASS bei ihrem letzten Auftritt in Schlotheim
Carcass (Foto: Linda)
vor etwa drei Jahren. Da wirkte man noch wesentlich lustloser und (ich glaube auch) betrunkener. Heute hingegen legt vor allem Fronter Jeff Walker eine engagierte Show hin und trumpft mit einer Menge Spielfreude auf. Die Setlist ist sehr ausgewogen gehalten und ist eine gute Mischung aus knallharten Death-Grindern wie 'Reek Of Putrefaction' oder 'Exhume To Consume' und eher rockigen Nummern wie 'Keep On Rotting In The Free World' beziehungsweise dem Programmhöhepunkt 'Heartwork'. Üblicherweise ist die Party in den vordersten Reihen am härtesten, weswegen Walker auch spaßhaft meint, dass die anderen Zuschauer auch gehen könnten, da man ganz vorne ohnehin am meisten abgeht. Aber natürlich bleiben die allermeisten Besucher bis auch das Outro 'Carneous Cacoffiny' verklungen ist und diesen hervorragenden Gig beendet. Wer danach immer noch nicht genug hat, kann sich auch in dieser Nacht wieder die Lichter in der Metal-Disco ausschießen. Allerdings steht noch ein Festivaltag ins Haus, der verspricht sehr kräftezehrend zu werden. Nicht zuletzt weil auch das Wetter sich etwas ganz besonderes für den letzten Akt aufgehoben hat. Dazu aber mehr im finalen Teil unserer Serie. Hier geht's zu Teil 3
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