Nachdem wir nun bereits den Donnerstag und den Freitag des Party.San Open Airs thematisiert haben. Wollen wir uns heute der "kleinen" Bühne zuwenden (bevor wir mit dem Samstag die Berichtsreihe abschließen werden). Dort haben auch in diesem Jahr einige hoch-interessante Kapellen gespielt und bewiesen, dass es sich lohnt auch abseits der Main Stage nach spannenden Bands zu suchen.
In der Regel geht man davon aus, dass eine der ersten Tent Stage Bands wie GRIM VAN DOOM es doch deutlich schwerer haben die Menge zu begeistern als so manch andere in den tiefen eines berauschten Publikums. Jedoch ist dies hier weit gefehlt: Die Wuppertaler gönnen ihrem Publikum auch zu Beginn der Underground Passage des Festivals einen extrem tiefen, etwas simple gehaltenen und groovigen Mix aus Old-School Hardcore und Doom Einflüssen, der sich zu einem sludgigen Gesamten vereint.
Die kurze Spielzeit einer halben Stunde ist in dieser Hinsicht ein zweischneidiges Schwert; leicht verfällt man in eine Art Trance in der man mehr möchte, jedoch kann man einen Gedanken nicht mehr ignorieren sobald man ihn gefasst hat: Diese Band klingt exakt so wie MANTAR, wenn diese mehr Mitglieder hätten. Die Ähnlichkeit ist beinahe verblüffend. Zwar weiß das Projekt auf eigenen Beinen zu stehen, jedoch bleibt der Vergleich einfach so prävalent dass er ablenkt, bis das ganze schließlich abrupt endet. Fazit bleibt dass es Spaß gemacht hat und selbst wer kein Genre Fan ist, kann sich das ganze mal anhören allein um den Vergleich selbst nachvollziehen zu können.
[Sunny]
Crescent (Foto: Adrian) |
Der Preis für die exotischste Band geht in diesem Jahr an CRESCENT. Musiker aus Ägyten haben (meines Wissens) noch nie in Schlotheim auf der Bühne gestanden. Allerdings verdienen sie sich ihren Slot nicht allein durch ihre Herkunft. Der extreme Vierer spielt eine wütende Mischung aus Black und Death Metal und passt damit wie die Faust aufs Auge, was die stilistische Ausrichtung der Zeltbühne angeht. Wenn man nach Paten sucht, dann passen die Nahost-Kollegen von MELECHESH am Besten zum Quartett aus Kairo. Düstere Stücke wie zum Beispiel 'Obscuring The Light' oder 'Sons of Monthu' verbinden die okkulte Dunkelheit des Extreme Metals wunderbar mit den rhythmischen Facetten ihres Kulturraums. Diese Truppe sollte man sich merken.
Die finale Messe am Donnerstag halten die Hamburger von ENDSEEKER. Sänger Lenny gibt direkt am Anfang scherzhaft zu Protokoll, dass man "eine Mischung
aus Pop und Jazz" spielen würde - tatsächlich handelt es sich aber um klassischen Death Metal der europäischen Prägung. Gerade Songs wie 'Malicious Instinct' oder 'Worshipping the Bloodthirsty' lassen Querverweise zu ENTOMBED zu. Das ist zwar nicht mega-innovativ aber erfüllt seinen Zweck: die Menge feiert die Norddeutschen ordentlich ab. Das dürfte nicht zuletzt auch am witzigen und sympathischen Wesen des bereits erwähnten Fronters liegen, der wie ein unehelicher Sohn von Onkel Fester aus der Addams Family aussieht. Als er dann im weiteren Verlauf verkündet, dass ENDSEEKER von F.D.A. Records zu Metal Blade Records wechseln, bin ich doch ein wenig verwundert. Keine Frage, die Jungs spielen einen starken und bissigen Death Metal, aber wieso man ausgerechnet sie für ein so großes Label rekrutiert, will sich mir dann doch nicht ganz erschließen - immerhin gibt es genug Newcomer, die dem "Left Hand Path" folgen. Im jedem Fall ist dieser Auftritt aber ein würdiger Abschluss für den ersten Tag im Zelt auf dem Party.San Open Air.
Endseeker (Foto: Adrian) |
Goath (Foto: Adrian) |
"Eine Nuclear-Blast-Band im Zelt?", mag sich der eine oder andere Besucher
gedacht haben, als er auf das Billing geschaut hat und den Slot von THE SPIRIT entdeckt hat. Die Saarländer sind jedoch keine 08/15-Abziehbildchen (wie man sie leider häufiger bei diesem Label vorgesetzt bekommt), sondern eine Quadriga aus fähigen Musikern, die es verstehen die besten Bestandteile aus Black und Death Metal zu einer düster-obskuren Atmospherik-Suppe anzurühren. 'Cross The Bridge To Eternity' und 'The Clouds Of Damnation' sind dabei nur zwei Beispiele wie dicht und einnehmenend ihr Song-Writing ist. Ich bin wirklich gespannt wie sich diese junge Band noch weiterentwickeln wird.
The Spirit (Foto: Adrian) |
[Adrian]
Blood Incantation (Foto: Adrian) |
Ah, dieser Tent-Stage Death Metal ist doch jedes mal ein wundervolles Glücksspiel; fällt er flach und es erweist sich, dass die junge Band doch nur im Studio zu begeistern weiß oder erlebt man hier ein Feuerwerk der (Wahn)Sinne? Das BLOOD INCANTATION zumindest bei ersterer Instanz punkten können, hatten sie erst 2016 mit ihrem Killer "Starspawn" bewiesen, welcher nun in großen Teilen live präsentiert werden kann.
Glücklicherweise hat sich das Spiel gelohnt: Mit einem Old School Style, der sich seinen Namen hier wirklich verdient hat, grooven und hämmern sich die Amerikaner im Stil vergleichbar mit Klassikern wie denen MORBID ANGEL's durch ihre hier ausnahmsweise zu kurz anfühlende Spielzeit. Die dankbare Atmosphäre des ebenso dunklen wie prall gefüllten Zeltes ist dem dabei deutlich hilfreich; eine in rotes licht getauchte Bühnenpräsenz, hoch schreiende Gitarren und Riffs aus den achtzigern sind selten eine schlechte Idee. Mit einem Besuch bei BLOOD INCANTATION kann man definitiv nichts falsch machen.
[Sunny]
Am letzten Tag in Schlotheim geben sich ENGULFED die Ehre. Die Türken gehören für Kenner zu den Underground-Schätzen der letzten Death-Metal-Welle, die es im letzten Jahr auch endlich geschafft haben mit "Engulfed In Obscurity" einen Longplayer abzuliefern.
Dieser Dreher bietet eine ganze Menge Potenzial für ein spannendes Live-Set und die Herren vom Bosporus können aus dem vollen schöpfen. An diesem Nachmittag gibt es die geballte Ladung Todesstahl-Lava, die sich langsam erkaltend aus Boxen über die zahlreichen Zuschauer ergießt. Sicherlich nicht der abwechslungsreichste Gig des Wochenendes, aber dafür das Highlight der Death-Metal-Die-Hards.
Etwas leerer ist es dann bei OBSCENITY (zumindest anfangs). Die Oldenburger
fliegen allerdings schon etwas länger unter dem Radar. Seit fast drei Dekaden existieren die Niedersachsen in wechselnder Besetzung (einzig Drummer Sascha und Gitarrist Hendrik sind noch vom Gründeraufgebot übrig) und haben nie die ganze große Popularität in der Szene genießen können - ein Problem, das viele alte deutsche Todesblei-Truppen kennen. Aber wer wird sich denn von sowas unterkriegen lassen? Die Norddeutschen sind sehr gut aufgelegt und feiern ein amtliches Schlachtfest im Zelt. Der Slot zwischen PESTILENCE und TRIBULATION auf der Hauptbühne ist natürlich nicht ganz einfach, aber man erfüllt die Aufgabe mehr als ordentlich.
Obscenity (Foto: Adrian) |
Die letzte Band der Zeltbühne 2018 ist auch gleichzeitig die Beste. POSSESSION
ist eine Macht, vor allem on stage. Dekoriert mit Knochen, vielen Kerzen und Duftstoffen wird dieser Gig zu einem Erlebnis für sämtliche Sinne. Die Belgier sind zwar im Grunde auch nur ein Bastard aus Death und Black Metal, aber die Art und Weise, wie man hier Härte, Dichte und Brachialgewalt kombiniert ist außergewöhnlich. Hier verschwimmt jede Grenze und man verfällt während des Gigs geradezu in eine Hypnose, die es unmöglich macht seine Augen von der Bühne abzuwenden. Wenn jemals ein Bandname wie die Faust aufs Auge gepasst hat, dann bei diesen Herren! Der Fünfer ist der heißeste Kandidat für einen Auftritt auf der großen Bühne.
Possession (Foto: Adrian) |
[Adrian]
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