Samstag, 23. Mai 2020

CD-Review: Entorx "Faceless Insanity"

ENTORX sind mir schon seit einigen Jahren ein Begriff. Allerdings vor allem als Live-Band, was bei ihren engagierten Bühnenaktivitäten auch kaum verwunderlich sein sollte. Nach eigener Aussage hat man in knapp zehn Jahren mehr als 100 Konzerte gespielt. Nach ziemlich genau sieben Jahren kommt dieser Tage nun endlich ein neuer Studio-Output in Form von "Faceless Insanity" heraus, der zeigen möchte, wie sehr sich das Quintett innerhalb der letzten Jahre weiterentwickelt hat.
Dass wir uns auch mal mit einem Album der Pfälzer Death-Thrasher beschäftigen ist allerdings tatsächlich überfällig. Denn bereits zweimal haben wir uns mit ihren Gig-Qualitäten auseinandergesetzt - einmal in Form eines Konzertberichts von 2014 und zum anderen in einem Second-Home-Vlog aus dem vergangenen Jahr. Nach einer Debüt-EP 2011 und einer ersten Full-Length zwei Jahre später, war es wiederum für einige Zeit sehr still geworden um die Herren aus Kaiserslautern, Bruchsal und
Speyer. Die veröffentlichungsfreie Zeit hat man jedoch sehr gut genutzt, denn bereits während des ersten Durchlaufs macht "Faceless Insanity" einen amtlichen Eindruck. Nach dem ausladenden Intro, das alle Eckpunkte der Guantanamo-Debatte zusammenfasst und sich dafür fast 150 Sekunden Zeit nimmt, brettert das Album anschließend so richtig los und präsentiert sich besonders im ersten Drittel raubeinig. Man legt den Fokus auf den Todesstahl-Anteil und würzt die tiefen Growls mit preschenden Riffs und einer Menge Thrash-Stakkato-Beat. Immer wieder schlagen die Klampfen auch in Richtung Prog aus (wie zum Beispiel bei 'PTSD'), was man grob als GOJIRA-Anleihe umreißen kann. Neben den Franzosen, nennen die Südwest-Deutschen in ihrem Waschzettel auch OPETH als Einfluss. Das lässt mich erst einmal mit der Stirn runzeln, weil mich ein Song wie 'Madness Unchained' eher an ein Aufeinanderprallen von CRYPTOPSY und (alten) DARK TRANQUILITY erinnert - zumindest bis es in der zweiten Hälfte des Titels etwas progressiver wird und cleane Vocals dazukommen - da kann man dann gerne auch mal Querverweise zu Herrn Åkerfeldt ziehen. Diesen Track kann man auch exemplarisch für den Unwillen der Band nehmen sich eindeutig in eine Schublade einordnen zu lassen. 'Morbid Rage' treibt diesen Drang Grenzen zu Sprengen auf die Spitze und baut einen geradezu funkrockigen Mittelteil ein. 
Bei aller Experimentierfreudigkeit ist "Faceless Insanity" vor allem eines - ein Death-Metal-Album! Die Thrash, Prog und Melodic-Metal-Einflüsse in allen Ehren, aber ENTORX bleibt dem grundlegenden Extreme-Metal-Konzept auch 2020 treu: Man schaut eben nur noch etwas weiter über den Tellerrand heraus, als man es bisher getan hat. Wer damit kein Problem hat und Genregrenzen für eine Antiquität hält, der sollte dieser Platte unbedingt eine Chance geben. Die obligatorische Warnung an alle Puristen darf aber natürlich auch nicht fehlen. Wenn ihr nämlich eigentlich nur gnostischen Occult Death Metal oder orthodoxen War Black Metal hört, dann wird das Album nicht euren Geschmack treffen.
Ab dem 29.05.2020 gibt es den Dreher direkt bei der Band selbst im Eigenvertrieb zu ergattern.

8 von 10 Punkten

[Adrian] 

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