Sonntag, 15. November 2015

Live-Review: Ira Tenax, Undiluted & Sindustry - Elfer Club, Frankfurt

 Manchmal ist es wie verhext, da schustert man einen fan-freundlichen und attraktiven Konzertabend, der drei Bands aus dem Rhein-Main-Gebiet auf die Bühne des zentral gelegenen Elfer Clubs in Frankfurt-Sachsenhausen holt. Und dann kommt eine Konkurrenz-Veranstaltung wie ein Gig von FIVE FINGER DEATH PUNCH ebenfalls in die Stadt und gräbt einem das Wasser ab. Haben sich IRA TENAX, UNDILUTED oder SINDUSTRY davon beeindrucken lassen? Keineswegs, alle drei Bands machen mächtig Stimmung und feiern zusammen als wäre man auf einem großen Open Air.
Fangen wir aber vorne an. Obwohl es Freitag ist und mit drei Kapellen das Billing überschaubar ist, startet das Konzert bereits kurz nach halb acht. Der Grund ist beim Elfer Club selbst zu finden. Denn bereits kurz vor 23 Uhr soll hier heute Schluss sein, damit bereits eine halbe Stunde später eine Drum'n'Bass-Disko starten kann. Da rümpft zwar jeder Metaller erstmal die Nase, aber sei es drum.
Sindustry (Foto: Adrian)
SINDUSTRY übernehmen den unangenehmen Slot des Openers und spielen vor etwa zehn bis 15 Besuchern ihr Set herunter. Spaß haben sie dennoch, denn die Frankfurter kommen gerade aus dem Studio und werden Anfang nächsten Jahres ihre neue EP veröffentlichen. Außerdem ist Sänger Andreas gut gelaunt und sehr kommunikativ und sucht immer wieder den Dialog mit den wenigen Besuchern vor der Bühne. Ich persönlich verlasse ein paar Mal den Saal, um lieber meiner Nikotin sucht zu frönen oder mich mit den anderen Bands zu unterhalten. Denn auch wenn auf dem Plakat etwas von "progressivem Heavy Metal" steht, muss ich gestehen, dass ich davon nichts mitbekomme. Im Grunde klingt das, was SINDUSTRY macht nach der Art von Metal, die ich vor etwa zehn Jahren auf Dorffesten und Kirmes Rock-Nächten gehört habe. Ich meine diese Bands, die sich nicht direkt auf ein Sub-Genre festlegen wollten und meist vor den eigenen Freunden und Bekannten relativ unbeachtet im Bierzelt spielten bevor die örtliche Pop-Rock-Cover-Kapelle mit Hits wie 'Westerland' und 'Tage wie diese' das Highlight der Kerb dargestellt hat. Die heutigen Lokalmatadore spielen eine gut gemachte wenn auch gewöhnliche Mischung aus Groove, Stoner und Modern Metal, die mit einer kehligen James-Hetfield-Stimme versetzt wird. Alles ganz nett, aber eben nicht außergewöhnlich. Auch wenn man neidlos anerkennen muss, dass die Jungs ihre Instrumente bedienen können. 
Danach wird es interessanter. Die Limburger von UNDILUTED spielen nämlich
Wolf von UNDILUTED (Foto: Adrian)
eine brachiale bis melancholische Version von Doom Metal, die durch ihre uniformierten Army-Outfits optisch passend ergänzt wird. "Wollt Ihr den totalen Doom!", fragt Gitarrist und Sänger Hanzi das Publikum gleich zweimal und wird beim zweiten Mal etwas lauter, um die inzwischen etwa 25 bis 30 Gäste anzuheizen. Überraschend laut für eine so kleine Crowd fällt die Antwort aus, die in Form von Jubel ausgedrückt wird. Langsam, mit tief gestimmten Riffs und grollenden Vocals walzen sich die Domstädter durch ihren Gig und begeistern die anwesenden Gäste, von denen gerade weiter vorne einige ihre Birnen zu Songs wie 'Frozen Serenity' oder 'World's End' schütteln. "Geht's Euch gut?", wendet sich Hanzi Mitte des Auftritts an die Zuschauer und erhält erneut deutlichen Jubel als Antwort. "Dann ändern wir das jetzt!", fügt er darauf scherzend hinzu und man