Montag, 23. Februar 2015

Unerhört: Hotel Greulich "Demo 2014"


Manche Promos erfordern extreme Maßnahmen. Im Fall von HOTEL GREULICH passt nämlich das Tag "Tape gehört" trotz MC-Release nicht und muss in die Beschreibung "Unerhört" umgetauft werden. Denn ihre "Demo 2014" dauert nicht wie man es von den meisten Demos kennt 15 bis 20 Minuten, sondern nimmt rund eine Stunde Spielzeit in Anspruch, die sich auf 25 meist kurze Tracks verteilt ist. Bezeichnet wird das Ganze als Black Metal. Wie verwirrend diese Kategorisierung ist, werden wir in der Folge aufzeigen.

Der Name ist alles andere als schwarzmetallisch, auch die Bandfotos lassen nicht vermuten, dass man es hier mit Schwarzwurzeln zu tun hat und Liedtiteln wie 'Parkplatz' und 'Stromausfall' ist dann auch nichts mehr hinzuzufügen.

Zumindest teilweise klingt das Material wie Black Metal. Auch wenn man es hier meist mit chaotischem Geballer zu tun hat, dass aus der Symbiose von Kassettenrecorder der Marke Fisher Price und Proberaum-Romantik entstanden ist. Struktur, tiefsinnige Texte (ich sag nur "Scheiße im Abfluss", Zitat aus 'Visionen der Nacht') oder Fingerspitzengefühl sucht man hier vergeblich. Das ungemixte und meilenweit von einer Produktion entfernte Liedgut kratzt in den Ohren und schneidet wie eine Rasierklinge ist das Fleisch des eigenen Innenohrs. "Zwischenspiele" sie 'Zimmernummer 201' oder 'Übernächtigt' sind da willkommene Atempausen bei diesem punkigen Ritt durch die Abgründe eines endlosen Fiebertraums. So bescheuert der ganze Release an sich auch sein mag, ab und zu lassen die drei Alpenländer, dann doch mal durchblicken, dass ihnen die Musik nicht komplett gleichgültig ist. Denn 'Nulldreihundert' beispielsweise (so schlecht es auch aufgenommen ist) zeigt zumindest, dass die Schwerzenbacher zumindest theoretisch guten Black Metal machen könnten, es aber ganz offensichtlich nicht wollen und sich die meiste Zeit ziemlich lustig über dieses Genre machen. 'Leere Gänge' ist zum Beispiel ein deutliches Augenzwinkern in Richtung BURZUM und dessen Ambient-Veröffentlichungen, genauso wie sich 'Dunkelheit steigt herab (Schroff)' über die typischen Klangteppiche lustig macht, die in vielen Variationen im Black Metal genutzt werden, hier klingt die Gitarre nämlich als würde man die Saiten mit einem Käsehobel bearbeiten! Keine Ahnung was die drei Eidgenossen im Proberaum geraucht haben, aber sie sollten aufpassen, dass sie nicht darauf hängen bleiben. Oder sind sie es bereits? Bei dem kranken Gestöhne in 'Scheisse, endlich tot' würde es mich nicht wundern, dass genau dies eingetreten ist!


Laut Bandbeschreibung entstanden die 25 Tracks zwischen 2012 und 2014 bei Jam Sessions im eigenen Proberaum und wurden dort live und lediglich einmal aufgenommen. Das glaube ich den drei Psychos aufs Wort! Ich bin gerade bei Track 19 und fühle mich schon fix und fertig. Das ist selbst für Brutal Death und War Metal erprobte Ohren über weite Teile einfach nur schriller Lärm, den man sich maximal einen Durchlauf lang antun kann. Völlig betrunken und auf Acid kann man sich diesem Wahnsinn vielleicht zusammen mit guten Freunden nachts um drei hingeben, während man versucht nicht in die Topfplanzen zu kotzen. Unter normalen Umständen, ist HOTEL GREULICH jedoch eine (wohl nicht ganz ernst gemeinte) Kuriosität, die besser im MC-Regal liegen bleibt. Lediglich die Aufmachung stimmt. Denn mit dem Bandfoto auf dem Cover und dem traditionellen Layout sowie der Vintage-Kassette sieht dieser Release zumindest schick aus. Außerdem gibt es nur 50 Stück von der "Demo 2014", was verzweifelte Sammler vielleicht darauf spekulieren lässt, dass man n Zukunft unter Umständen mal ein begehrtes Sammlerstück besitzen wird. Dass diese kranke Schwarzmetall-Parodie aber jemals in die An(n)alen der Musikgeschichte eingehen wird, bleibt abzuwarten. Andere Black-Metal-Spaßbacken wie WINTERSCHISS oder TRUEVIL haben es auch nie über Demo-Status hinausgeschafft und es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn das bei HOTEL GREULICH anders wäre.
Mutige wenden sich direkt an die Band oder an Meatgrinder Records, um eines dieser Tapes zu ergattern.

[Adrian]

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