Live-Review: Party.San Open Air 2017 (Tag 1: Donnerstag)
Ja, ich weiß - das Party.San Open Air ist inzwischen einen Monat her und wir haben bisher neben einer Zusammenfassung und dem Bericht von der Zeltbühne nicht viel auf die Kette bekommen. Allerdings sollen die guten Dinge Weile bekanntlich brauchen, weswegen wir euch nun mit etwas Verspätung den Beitrag zum Donnerstag vom Party.San präsentieren - dem ersten Festivaltag!
Night Demon (Foto: Adrian)
Während das Wetter zu Beginn noch brav mitspielt gelingt es NIGHT DEMON aus Kalifornien mit ihrem Old School Heavy Metal spielend, für eine blendende Stimmung zu sorgen. Obgleich das Party.San traditionell eher im Zeichen extremerer Musik steht können sich die geneigten Zuhörer dem Charme von Gassenhauern wie 'Welcome To The Night' oder 'Black Widow' nicht entziehen. Und spätestens bei IRON MAIDEN-Cover 'Wasted Years' kann keiner mehr stillstehen. Das einzige Haar in der Suppe, das der Autor finden kann, ist das ich es manchmal etwas schade und fast schon feige finde, mit einem solchen 'Nummer-sicher''-Cover sich in guter Erinnerung halten zu wollen. Aber bei einem derart guten Song lassen wir das noch einmal durchgehen.
[Nezyrael]
Weiter geht es mit AZARATH und hier wird harter, schneller Blackened Death
Azarath (Foto: Adrian)
Metal angeboten. Das ist allerdings nur mittelmäßig interessant und beginnt schnell mich zu langeweilen. Die Musiker verstehen zwar ihr Handwerk und auch Fronter Marcin kann ebenfalls ordentlich keifen, aber es fehlt einfach der letzte Kick. Der Sound ist einfach zu generisch und das Schlagzeug zu sehr getriggert. Kurzum, die Polen spielen den typischen 08/15-BEHEMOTH-Mischmasch, den man so schon zig mal gehört hat. Solche Auftritte nutzt am Besten zur Nahrungsaufnahme oder zur Aufstockung des Alkoholspiegels.
[Adrian]
MISþYRMING: ein Wort, eine Verwirrung der Aussprache. Die Isländischen Black
Misþyrming (Foto: Adrian)
Metal Vertreter haben sich im vergangen Jahr mit ihrem gefeierten Zungenbrecher 'Söngvar elds og óreiðu' eindeutig einen Platz auf der Hauptbühne verdient und nehmen diesen nun rechtfertigt ein. Obwohl das miese Wetter wohl der düsteren Atmosphäre der Band zuträglich ist, scheint es einige von der Bühne selbst vertrieben zu haben, zumindest ist die Menge nicht so groß wie zunächst erwartet. Die Band straft diese Drückeberger allerdings mit einer extrem starken Komposition aus sehr dicht geschriebenen, abwechslungsreichen Black Metal in Richtung SVARTIDAUDI, welcher definitiv zu begeistern weiß. Auch wenn sich die Atmosphäre nicht wie geplant als Wand bündelt, sondern über den Flugplatz verteilt, weiß diese Band ihre Anhänger durch Musik und sogar dargebotenen Flammenwerfern an der Bühne zu begeistern. Die intensiven Kompositionen komplementieren die immer wieder eingestreuten dissonanten Riffs perfekt um so einen trotz allem klaustrophobischen Klang zu bieten und eine extrem ansprechende Show daraus zu weben. Eine der stärksten nordischen Bands der letzten Jahre und jedes mal sehenswert.
[Sunny]
GOD DETHRONED sind ebenfalls sehr sehenswert! Ich hätte das Gespann aus
God Dethroned (Foto: Adrian)
Benelux aber vorher gar nicht so stark eingeschätzt, denn ihre letzten Shows, die ich erlebt habe, konnten mich nur bedingt vom Hocker reißen. In Obermehler jedoch zieht der Vierer eine tolle Death-Metal-Show herunter, die sich zu meinem Favorit des Tages mausert. Die knackige Song-Auswahl (unter anderem mit dabei sind 'Villa Vampiria', 'Nihilism' und 'Boiling Blood') und die Pyro-Show sorgen dafür, dass die Stimmung durchweg auf einem hohen Niveau bleibt. Sänger Henri, der immer mehr aussieht wie Walter White aus Breaking Bad, ist außerdem ein echter Sympathieträger und gewinnt das Publikum mit einigen lockern Ansagen für sich. Mit 'Soul Capture 1562' geht dieser tolle Auftritt viel zu früh zu Ende.
Mantar (Foto: Linda)
Danach geht es weiter mit einer Band der Stunde! MANTAR reitet momentan eine Welle der Begeisterung und nutzt
die aktuelle Popularität für eine ausgiebige Präsenz auf Europas Bühnen. Das Duo kommt wie immer oben-ohne auf die Stage und steht sich beim Zocken duellierend gegenüber. Mein Nebenmann fragt sich noch ob es sich beim Drummer wirklich um Erinc handelt, denn der Bremer ist grauer und bärtiger als sonst. Allerdings verraten seine Tattoos, dass wir es hier mit angestammten Schlagwerker zu tun haben. Keinen Zweifel an seiner Identität lässt Klampfer und Schreihals Hanno. Der Hanseat sülzt mit seiner nordischen Schnauze die Zuschauer voll und freut sich, dass auf dem Party.San endlich Deutschlands beste Proleten und Säufer an einem Platz versammelt sind. Durch flapsige Sätze wie "Habt Ihr Bock auf Stress?" oder einer Flasche Whisky für die vorderen Reihe steigt die gute Laune bei den anwesenden Besuchern. Highlights der Setlist sind wie immer 'Cross The Cross' und das großartige 'Era Borealis' - diese Truppe muss man einfach lieben!
Notiz vorab: der Autor dieser Zeilen schreibt nur über diese Band, weil sich die anderen beiden Reporter nicht dazu haben breitschlagen lassen den Gig vom singenden Vorhang kommentieren zu wollen. ich persönlich finde die Schwarzmetall-Legion um Frontfrau Onielar ziemlich gleichförmig. Ich erkenne zwar an, dass ihre Soundwand äußerst massiv und fett ist, aber über die Distanz eines ganzen Konzerts hinweg kann mich das Präsentierte nicht bei Laune halten kann. Weswegen ich gegen Ende des Gigs auch relativ unbeeindruckt Richtung Tentstage abwandere. Diese Truppe nimmt sich selbst für Black-Metal-Verhältnisse viel zu Ernst und hat sich mit ihrem abgehobenen Gehabe inzwischen selbst überholt.
[Adrian]
Urfaust (Foto: Adrian)
Spätestens bei den Holländern von URFAUST ist dann aber Schluss mit lustig. Es beginnt zu schütten wie aus Eimern und innerhalb weniger Minuten ist man bis auf den letzten Winkel durchnässt, wenn man nicht schnell genug einen Unterstand oder Regenponcho findet. Und auch wenn eine solche Kulisse eigentlich passend zu der Stimmung einer derartigen Band ist, macht es die ganze Sache doch ein wenig unangenehm anzuschauen. Die Performance der Band ist wirklich hervorragend, aber mehr als zwei Songs stehe ich bei diesem Wetter nicht durch - bevor ich mich in trockenere Gefilde verziehe. Diese grob erste Hälfte des Sets ist allerdings wirklich phänomenal und kann in Ihrer atmosphärischen Dichte den Rest des Festivals nicht mehr getoppt werden.
[Sunny]
Wir begeben uns auf die Zielgrade am ersten Tag! Mit OVERKILL kommt einer der großen Namen des amerikanischen Metal auf die Bühne und nimmt damit
Overkill (Foto: Adrian)
die Rolle ein, die in den Vorjahren zum Beispiel auch schon von EXODUS oder OBITUARY übernommen wurde. Und mir fällt mal wieder auf, dass bei diesen altehrwürdigen Titanen aus den USA der Funke auf dem Party.San oft nicht zu 100% überspringen will. Es ist schwer in Worte zu fassen - denn auch auch wenn Bobby Blitz wie immer gut gelaunt mit dem Publikum kommuniziert (wobei er deutlich zu oft "Doitschlääänd!" in seine Ansagen einbaut - nach einer Weile nervt das nur noch), kommt die Thrash-Show einfach zu routiniert und einstudiert rüber. Spontan ist bei OVERKILL nichts mehr und das sage ich, nachdem ich die Band letzten Herbst zum erstem Mal live gesehen habe. Zwei gutes Aspekte hat der Auftritt dann aber doch: zum einen ist die Setlist wirklich stark besetzt (alte Klassiker und neuere Hits von 'In Union We Stand' über 'Rotten To The Core' bis hin zu 'Ironbound' sind vertreten) und zum anderen hört es währenddessen endlich auf zu regnen.
Als ABBATH seine Show wiederum beginnt, geht es weiter mit Wasser von oben. Zum Glück tröpfelt es zuerst nur, als der Norweger die Fackel rausholt und seine
Abbath (Foto: Adrian)
Feuerspuckkünste demonstriert. Es ist ein imposanter Anblick, wenn man im Fotograben steht. Allerdings kann sowas auch schnell unangenehm werden, vor allem dann wenn man Brennstoff ins Gesicht gespuckt bekommt. Lecker! Aber keine Sorge: der folgende Starkregen wäscht alle entstandenen Flecken umgehend wieder ab und treibt mich letztendlich auch ins Partyzelt, von wo aus ich den Rest des Auftritts beobachte. Musikalisch kann man nicht meckern! Die Song-Auswahl umfasst sowohl Stücke von Abbaths Solo-Album als auch alte IMMORTAL-Klassiker wie 'One By One' oder 'Tyrants'. Es wird mit
Abbath/ King OV Hell (Foto: Adrian)
'Warriors' sogar ein Stück von "Between Two Worlds" gezockt, wo Abbath und King bereits 2007 gemeinsam zu hören waren. Auch heute ist der ehemalige GORGOROTH-Basser bestens aufgelegt und stiehlt mit seiner coolen bis lässigen Performance dem eigentlichen Frontmann stellenweise die Show. Persönlich hat mich der Auftritt wirklich gepackt und auch trotz des Wetters unterhalten. Am nächsten Tag sollten übrigens alle, die den Auftritt gesehen haben, darüber disktutieren, wie die letzten Worte von Abbath auf der Bühne zu deuten waren. "I am Abbath, I am here to stay! I am IMMORTAL!" - War das bloß ein kleiner Seitenhieb mit Augenzwinkern oder eine deutliche Herausforderung an seinen alten Bandkollegen Demonaz, der inzwischen die gemeinsame Band IMMORTAL alleine weiterführt? Die Zukunft wird es zeigen - für heute allerdings gehen die Lichter on Stage aus - und viele Besucher feiern im Zelt bei Musik aus der Dose und Bier von der Theke munter weiter.
Weiter mit Live-Musik geht es wieder um 12 Uhr mittags. Dazu aber mehr im nächsten Teil unserer Reihe.
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