Sonntag, 17. Januar 2021

Reingehört: Hovert "Omyt"

D.S.B.M. - vier Buchstaben, die vor etwas mehr als zehn Jahren Black-Metal-Gruppen spalten konnten. Für die einen war dieser hochemotionale und atmosphärische Spross der wachsenden Schwarzwurzelverästelungen die innovative Marschrichtung, der es in den den frühen 2010ern zu folgen galt, für die anderen war es dilettantisches Rumgejammer von verkappten Emos, die gestern angefangen haben eine Gitarre in die Hand zu nehmen. Wie so oft liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen und es gab sowohl Perlen als auch Ausschuss innerhalb dieser Bewegung. In welche Kategorie sich das russische Soloprojekt HOVERT mit seinem Album "OMYT" einsortiert werden wir in diesem Beitrag klären.
Als ich die dritte EP von Alever (so heißt die Person hinter der Ein-Mann-Kapelle) in meinen CD-Player werfe, bin ich sehr gespannt, was mich erwartet. Die Aufmachung der CD gefällt mir extrem gut. Ich mag das Digipak und die monochrome

Schwarzweiss-Optik sowie das einfach und klar gehaltene Motiv. Als der Opener 'Antinatalism' startet wird mir klar, dass ich hier nicht die herausragendste Produktion vor mir habe. Denn auch wenn die Gitarren und die sphärischen Effekte stimmig eingefügt wurden, klingt das Drumming ein wenig unausgewogen und will sich nicht so ganz in den Gesamtmix einfügen. Da hätte man noch ein wenig am Mastering feilen dürfen. Dafür bin ich mir wiederum ziemlich sicher, dass es sich um ein physisches Schlagzeug und keine Programmierung handelt - zumindest wird mit Dismal ein Gast-Drummer in den Credits erwähnt. Per se erstmal ein Pluspunkt! Ebenfalls 
auf dem Case erwähnt werden sechs Titel , wo bei es eigentlich nur drei unterschiedliche Kapitel gibt ('Antinatalism', 'Pendulum' und 'Omyt'), die jeweils in zwei Parts aufgeteilt werden (einem langen Song und einem vergleichsweise kurzen Stück). Deswegen wird die CD im Promo-Zettel wahrscheinlich auch als "EP" bezeichnet. Denn mit mehr als 37 Minuten Spielzeit ist man eigentlich fast lang genug um als Album durchzugehen - aber dies zu beurteilen obliegt dem Künstler selbst. Lob auch noch einmal an Alever was die Instrumentalisierung angeht. Neben den klassischen Aufgaben eines Solo-Musikers (also Gitarre, Bass und Gesang einzuspielen) setzt er nämlich auch auf den Einsatz von Keyboard- und Cello (!) - diese Elemente ergeben auch ein wirklich sehr bedrohlich dichtes und gleichzeitig angenehm melodisches Gesamtbild. Allerdings gibt es noch einen Stolperstein für mich: den Gesang! Der ist einfach Geschmackssache. Und selten habe ich das so Ernst gemeint wie hier. Denn dieses gequälte Gejaule, das zu den Trademarks des DSBM gehört, liebt man oder man hasst es. Ich persönlich bevorzuge generell die konventionellen Black-Metal-Vocals und besonders auf dieser Platte macht mir der leidende Gesang schwer zu schaffen. Aber kann ich das der Band wirklich vorwerfen? Oder anders gesagt: kann man Musiker dafür kritisieren, dass sie sich im Erwartungshorizont eines Subgenres bewegen? Eine Rose bleibt eine Rose bleibt eine Rose... und so weiter. Genauso steht DSBM eben auch für diese Art von gequältem Gesang, aber schön hören kann ich mir das trotzdem nicht. Zum Glück gibt es auch immer wieder Songs die instrumentallastiger sind und wo ich dieses Gewimmer vergessen kann. 
Alles in allem ist "OMYT" eine Platte für DSBM-Liebhaber und wenn man Bands wie SILENCER oder HAPPY DAYS feiert, dann wird man auch mit HOVERT glücklich werden können. Der verbesserungswürdige Mix (gerade was die Drums betrifft) und die polarisierenden Vocals machen es nicht-eingeweihten Black-Metal-Fans schwer Zugan zu finden, obwohl der Einsatz von Keyboards und Celli diese Scheibe durchaus von der allgemeinen Release-Flut abhebt. Kurzum, gute Ansätze sind vorhanden, aber die genannten Punkten machen es für mich schwer die CD noch einmal hören zu wollen. Wie es aber in der Natur des Skorpion liegt zu stechen, so kann man es einer DSBM-Band nicht vorwerfen, dass sie schmerzerfüllt jault und nicht so viel Wert auf eine HiFi-Produktion legt. DSBM spaltet also nach über zehn Jahren immer noch die Gemüter.
Seit 31.10.2020 könnt ihr das auf 500 Stück limitierte Digipak bei Talheim Records abgreifen.

[Adrian]

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen