Donnerstag, 10. Februar 2022

CD-Review: Temple Of Evil "Apolytrosis"

Heute soll es um TEMPLE OF EVIL gehen, die uns endlich die brennende Frage beantworten, wie es um die Qualität des Black Metal auf Zypern bestellt ist. Der Fünfer aus Nicosia hat mit "Apolytrosis" 2021 sogar schon sein zweites Studioalbum auf den Markt geworfen und entsprechend interessiert, lege ich die Scheibe in mein Abspielgerät. 
Eine Sache muss sich direkt vorneweg loswerden: ja, der Name TEMPLE OF EVIL klingt wirklich sehr klischeehaft und die Synonyme der Mitglieder schlagen mit unter anderem "Angelwhore" oder "Nekrocurse" in eine ähnliche Kerbe. Da könnte man fast meinen man hätte es hier mit einer klassischen Blackened Thrash- oder War-Metal-Truppe zutun. Aber weit gefehlt. Die Zyprioten sind nämlich nichts dergleichen. Stilistisch kann man sie vielmehr in der Nähe polnischer Schwarzheimer wie VESANIA (mit weniger Geklimper) oder auch Black-Death-Grenzgänger wie ROTTING CHRIST verordnen. Auch schwedische Meloblack-Referenzen meine ich hier vage zu vernehmen (Grüße gehen raus an NAGLFAR). Greifen wir aber noch gar nicht zu weit vor. Fangen wir erst einmal bei den Eckdaten an. Das Album trägt den Namen "Apolytrosis" (oder Απολύτρωσης), was man mit "Redemption" im Englischen oder "Erlösung" oder "Tilgung" im Deutschen übersetzen kann. Die Gesamtspielzeit von 51 Minuten verteilt sich auf acht Titel (inklusive In- und Outro), die alle zwischen sechs und neun Minuten lang sind. Das wirklich sehr geschmackvolle Artwork stammt dabei von Stefan "Atterigner" Todorović, den man vor allem als Frontmann des

Schwarzmetallurgestein GORGOROTH kennen dürfte. Musikalisch hat man jedoch nicht viel von den genannten Norwegern übernommen (zumindest nicht auf dieser Platte). Wie oben bereits erwähnt sind die Einflüsse der Band woanders zu verordnen und erinnern mich an die Art von Black Metal, wie man sie Ende der 2000er beziehungsweise in den frühen 2010ern viel auf Legacy- und Rockhard-Samplern finden konnte. Es ist diese düstere, wabernde Spielart, die gerne mit Tempiwechseln arbeitet und sich nicht scheut auch Keyboards einzusetzen (dieser Einsatz bleibt aber dezent und subtil beziehungsweise ufert nicht aus, wie man es beispielsweise von CARACH ANGREN her kennt). Es klingt eher wie eine Fusion aus klassischem Death Doom und Melodic Black Metal. Gesanglich setzt man wiederum auf wütende Screams, die mit viel Volumen zu überzeugen wissen. Das Drumming an sich ist auch herrlich auf den Punkt und ballert vor allem mit Vehemenz in den Double-Bass-Passagen. Ich kann mir dennoch nicht helfen. Das Schlagzeug klingt super künstlich. Mag daran liegen, dass Trommler Apophis so on-point ist, dass es nicht mehr menschlich ist, oder dass man die Drumspuren zu Tode produziert hat. Ich höre hier jedenfalls keinen eigenen Charakter mehr raus und habe bei einem so sterilen Sound das Gefühl, dass ich akustisch in Desinfektionsmittel ertrinke. Das Song-Writing im Kern geht dafür in Ordnung und setzt klare Akzente, die auf ein gutes Gespür für Harmonien schließen lassen. Leider habe ich dennoch ein fundamentales Problem mit dem gesamten Album. Es zündet einfach nicht bei mir. Handwerklich ist es nicht schlecht gemacht und es gibt auch immer wieder tolle Stellen (wie die treibende Rhythmik beim Titeltrack), aber insgesamt merke ich während der allermeisten Songs wie meine Aufmerksamkeit abdriftet. Möglicherweise liegt es an der Länge der einzelnen Lieder, die viel zu viel Raum für unnötige Ausflüge lassen. Solche Ausflüge erhöhen zwar einerseits die Abwechslung, aber andererseits schafft man es nicht diese Varianz sinnstiftend im Spannungsbogen zu verbauen. I
ronischerweise zieht sich übrigens der kürzeste Track der Scheibe 'Thanatosis' gefühlt am meisten in die Länge und holt mich einfach zu keinem Zeitpunkt richtig ab.

Wie dem auch sei, insgesamt werde ich mit "Apolytrosis" einfach nicht warm. TEMPLE OF EVIL besteht unbestritten aus guten Musikern und aus fähigen Song-Writern, was man bereits am Debütalbum "The 7th Awakening" merken konnte. Das war zwar noch deutlich roher und teilweise konventioneller was den Black-Metal-Sound betrifft, aber hatte dafür deutlich mehr straighte Songs, die man problemlos nachvollziehen konnte und die besser im Ohr hängen geblieben sind. Und ja, auch der Drum-Sound war seinerzeit räudiger, aber das hat wunderbar zum damaligen rohen Schwarzmetallansatz gepasst, denn man hatte noch das Gefühl, dass hier tatsächlich ein Mensch hinter der Schießbude sitzt. Ich gehe davon aus, dass man beim Zweitwerk die besten Absichten hatte den eigenen Still künstlerisch weiter zu entwickeln. Meiner Meinung nach hat man sich dabei verhoben und das aus den Augen verloren, worin die eigenen Stärken wirklich liegen. Das ist sehr Schade, ich finde die fünf Herren nämlich prinzipiell sehr talentiert, aber ich hatte schon nach 20 Minuten das Gefühl alles gehört zu haben und hatte im weiteren Verlauf wirklich mit mir zu kämpfen, um mich auf dieses Album zu konzentrieren. Das gilt allerdings auch nur für mich, wenn ihr wiederum mit den im Fließtext beschriebenen Eigenschaften keine Probleme habt oder sie im Gegenteil als Stärken betrachtet, dann tut euch keinen Zwang an und gönnt dem bösen Tempel mindestens einen Durchlauf. Ich jedoch werde dieses Album nicht noch einmal anfassen. 
Seit 26.11.2021 gibt es die CD bei Folter Records.

5,5 von 10 Punkten
     
[Adrian]
 

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