lässt mit 'The (Final) Dawn Of The Centuries' die Wände wackeln. Den Leuten gefällt es und das wiederum gefällt der spielenden Gruppe, die mehrmals betont, dass trotz der wenigen Zuschauer, so viel Stimmung gemacht würde als seien 1.000 Mann anwesend. Ein Hexenkessel ist es zwar nicht, aber den findet man generell nicht auf Doom-Konzerten vor (auch nicht bei den ganz großen der Szene). Besonders spannend wird es am Ende, zum letzten Song 'Sorrows' Gast-Sänger Dimitri (von LEBENSWINTER, wo auch UNDILUTED-Saitenhexer Wolf ebenfalls die Gitarre bedient) auf die Bühne gebeten wird und das Mikro übernimmt. Sein schwarzmetallischer Keifgesang passt wunderbar zu den schweren und depressiven Melodien dieses Stücks. Mit diesem exzellenten Beitrag endet der Gig der Westhessen, der allen Besuchern wirklich eine Menge Freude bereitet hat, was sich in dem abschließenden Applaus äußert.
Passend zum Headliner wird es erneut voller im Elfer und nun sind schätzungsweise 50 Zuschauer im Konzertsaal, während IRA TENAX aus Hanau seinen melodisch thrash'igen bis knüppelharten Death Metal von der Bühne
Ira Tenax (Foto: Adrian)
schallen lässt. Die Herren sind echte Sympathiebolzen und vor allem Martin, der hünenhafte, bärtige Sänger, ist ein echt starker Entertainer, der eben mehr kann als nur gute Growls und Grunts abzufeuern. Ein schönes Beispiel ist zum Beispiel die Szene als er ein ehemaliges Bandmitglied auf die Stage holt und von 2004 schwadroniert, als dieser noch in der Band gewesen war. In diesem Zusammenhang kann sich Martin einen Seitenhieb gegen seinen Gitarristen zu seiner Rechten nicht verkneifen. Denn dieser sei damals wohl erst elf Jahre alt gewesen (was rein äußerlich hinkommen könnte). Auf die nicht ganz ernst gemeinte Frage ob sein alter Kumpel heute vielleicht mitspielen will, lehnt dieser dankend ab und meint, dass ihm das zu schwer sei. Zurück zur Musik: besonders viel Spaß machen mir die härteren Songs (hier ist der Rausschmeißer 'Blasphemy' eine extra Erwähnung wert). Andere Tracks wie 'Haunted' legen dafür mehr Wert auf Groove beziehungsweise zeigen sich wie ein Titel á la 'End Of Days' von einer mehr melancholischen Seite. Aber egal was gezockt wird, die fünf Musiker sind sehr agil und bewegen sich zu jedem Stück sehr ausgiebig und heizen damit die Atmosphäre auf. Da kann man auch schon mal ins Schwitzen kommen und so 
spielt Fronter Martin die letzten Songs oben ohne. Im Gegensatz zu vielen anderen Musikern kann er sich das auch erlauben und präsentiert sich durchtrainiert und muskulös. Insgesamt eine großartige Vorstellung, die auch durch den intimen Rahmen nicht geschmälert wird. 
Überschattet wird der Abend natürlich von den Anschlägen in Paris, von denen auf dem Konzert noch niemand wissen konnte. Erst hinter her erfährt man, dass über 100 Menschen, die zeitgleich auf einem Gig der Band EAGLES OF DEATH METAL in der Hauptstadt Frankreichs gewesen sind durch eine brutale Attacke von Terroristen ums Leben gekommen sind. Es ist schwer das Ganze in Worte zu fassen. Deswegen nur soviel von unserer Seite: es sind Momente wie diese in denen wir näher zusammen rücken sollten, statt uns durch Hass und Angst von einander zu entfernen, denn dann hätte der Terrorismus tatsächlich sein Ziel erreicht. Unser Mitgefühl ist bei allen Opfern und Angehörigen. 

[Adrian]

1 Kommentar:

  1. Na da hat sich wohl jemand den Musikgeschmack totgehört ;-)

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