Die Auswahl der Bands Of The Week rekrutierte sich bisher fast ausschließlich aus dem Death und Black Metal beziehungsweise Grindcore. Jetzt wo es aber langsam aber sicher auf Weihnachten zugeht, wird es mal Zeit etwas besinnlichere Töne anzuschlagen. Deswegen bekommt ihr diesmal mit GRAI ein wenig russischen Folk Metal auf die Ohren.
Bei den meisten Metalheads wecken die Worte "Russland" und "Folk Metal" sofort die Assoziation mit den osteuropäischen Shooting-Stars ARKONA. Das ist hier auch gar nicht mal so verkehrt, denn auch GRAI setzen wie die Genre-Kollegen auf Frauengesang. Allerdings nutzen sie gleich mehrstimmige Female-Vocals und gehen auch etwas gemäßigter Weise zu Werke. "O Zemle Rodnoy (About Our Native Land)" ist ein sehr folkiges Album mit viel Einsatz von Flöten und folkloristischer Percussion, was doch sehr viele Vergleiche mit den typischen Gruppierungen aus Finnland zulässt. Jedoch klingt der musikalische Mix der Russen wesentlich ernsthafter und authentischer als es zum Beispiel TURISAS tun.
'Zimnaya Skazka (A Winter Tale)' ist eine ruhige Ballade, die es aber auch nicht nehmen lässt durch drückende E-Gitarren den Energie-Level dieses Werks hochzuhalten.
Die Songtexte sind wie für das Genre üblich in der Landessprache gehalten und auch wenn man nicht direkt etwas versteht, vermitteln doch die Instrumente und der stimmungsvolle Gesang die passende Atmosphäre. So ist es auch nicht überraschend, dass 'Vesna (Spring)' eine lockere und beschwingte Ode an den Frühling ist.
den Ohrwurmfaktor haben allerdings alle Songs gemeinsam. Die flotten Melodien gehen herrlich in den Gehörgang und haben nicht dieses dudelnde Nervensägen-Potenzial wie etwa die ganzen Dudelsack-Vergewaltiger (GRAI setzen zwar gelegentlich auch Backpipes ein aber übertreiben es nicht maßlos). Im Gegenteil, die Klänge der Flöten verbinden sich wunderbar mit den preschenden Riffs, wie es auf anderer Weise auch schon bei SVARTSOT der Fall war, wobei der Titel 'Leshak' mit seinen tiefen männlichen Vocals, die neben den üblichen Frauenstimmen eingesetzt werden, schon den Vergleich mit den genannten Dänen zulassen. Mehr noch erinnern GRAI mit männlichem Gesang an die Balten SKYFORGER, die sicherlich auch einen gewissen Einfluss auf den Sound der Gruppe gehabt haben dürften.
Ständig verwenden sie das maskuline Grollen zwar nicht, dafür ist es umso effektiver wenn sie es tun. Bei 'Plach o dolyushke (Lament about The Lot)' kann sehr schön sehen was für eine Spannung entsteht, wenn man sanfte Melodien und fiese Grunts nebeneinander stellt. Eine Übergewicht gewinnen die fiesen Extreme-Metal-Anteile aber insbesondere gegen Ende des Albums und erreichen ihren Klimax in dem weitestgehend recht derben Stück 'Voin hrabryi, Yasnyi Sokol (Brave Warrior)'.
Alles in allem sind GRAI für alle Fans der momentan etwas abebbenden Pagan Welle ein Lichtblick am Ende des Humpaa-Metal-Tunnels und bringen wieder etwas Ernsthaftigkeit in den zur Bierzelt-Kultur verkommenen Folklore Metal. Wer ARKONA mag und SKYFORGER liebt ist mit "O Zemle Rodnoy ( About Our Native Land)" gut bedient und kann es bedenkenlos auf seinen Weihnachtswunschzettel setzen.
[Adrian]
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