Freitag, 15. April 2022

CD-Review: Scalpture "Feldwärts"

Ich hatte es ja schon im Review zu HAGALAS erwähnt gehabt. Auch wenn es im Metal (und besonders im Death Metal) völlig normal ist über Kriege zu singen, bewertet man solche Lyrics und Thematiken dieser Tage noch einmal anders als man es noch vor wenigen Monaten getan hätte. Vor allem dann wenn eine Band nicht abstrakt, sondern wie SCALPTURE über konkrete historische Geschehnisse singt. Wie auch schon auf der letzten Scheibe geht es nämlich auf "Feldwärts", um den Ersten Weltkrieg und seine vielen Schrecken, die aktuell wieder unangenehm realistisch erscheinen. 
Die Auseinandersetzung mit dem Drittwerk der Ostwestfalen lohnt sich aber nicht nur wegen dem inhaltlichen Konzept. Auch aus musikalischer Hinsicht ist dieser Klopper sehr interessant. Denn man huldigt hier auch Todesblei-Ikonen, die teilweise selbst zum Death-Metal-Revival zu zählen sind. Dazu aber mehr im weiteren Verlauf. Vorher habe ich noch ein paar Eckdaten für
euch. Das genannte Album umfasst neun Songs, die es insgesamt auf etwa 38 Minuten Spielzeit bringen. Da man wirklich sehr direkt einsteigt und keine lange Vorrede benötigt, ist die Laufzeit auch absolut in Ordnung. 'To End All Wars' fällt mir da zwar persönlich etwas zu sehr mit der Tür ins Haus. Das ist zwar vorrangig eine geschmackliche Frage, trotzdem hatte ich beim ersten Durchlauf das Gefühl das Album mittendrin anstatt mit dem ersten Titel angespielt zu haben. Ein weiteres Problem des ersten Durchgangs ist, dass man gar nicht wirklich dazu kommt das Kopfkino anzuwerfen. Natürlich kann man, wenn man die Lyrics mitliest und sich die Artworks anschaut schon verstehen welche Bilder erzeugt werden sollen. Allerdings bin ich ein großer Fan davon mit einzelnen eingespielten Zitaten historischer Akteure o
der typischen Schlachtfeldgeräuschen wie Sirenen oder ähnlichem zu arbeiten (mehr relativ  cleane, deutsche Ansagen wären wünschswert gewesen, die das inhaltliche Konzept erklärend bereichern wie es in 'The Road Back' zum Beispiel auch der Fall ist) - man kann und sollte die Anspielungen selbstverständlich dezent halten und es nicht ausufern lassen (ansonsten kann man ja direkt in den Jagdgründen von FEINDFLUG wildern). Der Kenner werden zwar keine Probleme haben die stilistische Nähe zu Truppen wie HAIL OF BULLETS oder BOLT THROWER herauszuhören, aber wenn jemand gedankenverloren und ohne große Vorkenntnisse in das Album reinhört, dann ist es nicht unmöglich dass das lyrische Konzept völlig unbemerkt am Hörer vorbeigeht. Das muss zwar nichts schlimmes sein, denn man kann mit den Tracks, die sich immer irgendwo zwischen Death Doom und Old-School (Melodic) Death Metal bewegen, auch so eine Menge Spaß haben. Allerdings lohnt es sich auf das zu achten, was die an Martin van Drunen erinnerenden Vocals zu sagen haben. Sogar die Sprache wird zwischen den Songs beziehungsweise den Strophen immer wieder gewechselt (Neben Englisch kommen auch Passagen auf Deutsch und Französisch vor). 
Alles in allem ist "Feldwärts" eine Scheibe, die es verdient aufmerksam gehört zu werden. Anders als andere Bands, die sich mit den Weltkriegen beschäftigen, binden euch die Bielefelder nämlich das Grundthema nicht so plakativ auf die Nase, so dass auch der letzte Wehrdienstverweigerer versteht, worum es eigentlich geht. Mehrere Durchläufe sind hier eigentlich Pflicht, wenn man nichts verpassen will. Nichtsdestotrotz treffen SCALPTURE immer den richtigen Ton und fangen ähnlich wie die beiden oben genannten Referenzbands jene Stimmung sehr gut ein, die auch (Anti-)Kriegsfilme versuchen zu vermittlen. Persönlich hätte es für mich ruhig etwas plakativer sein dürfen und auch die Verneigung vor ASPHYX hätte auch nicht so tief sein müssen, aber diese sehr subjektiven Kritikpunkte schmälern nicht den positiven Gesamteindruck. Kurzum, wenn ihr Lust auf eine Geschichtsstunde habt, die von Growls und tiefen Gitarren dominiert wird, dann seid ihr hier genau richtig. Hier wird auf mehr als nur einer Ebene geballert!
Seit dem 08.04.2022 bekommt ihr die CD und die LP bei F.D.A. Records.

7.5 von 10 Punkten

[Adrian]

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