Passend zum Song Of The Day von gestern, gibt es heute ebenfalls einen Titel, den ich ebenfalls als Teenager im selben Zeitraum entdeckt habe und der genauso wichtig für die Bildung meines heutigen Geschmacks gewesen ist. Es handelt sich dabei um NAPALM DEATHs 'Greed Killing'.
Wie bereits gestern erwähnt, war ich damals noch nicht der größte Fan von Death Metal und Grindcore und stand er auf klassischen und melodischen Krempel. Das lag vornehmlich daran, dass ich oft einfach die falschen Songs zum Einstieg gehört hatte. So geriet ich, als ich mich erstmals mit Death Metal auseinandersetzte an SIX FEET UNDER und zu allem Überfluss testete ich auch noch ihre schwächeren Stücke an.
'War Is Comming' hat nämlich nicht wirklich das Potenzial einen Teenager mit Todesblei anzufixen. Zu langsam, zu tief und zu stumpf war mir das ganze Genre damals einfach und erst der Kontakt mit den Briten änderte meine Meinung.
Klar, NAPALM DEATH sind eigentlich eine Grind-Band und haben das Genre ja sogar mit erfunden, aber speziell ihr "Diatribes"-Album ist vielmehr ein Hybrid aus Hardcore, Grind und Death Metal und gerade dieser Mix war es, der mir den Einstieg in den Death Metal und Grindcore erleichterte. Zugegeben, "Diatribes" ist nicht das stärkste Napalm-Album unter der Sonne (im Gegenteil: eigentlich ist es ziemlich öde), aber allein 'Greed Killing' rechtfertigt die Existenz dieser Scheibe. Ein schneller Beat, ein eingäniger Rhythmus und toll gegrowlte Shouts. Lustig ist dabei die Tatsache, dass ich früher Barneys Vocals generell immer missverstanden habe und aus dem Refrain 'Not now, then when?' den deutschen Satz 'Lass das stehen!' gemacht habe.
Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen ist mir der Titel im Kopf geblieben und obwohl ich inzwischen die Frühphase der Band und insbesondere die ersten vier Alben bevorzuge, ist 'Greed Killing' noch immer einer meiner liebsten Napalm-Tracks.
Herausgekommen ist das Album "Diatribes" übrigens im Januar 1996 (die "Greed Killing"-EP erschien zwei Monate zuvor) und kam in einer sehr unruhigen Zeit der Band heraus. Mitte der Neunziger war der Todesstahl-Boom der späten Achtziger und frühen Neunziger vorbei und der Staffelstab wurde vom aufkommenden Black-Metal-Hype übernommen. Die meisten Major-Labels, die kurzzeitig Bands wie CARCASS und ENTOMBED gesignt hatten, waren außerdem aufgrund nicht erfüllter Erwartungen auch fertig mit dem brutalen Subgenre. NAPALM DEATH hatten darüber hinaus auch noch interne Probleme und die temporäre Trennung von Vokalist Barney Greenway warf bereits ihre Schatten voraus. Zu viele Touren und einige Unstimmigkeiten mit Earache, die Jahre später in der Folge zur endgültigen Trennung der einstigen Weggefährten führen sollte, machten der Gruppe ebenfalls zu schaffen. So ist "Diatribes" auch vielmehr das Spiegelbild einer Periode von Napalm, in der viele in- und externe Kämpfe auszutragen wurden, die der Qualität des Albums nicht zuträglich waren. Weswegen ich den Erwerb des Album auch nur im Rahmen des Earche-Boxsets empfehlen kann, das neben "Diatribes" auch mit einem Live-Album "Bootlegged in Japan" und der "Greed Killing"-EP aufwarten kann. Wer es noch komprimierter haben will, kann sich auch die großartige Live-Scheibe "Puinishment In Capitals" von 2003 oder die im selben Jahr veröffentlichte "Noise for Music's Sake"-Compilation holen, wo man 'Greed Killing' jeweils auch findet. Im Grunde ist es aber auch egal, was man sich holt, denn sowohl live als auch als Studioversion funktioniert 'Greed Killing' wunderbar. Etwas schade ist da nur, dass bei beiden Napalm-Gigs, die ich in den letzten drei Jahren besucht habe, jeweils nicht den thematisierten Track hören durfte. Vielleicht klappt es ja dafür beim nächsten Mal.
[Adrian]
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen