Montag, 13. Februar 2017

Live-Review: Profet und Purify - Live im Second Home Ennerich

Was ein großartiger Abend! Die Konzerte in der Kult-Kneipe Second Home in Ennerich sind ja immer ein Erlebnis, aber was Samstag nahe Limburg los war, lässt mich jede Sachlichkeit aus dem Fenster werfen. Das hessische Thrash-Doppelpack PROFET und PURIFY haben die gut gefüllte Dorfkneipe ordentlich zum Beben gebracht und alle Anwesenden einen denkwürdigen Abend beschert.
Als ich etwa zehn Minuten vor Acht am Eingang des Second Homes stehe und
Steggard von Profet (Foto: Adrian)
meine angefangene Zigarette zu Ende rauche (ich empfinde es als unhöflich mit brennender Zigarette irgendwo einzutreten) höre ich bereits die ersten Takte der Gießen-Grünberg-Connection alias PROFET. "Haben die schon angefangen?", fragt mich eine Gruppe Gäste, die ebenfalls gerade ankommt. "Nein, das ist nur der Soundcheck", kann ich die anderen beruhigen - denn noch Sekunden vorher kündigte die Band an, dass Sie noch nicht anfangen, sondern sich lediglich vorbereiten. Die Fluppe ist aufgeraucht und ich begebe mich ins Innere der dunklen Location, wo mich eine bereits stattliche Anzahl an Besuchern empfängt - die erste positive Überraschung des Abends. "Es ist acht Uhr! Das geht alles von eurer Zeit ab", wird PROFET wenige Minuten nach 20 Uhr halb im Scherz halb ungeduldig dazu aufgefordert die Bühne zu betreten, immerhin darf hier aus Lärmschutzgründen nur bis zehn Uhr Radau gemacht werden. Die Mittelhessen lassen sich jedoch nicht lange bitten
Steggard und Guido (Purify) (Foto: Adrian)
und legen direkt fulminant los. Das noch immer aktuelle Album "Torture Of Flesh" (inzwischen auch schon zwei Jahre alt) schlägt sich besonders deutlich in der heutigen Setlist nieder. Mit dem Titeltrack, 'Disciple Of God', 'Nations Fall' oder 'Warbringer' erkenne ich spontan vier Songs dieser Scheibe. Die Performance der Truppe ist wie immer sehr leidenschaftlich und Fronter Steggard mischt sich viel und gerne unters Publikum, um die Stimmung weiter anzuheizen. Allerdings ist es ein Jammer, dass der Sänger seine Haarpracht abgeschnitten hat. Zum Glück sind aber zumindest seine Growls, Shouts und Screams immer noch so voluminös wie eh und je. 

Entsprechend dieser stimmlichen Bandbreite befindet sich auch der Sound der Kapelle im steten Fluss und transzendiert zwischen seinen vier Polen, die von Thrash, Heavy, Death und teilweise auch Black Metal gebildet werden. Insgesamt läuft es heute wirklich rund bei den drei Herren und der Dame. Die
Tobias von Purify (Foto: Adrian)
beiden Gitarren ergänzen sich wunderbar, das Drum ist energiegeladen und das Auditorium hat enorm viel Lust auf harten Metal. Das Feld ist bestellt und die zweite Band des Abends braucht nur die Ernte einzufahren. Zumindest könnte man das meinen. Allerdings sind die Mainzer von PURIFY nicht die Typen, die sich auf irgendwas ausruhen. Die vier Thrasher aus der Fastnacht-Hochburg Mainz sind urige Typen und sorgen für einen Grad an Unterhaltung, der kaum zu toppen ist. Selten habe ich zwischen einzelnen Songs so sehr grinsen müssen wie bei diesem Quartett. Gerade Bassist Thomas und Sänger Tobias haben eine Chemie, die es nicht oft auf der Bühne gibt. Egal ob es um die Rivalität zwischen Darmstadt 98  und der Eintracht aus Frankfurt geht oder darum wessen Mutter billiger zu haben ist, man spart nicht mit markigen Sprüchen und hessischer Mundart. Besonders Fronter Tobias erinnert mit seinem lauten Organ und gemeinen Fresse an eine Mischung aus Gernot Hassknecht und Klaus Kinski. Göttlich! Ich
Ziemlich beste Freunde: Thomas und Tobias
von Purify (Foto: Adrian)
könnte allein über die Szenen zwischen den Songs und der damit einhergehenden Situationskomik Romane verfassen. Allein das Kinderlied 'Fuchs, du hast die Gans gestohlen' sorgt für Heiterkeit, das vom Publikum angestimmt wird (Hintergrund natürlich: der Eklat um das Limburger Glockenspiel) kurz bevor die Band 'Gunslinger' spielt. Das ist übrigens ein gutes Stichwort. Denn Musik haben die Herren vom Rhein natürlich auch gemacht. Die meiste Zeit über bleibt man dabei auch unfallfrei und zockt rasante Abrissbirnen wie 'Guinea Pig Apocalypse' oder 'Ravager' - allerdings verkackt das Quartett 'Hate Fuck Die' so hart, dass sie dieses Lied am Ende noch einmal gespielt werden muss. Jedoch muss ich sagen, dass man meinen könnte, dass solche Ausrutscher beabsichtigt sind, um sie in unterhaltsame Wortschlachten und Ansagen zu verpacken. Dieser Humor in Verbindung mit Thrash Metal der Marke EXODUS und OVERKILL, ausgereifter Gitarrenarbeit und einem Fronter, der dreinschaut als würde er Welpen frühstücken, sorgt dafür, dass am Ende noch zwei Zugaben zum Besten gegeben werden und ein begeistertes Publikum den Vierer amtlich abfeiert beziehungsweise gar nicht mehr gehen lassen will. Wie immer endet das offizielle Programm mit einer kurzen Dankesrede von der charmanten Second-Besitzerin Anja, die selbst ebenso kultig ist wie ihre Kneipe.

Ist ein Fazit an dieser Stelle überhaupt notwendig? Ihr solltet inzwischen verstanden haben, dass es mal wieder es ein verdammt genialer Abend in Ennerich war - auch wenn diesen Samstag die Stimmung besonders gut gewesen ist. Wer nicht dabei war, sollte sich schämen und sich bereits den nächsten Live-Termin in den Kalender schreiben, denn am 18. März werden DECEIVER und SHAVED CHEWBACCA für die nächste metallische Beschallung sorgen. Bis dahin versuche ich meine verlorene Sachlichkeit wiederzufinden.

[Adrian]

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