Mittwoch, 19. Dezember 2018

Live-Review: Zeremonie der Schatten VI im Jazzkeller Hofheim

Mit inzwischen sechs Auflagen gehört die Zeremonie der Schatten zu einer festen Institution im Hofheimer Jazzkeller. Umso wehmütiger wurde die Ankündigung aufgenommen, dass nach der siebten Ausgabe 2019 eine Pause eingelegt werden soll. Jetzt fand allerdings erst einmal die sechste Zeremonie statt und bot ein vollgepacktes Billing auf, das mal wieder fünf Schwarzmetall-Schwadrone umfasst hat, die allesamt dem tiefen des europäischen Untergrunds entsprungen sind.

Pünktlich um 18 Uhr geht es los. Die Schwaben von UNHOLY WAR ballern sich
Unholy War (Foto: Adrian)
schon seit 2003 durch die metallische Musiklandschaft und haben mit "Heaven Will Burn" erst 2017 ein neues Album rausgehauen, von dem der eine oder andere Titel heute zum Besten gegeben wird, wie zum Beispiel das knackige  'Black Metal Supremacy'. Stilistisch liebt man es rustikal und streut in den klassischen Black Metal Mix ein wenig Thrash und Crust ein - gerade der Opener dauert keine Minute und strahlt eine unheimlich punkige Attitüde aus. Persönlich mag ich diese rotzige Herangehensweise (auch wenn die gekeiften Ansagen etwas too much sind). Nach dem Gig höre ich dann vermehrt, dass viele Zuschauer gar nicht gut klar kamen mit dem was die Süddeutschen abgeliefert haben und teilweise vorzeitig vor die Halle gegangen sind. Geschmäcker sind einfach verschieden!
Komplett anders bewerten Publikum und die Totgehört Delegation auch den nächsten Act. Dieses Mal allerdings höre ich nur positive Worte über MOURNFUL WINTER, während mein Kollege und ich
Mournful Winter (Foto: Adrian)
nichts mit dem Vierer anfangen können. Dieses Quartett kommt zwar ebenfalls aus BaWü, aber will bei mir so gar nicht zünden. Das liegt vor allem daran, dass außer Bandchef Tenebros kein Musiker zu begeistern weiß. Die Rhythmusgitarre leiert gelangweilt Standardriffs runter und Basser Draug sieht die meiste Zeit etwas verloren auf der Bühne aus. Zugegeben, dass man auch andere Instrumente wie Mandoline oder Flöte einbindet ist ein netter Bonus und auch das BURZUM-Cover fällt bei den Zuschauern insgesamt auf fruchtbaren Boden. Mir allerdings ist das insgesamt alles zu gewöhnlich und ich komme mir vor als habe ich die meisten Arrangements schon hunderte Male gehört. Das ist wiederum bedeutungslos, solange die Zuschauer ihren Spaß haben - von daher wurde im Grunde alles richtig gemacht.
Thromos (Foto: Adrian)
Bei den Roßlauern von THROMOS sind sich alle einig. Die Herren aus Sachsen-Anhalt können was! Nachdem ich ihren letzten Auftritt in Hofheim lediglich in Ordnung fand, werde ich dieses Mal ziemlich überrascht. Die Kuttenträger erschaffen eine unheimlich dichte Atmosphäre, die von ihrem Bühnenbild auch entsprechend optisch mit Kerzen und einem Altar ergänzt wird. Gleichzeitig sind die Gitarren der treibende Part in den Kompositionen, die immer wieder nach vorne peitschen. Alles in Allem
Magoth (Foto: Adrian)
also eine tolle Leistung. Auch wenn der stimmungsvolle Auftritt etwas statisch wirkt, ist THROMOS für mich die bis dahin die beste Kapelle des Abends.
Schlechter wird es aber auch nicht. Denn mit MAGOTH strebt ein Vierer auf die Bühne, der mir bisher unbekannt war, aber tatsächlich schon sieben Bandjahre auf dem Buckel hat. Die Nordrhein-Westfalen haben 2018 ebenfalls einen neuen Dreher veröffentlicht und präsentieren dementsprechend einige Stücke von "Zeitgeist: Dystopia" live. Fronter Heergott sieht aus wie eine Mischung aus Johnny Hedlund und Abbath und wütet mit seinen drei Kollegen sehr engagiert durchs Set. Ein paar HORNA-Vibes kommen dabei auf und animieren den einen oder anderen Zuschauer dazu die Birne zu schütteln - was bei einer Szene, die nicht gerade für ihre Bewegungsfreude auf Konzerten bekannt ist, durchaus erfreulich ist. 

Das Finale leiten dann die Finnen  von GOATS OF DOOM ein. Auch diese Herren
Goats Of Doom (Foto: Adrian)
hatte ich vorher nicht auf dem Zettel, aber auch ohne Vorkenntnis hauen mich die Nivalaner aus den Socken. Nach einem Intro, das an weihnachtliche Kirchenmusik erinnert, geht es deftig zur Sache. In bester finnischer Tradition mischt man dem Schwarzmetall etwas Melodie und Epik bei und fährt damit wunderbar. Ich selbst finde mich hier in der ersten Reihe ein und feiere gnadenlos jeden Brecher ab, den man zu hören bekommt. Besonders cool ist auch der Gastauftritt von SARKRISTA-Sänger Revenant bei 'Northern Demon', der im Duett mit Scaregod für ordentlich Alarm auf der Stage sorgt. Durch einige Verspätungen bei den Umbaupausen ist der Headliner erst kurz vor ein Uhr nachts fertig, was erfahrungsgemäß dazu führt, dass einige Besucher bereits vorab die Heimreise angetreten. Wer da geblieben ist hat allerdings noch einmal einen großartigen Auftritt bestaunen dürfen, der schon jetzt verdammt viel Bock auf die nächste (wenn auch vorerst letzte) Zeremonie der Schatten in Hofheim macht. Wie immer an dieser Stelle geht ein Riesenlob an die Schwarze Loge Ritus, den Jazzkeller, die Bands und alle Anwesenden für diesen großartigen Abend!

[Adrian]   

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