Samstag, 18. März 2017

Live-Review: Vidargängr - I I - Halphas

Die Zeremonie der Schatten liegt noch keinen Monat zurück und schon steigt die nächste Schwarzmetallfete in Hofheim. Die schwarze Loge hat erneut eingeladen und wieder hat sich die regionale Szene im Jazzkeller eingefunden, um der aktuellen Tour von VIDARGÄNGR die Ehre zu erweisen. Unterstützt werden sie dabei von I I und HALPHAS.
Freitag, 20:30: Bereits eine handvoll Besucher hat sich vor dem Konzertclub im
Halphas (Foto: Adrian)
Taunus eingefunden und wartet auf Einlass. Im Keller herrscht zwar schon geschäftiges Treiben und HALPHAS sind auch schon beim Soundcheck, aber besetzt ist die Abendkasse noch nicht. Mit einer Verspätung von etwas mehr als zehn Minuten darf man ins Innere und sich mit Bier und anderen Alkoholika versorgen ("Vier Wodka in einem Glas!" ist zum Beispiel eine Bestellung die der ungläubige Wirt zu hören bekommt). In Anbetracht der Tatsache, dass am nächsten Tag das Black-Metal-Tagesfestival Speyer War Mass stattfindet und auch im benachbarten Flörsheim Extreme-Metal-Kapellen spielen, haben sich erstaunlich viele Zuschauer hier eingefunden. Als die erwähnten Domstädter starten, sind schon nach Angaben des Veranstalters über 60 zahlende Gäste eingetroffen. Ein gutes Ergebnis sei das für einen Freitag. Der Chef der Schwarzen Loge scheint zufrieden zu sein und empfiehlt mir die erste Band nicht zu verpassen. Bei HALPHAS stehe nämlich viel neue Musik auf der Setlist und das Material vom kommenden Album sei richtig stark. Er vergleicht es atmosphärisch mit DISSECTION und BATHORY und in vielen Belangen muss ich ihm Recht geben. Die Mainzer fackeln ein ganz schönes Schwarzmetall-Gewitter ab. Stimmungsvoll hat man die Bühne mit Baphomet und Schädel auf einem kleinen Altar geschmückt und wandet selbst wie immer in Nieten und Corpsepaint. Der Auftritt ist kurzweilig und verbreitet gute Stimmung. Ansagen gibt es zwar keine, aber darauf verzichtet im Underground Black Metal inzwischen ohnehin fast jeder. Dennoch lassen es sich die Zuschauer nicht nehmen den lokalen Support ordentlich zu bejubeln.
Ein guter Auftakt für den weiteren Abend.
Als nächstes sind INFERNAL INVOCATION (die stets nur I I abgekürzt werden)
I I - Infernal Invocation (Foto: Adrian)
an der Reihe. Die Sachsen teilen sich mit dem Headliner nicht nur die geographische Herkunft, sondern auch den Gitarristen (S.B. genannt), der bei I I allerdings auch ein paar Vocals beisteuert. Der Soundcheck gibt bereits einen Vorgeschmack, was man zu erwarten hat. Raw War Black Metal lautet die Marschrichtung und die verfolgt man konsequent von der ersten bis zur letzten Note! Das Schlagzeug trümmert brutal und schnell dahin, so dass man sich lieber nicht ohne Gehörschutz nach vorne wagt. Hier gibt es auf jeden Fall keine Schnörkel. Das Liedgut verpasst den Zuschauern gleich mehrere Hiebe in die Kauleiste, aber genau danach scheinen sich viele Besucher heute im Jazzkeller zu sehnen. Die Nacken Wippen zustimmend mit und weiter vorne zeigen sich sogar ein paar Metaller besonders begeistert - so werfen sie sich gegenseitig quer durch den Raum (allerdings bleibt es heute insgesamt viel zivilisierter als noch bei der Zeremonie der Schatten). Natürlich gibt es auch hier wieder keine Ansagen, aber dafür umso mehr Nebel - soviel, dass man zwischenzeitlich kaum die Hand vor Augen erkennen kann. Man fühlt sich wie in der Hölle - aber das ist beim Black Metal gewollt und gut so. Bei diesem Flächenbombardement gibt neben viel Gemetzel auch eine Menge tolle Rhythmen und versteckte Melodien, die I I wirklich interessant werden lassen. 
Danach dauert es erneut eine Weile bis es weitergeht. Der Aufbau von 
Vidargängr (Foto: Adrian)
VIDARGÄNGR verläuft nicht ganz wie geplant, da eine Monitorbox nicht richtig klappen will und so erst nach 24 Uhr gestartet werden kann. Das ist schlecht - denn ich sehe jetzt schon kommen, dass ich das Ende nicht erleben werde, denn aufgrund von knappen Anschlüssen, muss ich bereits um Viertel vor Eins die letzte Möglichkeit nutzen, um mit dem Zug nach Hause zu kommen. Bis dahin allerdings erlebe ich einen wütenden und ebenfalls vernebelten Gig. Akustisch sind die Leipziger die kleinen Brüder von WATAIN. Immer wieder lassen mich ihre entrückten Ausbrüche, die rotzige Spielweise und der insgesamt verwaschene Black Metal an die Schweden denken. Sogar optisch nährt man sich mit verschmierter War Paint, Lederwesten und Stiefeln der Referenz an. Allerdings sind die Ostdeutschen weit davon entfernt eine plumpe Kopie zu sein. Sie schlagen zwar in die gleiche Kerbe, aber verwischen das Spannungsfeld zwischen Black und Proto-Death Metal noch stärker. Auch der Fronthüne ist ein imposanter Anblick (wie er heißt ist egal - sein Name ist laut Metal Archives ohnehin nur Buchstabe samt Punkt). Obwohl er bestimmt die Zwei-Meter-Marke knackt, hat er den Mikroständer so eingestellt, dass er selbst von ihm überragt wird (Lemmy lässt grüßen). 


Wie bereits erwähnt, muss ich den Abend leider vorzeitig verlassen, bin aber dennoch mehr als zufrieden mit den Bands, dem Sound und Zuspruch beim Publikum. Die Kombination Jazzkeller und Black Metal scheint eine Beziehung mit Zukunft zu sein, die uns noch hoffentlich viele tolle Konzerte bescheren wird! Meinen Segen (und den aller Black Metaller in Rhein Main) hat diese Verbindung auf jeden Fall.

[Adrian]

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