Mit etwas Wehmut treffe ich am letzten Maisamstag in Hofheim ein, denn ich weiß, dass ich heute zum vorerst letzten Mal einer Zeremonie der Schatten im Jazzkeller beiwohnen werde. Die Veranstalter haben sich aus diversen Gründen dafür entschieden ihre beliebte Konzertreihe, die tatsächlich immer ausverkauft war, vorläufig zu Grabe zu tragen. Ob noch einmal eine Wiederbelebung erfolgt, ist zu diesem Zeitpunkt noch ungewiss. Um so härter wollen wir deswegen heute den Abgesang feiern und tun dies mit einer ordentlichen Portion Helvetic Black Metal.
Asgard (Foto: Adrian) |
Mit dem letzten Terminus beginnt der Opener ASGARD sein Set. Die Herren aus der Luzerner Gegend sind eine von insgesamt 19 Bands, die laut Metal Archives das nordische Heim der Asen als Namen nutzen. So beliebig wie der Bandname klingt auch zu Anfang das gebotene Material. Typische Schwarzmetall-Motive bei unausgewogenem Sound treffen auf eine Performance, die rhythmisch nicht so recht rund laufen will. Allerdings kämpfen die Littauer weiter und schaffen es vor allem durch die engagierte Darbietung von Sänger Lord Agobal und Gitarrist Nero das Ruder im weiteren Verlauf noch rumzureißen, so dass man am Ende durch gutes Gefühl mit dem ersten Act des Abends versöhnt wird.
Danach geht es weiter mit MALPHAS (nicht zu verwechseln mit HALPHAS, die ebenfalls schon auf der Zeremonie der Schatten gespielt haben). Diesen Bandnamen gibt es laut Metal-Archives
zumindest nur sieben Mal in der weltweiten Szene und das Interesse an den Südwestschweizern ist groß. In den ersten Reihen finden sich Zuschauer, die bereitwillig mitgrölen und die Birne schütteln. Die Bestandteile des Sounds sind zwar keine innovative Offenbarung, aber dadurch dass man so viele coole Elemente so schlüssig in das Gesamtkonzept integriert und es schafft gut nach vorne zu gehen, macht dieser Auftritt eine Menge Spaß. Für die fünf Mitglieder ist zwar nur wenig Bewegungsfreiheit auf der kleinen Bühne gegeben, aber dennoch holen sie aus den Bedingungen das Beste raus (so zockt der Gitarrist zeitweise einfach im Publikum weiter - wobei dass wohl eher einem unzureichenden Monitoring geschuldet ist). Am Ende kann man aber in jedem Fall mit der Leistung zu frieden sein, auch wenn der Klang auch hier hätte besser sein können.
Malphas (Foto: Adrian) |
Wir erreichen die Halbzeit des Abends mit dem Auftritt von HÂN). Dieser Auftritt
ist vor allem dunkel. Ziemlich Dunkel. Die Beleuchtung wechselt zwischen Rot und nicht vorhanden hin und her, was auch meine etwas Detail armen Aufnahmen erklären dürfte. Ich gehe mal davon aus, dass die Band will, dass wir uns durch das fehlende Licht stärker auf die Musik konzentrieren kann. Oder man hasst einfach Fotografen und Filmer. Wie dem auch sei, der Auftritt ist in sich der Stimmigste bisher und besitzt eine Menge Atmosphäre, was aber auch gelegentlich in Langeweile ausarten kann. Die meisten Riffs und Melodien funktionieren, dann aber doch gut genug, um die meisten Gäste bei Stange zu halten. Verheimlichen möchte ich an dieser Stelle nicht, dass sich auch stets ein ordentlicher Anteil der Zuschauerschaft vor dem Venue rum treibt anstatt sich die Bands anzuschauen, was auch dem Wetter geschuldet sein mag.
Hân (Foto: Adrian) |
Chotzä (Foto: Adrian) |
Die Berner Mundart-Black'n'Roller von CHOTZÄ (bedeutet und spricht sich wie "Kotze") kommen zwar nicht als letzte Truppe an die Reihe, sind aber im Grunde der inoffizielle Headliner. Hier treiben sich die meisten Besucher vor der Bühne herum, hier ist die Stimmung am besten und der Auftritt fällt am meisten aus dem Rahmen. Black Metal Punk im Berner Dialekt gibt es eben nicht an jeder Ecke, aber die Idee funktioniert und zeigt dass Black Metal mehr Punkrock ist, als 95% der Möchtegern-Kapellen, die sich genau das auf die Fahne geschrieben haben. Dass man 'Bite It You Scum' von GG ALLIN spielt ist dabei nur eine Randnotiz. Die direkte Verbundenheit mit den Zuschauern, das gemeinsame feiern und die rotzige Schnörkelosigkeit machen diesen Act auch für mich zum eigentlichen Highlight des Abends. Mir doch egal ob das jetzt trve oder elitär genug ist. Die Berner verpassen Hofheim eine akustische Abreibung, die sich gewaschen hat. Diese Herren sollte man sich auf jeden Fall auf den Zettel schreiben.
Es muss kurz vor Mitternacht sein als PARAGON BELIAL auf die Bühne gehen. Da ist es dann schon etwas leerer. So wie meistens auf Konzertabenden im Rhein-Main-Gebiet hauen viele im Auditorium bereits früher ab um Züge zu erwischen oder weil man einen betrunkenen Freund nach Hause fahren muss.
Alle, die allerdings bis zum eigentlichen Finale warten, bekommen eine herrliche Old-School-Schlacht geboten, wo ein räudiger Mix auf Erster und Zweiter Welle Black Metal auf orthodoxen War Metal trifft. Die Mönchengladbacher haben ordentlich Spaß auf der Bühne und erhalten vom harten Kern der Zuschauerschaft viel Zuspruch. Etwas peinlich ist im späteren Verlauf des Sets, dass auf die Ansage von Fronter Andras, dass man jetzt etwas von einem Klassiker aus 1984er spielen würde, der mit "Wichting..." beginnt, meine Antwort "...Hour!" zu hören ist. Etwas mitleidig werde ich mit "Witching Metal!" durch den singenden Bassisten korrigiert. Der SODOM-Tribut kommt trotzdem gut an, aber langsam dämmert es mir. Die letzten Minuten der wohl finalen Zeremonie der Schatten sind angebrochen und auch wenn man will, dass der Abend nicht zu Ende geht, ist es irgendwann doch so weit. Die letzte Note ist verklungen und der letzte Musiker von der Bühne verschwunden. Dennoch habe ich (wie viele andere vor Ort) doch noch die Hoffnung, dass es tatsächlich nur ein vorläufiges Ende ist und man sich in anderer Form noch einmal wieder sieht. Bis dahin ein fettes Dankeschön an die Schwarze Loge und den Jazzkeller für die vielen tollen Auftritte in Hofheim!
Paragon Belial (Foto: Adrian) |
[Adrian]
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