Freitag, 5. Februar 2021

CD-Review: Martvl Nighty Ravenheart "Zool"

"Okay, was wird mich denn hier erwarten?", war mein erster Gedanke als mir das das Debütalbum "Zool" von MARTVL NIGHTY RAVENHEART (oder kurz MNR) zugeschoben wurde. Die Anspielung im Bandnamen ist natürlich mehr als offensichtlich (vgl. 'Blashyrkh Mighty Ravendark' von IMMORTAL). Dieser Querverweis macht deutlich, dass dieses Projekt aus dem hessischen Eiterfeld (ja, den Ort gibt es wirklich) sich selbst nur bedingt Ernst nimmt. Na gut, dann schauen wir mal, was sich hinter der spaßigen Fassade verbirgt.
Acht Songs verteilen sich hier auf eine Spielzeit von etwas mehr als 40 Minuten und verzichten auf jede Art von Intro, Outro oder Zwischenspiel (was ich hier tatsächlich auch ganz angenehm finde). Auf ihrer Bandcamp Page spricht das Trio davon, dass man einen einzigartigen Mix aus Death, Black und Thrash Metal
spielen würde, womit man sein eigenes Genre kreiert habe. Dennoch wolle man Underground bleiben und ehrlich ("trve") zu seiner Kunst stehen. Interessanterweise haben sie auf ihrer Bandcamp-Seite auch die Bezeichnung "Metalcore" in ihre Tags mit aufgenommen. Hört man sich die ersten zwei Songs 'Way Of The Pharao' und vor allem 'Grinder Gnome' an, dann kann partiell verstehen warum sie das getan haben. Einzelne Riffs und verstreute Melodien haben diesen typischen Mid-2000s IN-FALMES-Vibe, der mit bewusst schrägen Clean Vocals vermengt wird, die entweder tief-gepresst oder irgendwie an KING DIAMOND erinnernd dargeboten werden. Allerdings werden solche Passagen stets in einen strammen Klangteppich aus Blackened Death Metal eingebettet. So entsteht das Gefühl, dass hier MARDUK gemeinsam mit RAUNCHY im Studio gewesen wären beziehungsweise NECROPHOBIC, EREB ALTOR und DEADLOCK gemeinsam in einem Proberaum eingesperrt wurden. Überhaupt klingen die meisten Songs wie Bastarde, in denen eine oder mehrere heterogene Referenzen miteinander verheiratet wurden. 'Voodoo Doll' wirkt zum Beispiel auch wie eine Fusion aus den gotisch-dunklen Melodien von TRIBULATION und dem  besoffenen Gesang von CARPATHIAN FOREST. Der Titeltrack wird natürlich mit der namensgebenden Szene aus Ghostbusters eingeleitet und ist in der Folge (weitestgehend) ein eher gradliniger Death-Doomer. Natürlich können es die Osthessen nicht lassen auch hier wieder abgedrehte Vocals einzubauen. Mit 'Only The Birds Know' endet dieses Debütwerk. Hier hatte man wohl Lust, noch einmal völlig neue Aspekte mit einzubringen. Dezent poppiger Gothic Doom trifft auf Post Black Metal (oder so ähnlich)?  Ich habe keine Ahnung wie man dieses Potpourri in Worte fassen soll. 
g
Das Wort "Potpourri" könnte übrigens auch das abschließende Fazit für "Zool" an sich sein. Es ist wirklich schwer MARTVL NIGHTY RAVENHEART zu bewerten. Einerseits ist eine Menge "seriöser" Extreme Metal enthalten - ich würde sogar sagen die meisten Passagen sind in sich eher konventionell gehalten, aber es sind eben diese krassen Genre-Brüche, die von rohem Black Metal auf Melodic Death Metal umschalten und dabei noch cleane Gesangslinien einwerfen, die wie ein Best of der eigenwilligsten Frontmänner der Musikgeschichte klingen. Tatsächlich gibt es in dieser kunterbunten Melange auch viele treibende oder rockige Passagen, die richtig eingängig sind (ich glaube der Chorus "Last night I saw a silver horse alone. It was the horse - horse of the Grinder Gnome" wird mir noch eine Weile im Ohr herumspucken). Auch das Song-Writing ist an vielen Stellen schlichtweg gut konzipiert worden, wie beispielsweise weite Teile von 'Morbid Martvl Massacre'. Mir persönlich ist sind jedoch die Momente, die mich ansprechen, zu kurz und die Aspekte, die mich rausreißen zu häufig, um es als uneingeschränkte Kaufempfehlung für alle Extreme-Metaller durchgehen zu lassen. Dann stellt sich wiederum natürlich die Frage an wen sich dieses Album denn nun genau richtet? An Leute vielleicht, die Platten wie "Soft And Stronger" von den APOKALYPTISCHEN REITER mögen? Oder doch eher Freunde des "...And As We Have Seen The Storm, We Have Embraced The Eye"-Albums von CHAPEL OF DISEASE? Wahrscheinlich muss man für alle in diesem Beitrag genannten Paten und Referenzen offen sein, wenn man mit MNR glücklich werden will. Wer eine chaotische Genre-Vermischung ablehnt und sich selbst als orthodoxen Purist definiert, sollte sich von diesem Album fernhalten. Reinhören schadet aber natürlich in keinem Fall, denn belanglose Gleichförmigkeit kann man "Zool" beim besten Willen nicht vorwerfen.
Seit 22.01.2021 kann man diesen Dreher direkt bei der Band selbst auf Bandcamp abgreifen.
 
7 von 10 Punkten

[Adrian]

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen