Ich liebe Viking Metal aus exotischen Ländern - also alles außerhalb des westlichen Kulturkreises. Denn das kann entweder freiwillig oder unfreiwillig unterhaltsam sein. Mit RAGNHILD aus Pune, einer indischen Millionenstadt etwa 150 Kilometer östlich von Mumbai, versuchen sich auch vier asiatische Odinssöhne an nordischen Mythen und Heldensagen. Mit "Tavern Tales" ist im März ihr Debütalbum erschienen und verdient eine genauere Begutachtung.
Eines vorneweg ein Totalausfall wie die Venezolaner, die wir zuletzt in Sachen Viking Metal besprochen haben, sind die Inder auf keinen Fall. Im Gegenteil, in vielen Bereichen machen sie einen richtig ordentlichen Job. So klingt in weiten Teilen die Melodieführung und das Riffing, ähnlich dem Nordmann Metal, wie
man auch in unseren Breiten kennt - auch wenn man textlich mit einem Augenzwinkern rangeht (Schaut euch dazu insbesondere 'A Viking Mosh' an). Was wiederum teilweise ausufert sind die Gitarren-Soli (vergleiche 'Ragnhild'). Diese Saitenakrobatik ist eigentlich schon viel zu virtuos für das Genre, aber lässt mich dafür umso mehr aufhorchen. Was dafür nicht ganz meinen Geschmack trifft, sind die extrem gutturalen Vocals. Ich mag zwar gurgelnde Grunts sehr gerne, aber ein IMMOLATION-Staubsauger passt zu diesen Pagan-Melodien meist nicht ganz so gut, aber man kann sich daran gewöhnen. Den Einsatz der epischen Background Vocals wie in 'Glory Of Our King' könnte man derweil ausbauen - das erhöht die Variation und bildet einen guten Anker für Live-Auftritte. Ebenfalls sehr angenehm zu bemerken ist die Tatsache, dass das Album gegen Ende noch stärker wird und nicht wie bei anderen Truppen an Biss verliert. Die Gitarren drehen noch einmal richtig auf und ballern ein wirklich cooles Feuerwerk heraus. Mit 'Death Of A Warrior' hat man zum Schluss sogar einen wirklich schönen Rauswerfer gefunden, der dieses Werk angemessen abrundet.
Insgesamt bin ich wirklich überrascht. Ein so starkes und technisch sauberes Album hätte ich nicht erwartet. In den Gesang von RAGNHILD muss man sich zwar erst reinfinden, aber die Vocals sind sicherlich kein K.O.-Kriterium - vor allem auch weil die Gitarren immer wieder zu überraschen wissen und das Song-Writing durchaus im Geiste europäischer Kollegen gehalten ist. Ich kann dieses Album jedem Pagan-Fan mit einer Vorliebe für progressiven Death Metal durchaus empfehlen. Lassi und Langboote scheinen erstaunlich gut zusammen zu passen.
Seit dem 24.03.2019 kann man "Tavern Tales" zum Beispiel über Bandcamp erwerben.
8 von 10 Punkten
[Adrian]
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