Mittwoch, 15. September 2021

CD-Review: Ortus "Aus der Tiefe"

ORTUS ist eine echte Old-School-Band und das nicht nur im Sinne ihres atmosphärischen Schwarzmetalls, der an den Stil der späten 1990er und frühen 2000er Jahre anknüpft. Nein, auch vertriebstechnisch bleibt man sich treu und macht auch den aktuellen Release "Aus der Tiefe" nur via CD in voller Länge zugänglich. Keine Downloads! Kein Streaming! Aber auch kein Vinyl oder Tape - na gut, vielleicht kommt das ja noch! Schauen wir uns das neuste Werk der Mainzer erst einmal inhaltlich genauer an.
Ganz offiziell handelt es sich bei dieser Scheibe um das Debütalbum der Rheinhessen. Denn genau genommen waren "Where Shadows Gather" und "Forgotten Memories" nur EPs (beide haben wir in der Vergangenheit auch schon hier besprochen). Rein von der Spiellänge kann man das so sehen, denn erstmals durchbricht man mit einem Release die 30-Minuten-Marke. ironischerweise schafft man dies, obwohl "Aus der Tiefe" lediglich aus zwei Stücken besteht (dem Titeltrack und 'In nächtlicher Stille'), die es dafür mit jeweils über einer Viertelstunde Spielzeit in sich haben. Das sind aber nicht die einzigen
Änderungen. Man hat sich von Intros und Instrumentals freigemacht und auch die englische Sprache gänzlich über Board geworfen. Ein Marketing-Manager würde wahrscheinlich sagen, dass man sich als Institution "gestreamlined" hat. ORTUS selbst würde es wahrscheinlich als logische Weiterentwicklung ansehen. Denn schon immer verfolgte diese Truppe eine "No Bullshit"-Marschrichtung. Die Musiker treten kaum in Erscheinung. Es gibt nur sehr wenige und kaum aufschlussreiche Bilder der Mitglieder und auch für das aktuelle Booklet hält man sich sehr kurz und inszeniert vor allem das stimmungsvolle Artwork der polnischen Künstlerin Devinez, das man für das Digipak genutzt hat. Rein musikalisch ballert es vor allem im ersten Titel ordentlich. Viele klassische und treibende Black-Metal-Trademarks kommen hier zum Einsatz, die man so zwar schon häufiger gehört hat, allerdings schaffen die Rheinland-Pfälzer sich frisch und energiegeladen zu präsentieren. Auch das Drumming kommt hier wunderbar zum Einsatz. War ich bei der letzten EP noch unsicher ob man über eine menschliche oder künstliche Schießbude verfügt, hört man hier sehr deutlich heraus, dass Nefastus nicht nur aus Fleisch und Blut besteht, sondern auch sein Handwerk versteht (dieser kommt übrigens ebenfalls aus Polen und könnte euch möglicherweise bekannt sein durch sein Engagement bei BELPHEGOR UND DEBAUCHERY in den 2000ern).  Am Mikrofon gibt es auch eine Neubesetzung. Thorlur feiert auf diesem Release seinen Einstand und verleiht 
den ORTUS-Kompositionen mit seinen Screams noch eine Spur mehr Charakter als es in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Wer übrigens Angst hat, dass es bei lediglich zwei Songs an Abwechselung mangelt, wird überrascht sein. Denn nach einer furiosen ersten Hälfte im Opener, wendet sich dieser im weiteren Verlauf deutlich mehr der atmosphärischen Seele des Projekts zu, um gegen Ende die fast schon singende Lead-Gitarre ordentlich in den Fokus zu stellen. 'In der nächtlichen Stille' wiederum hat auch seine harten und wütenden Momente, aber sorgt mit seinen sich einbrennenden Melodien dafür, dass der Hörer die einzelnen Klangmotive auch nach dem Verstummen der letzten Note noch eine Weile mit sich herumtragen wird.

Insgesamt ist "Aus der Tiefe" der bisherige Höhepunkt des Schaffens von ORTUS. Man hat seinen Stil gefunden, man weiß wo man hinwill und hat sich auch die entsprechenden Leute dazu geholt, um aus den wunderbar konzipierten Kompositionen das Maximum rauszuholen. Kurzum, man hat hier alles richtig gemacht und eine authentische Black-Metal-Scheibe vorgelegt, die den Geist der Szene von vor fast 20 Jahren verkörpert - als es noch stärker um die musikalische Substanz und weniger um Selbstdarstellung ging. Wer atmosphärischen Schwarzmetall mit einer ordentlichen Portion Arschtritt und ohne Schnickschnack sucht, der ist hier genau richtig. Man darf zwar kein Innovationsfeuerwerk erwarten, aber bekommt dafür in jedem Fall bodenständige und geradlinige Untergrundmusik. 
Bei Schierling Klangkunst könnt ihr seit dem 08.08.2021 die CD abgreifen.    

8,5 von 10 Punkten

[Adrian]

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