Dienstag, 28. Juni 2016

Reingehört: Cepheide "Respire"

"Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?", dachten sich wohl Gaetan und Thomas, als sie ihr atmosphärisches Schwarzmetall-Gespann CEPHEIDE 2013 aus der Taufe hoben. Anfangs zu Dritt, mittlerweile als Duo (oder doch wieder als Trio?, die Quellen sind da nicht ganz eindeutig) spielen die Franzosen schweren und ziemlich sperrigen Black Metal. Die EP "Respire" ist nach der Demo "De silence et de suie" bereits der zweite Streich und enthält zwei neue Songs, die es allerdings in sich haben, wenn man auf die Spielzeit schielt. 
Mit knapp 17 beziehungsweise mehr als 19 Minuten sind beide Titel wahre Opus Magni, die sich ausladend viel Zeit nehmen, um dem Genrenamen entsprechend eine dichte Atmosphäre zu errichten. Neben verzweifelten Schreien, die seltsam (und faszinierend) entfernt klingen, legen sich Gitarrensalven verschwimmend übereinander, während das Schlagzeug preschend im Hintergrund wummert und sich das Klanggebilde langsam zwischen Weltenbrand und meditativer Monotonie einpendelt. Es ist im Fall der Pariser gar nicht mal so
leicht die richtigen Worten für diesen schwarzen Schwall zu finden. Urgewaltig und kraftvoll jagen die Melodien und Rhythmen nur so aus den Boxen. Das Song-Writing ist teilweise norwegisch frostig, aber dennoch vor allem im Sound der Heimat verwurzelt. BLUT AUS NORD und DEATHSPELL OMEGA lassen grüßen. Es ist eine Glaubensfrage, ob man solche überlangen Hymnen feiert oder ob man lieber kürzere, kompaktere Kompositionen vorzieht. Allerdings finde ich persönlich, dass man hier einem dritten Song zur Liebe hätte kürzen sollen, damit dieser dann noch mal ein wenig andere Würze einbringt. Gerade das zweite Lied "La chute d'une ombre" lässt sich nämlich unheimlich bitten. Von den fast 20 Minuten, die es dauert, verbringt man knapp sechs Minuten damit ganz reduziert und minimalistisch (nur mit Effekten bewaffnet) eine obskure Stimmung zu erzeugen, die dann auch noch von doom-rockigen Gitarren eine Weile weiter getragen wird. Erst nach rund 450 Sekunden folgt der schwarzmetallische Einsatz, der dafür wiederum wirklich klasse ist (auch wenn immer wieder längere  Zwischenspielen im Stile der Einleitung den Liedfluss auflösen). 

Das soll jetzt nicht negativ klingen, denn ich kann ja verstehen, was die Franzosen damit ausdrücken wollen (denken wir an den Spannungsbogen und so), allerdings kann ich nicht verstehen, wieso man den Energie-Level nur in einem so flachen Winkel nach oben treibt. Kürzt man das Beiwerk song-dienlich zusammen, kommt man auf einen tollen Song, der netto neun Minuten dauert. Das ist völlig ausreichend.
Insgesamt ist CEPHEIDE tatsächlich eine tolle Band, die herrliche Klangfarben verwendet und alptraumhafte Riff-Wände auftürmt. Fans von atmosphärischen Schwarzheimern á la CRAFT kommen auf ihre Kosten, müssen sich aber auch auf lange Intros und etwas seichte Zwischenspiele einstellen. Wer mit der genannten Kritik aber keine Probleme hat, wird sich über über "Respire" sehr freuen können. Die musikalischen Fähigkeiten der zwei (bis drei) Musiker rechtfertigen ein Probehören auf jeden Fall.
Seit 17. Juni gibt es "Respire" auch als LP bei Sick Man Getting Sick Records (starker Name!) und bereits seit letzten November als CD bei Ogmios Underground.

[Adrian]

1 Kommentar:

  1. Schade, dass der Gesang aus stets abfallenden, eintönigen Howls besteht. Nach ein paar Durchläufen beginnt das Geheule die wunderbaren Kompositionen zu zerstören wie das stetige Hämmern einer Abrissbirne ein solides Haus.

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