Donnerstag, 19. Juli 2018

Live-Review: Nashgul - live in Frankfurt

Ich war schon in vielen abgeranzten Punk-Schuppen und habe keine hohen Standards, aber diese Location toppt wirklich alles. Auf dem Wagenplatz an der Borsigallee im Frankfurter Stadtteil Enkheim, wo Wohncontainer einer evangelischen Initiative und Bauwagen von Hippies und Punks den Bereich zwischen Hauptstraße und Autobahn-Waldstück beherrschen, haben sich die spanischen Grinder von NASHGUL die Ehre gegeben und dabei gleichzeitig die einzige Location im Rhein-Main-Gebiet entdeckt, die ihrem fiesen Sound gerecht werden kann.

Punk Konzert oder Kettensägenmassaker...
man weiß es nicht
Das Abenteuer beginnt für mich allerdings bereits einige Stunden vor dem Gig. Denn es gibt keine Infos dazu, wo die Band genau spielt, wann es im Detail losgeht oder wie viel der Spaß kosten soll. Den einzigen Beweis, dass dieses Konzert stattfinden soll, liefert ein Banner mit den Tour-Daten auf der Facebook-Seite von NASHGUL. "Wagenplatz Borsigallee? Nie gehört!", denke ich mir und versuche etwas im Internet über den Laden herauszufinden, aber Infos gibt es tatsächlich keine. Nur eine ungefähre Ortsangabe auf Google-Maps. "Na, das kann ja heiter werden", denke ich mir und begebe mich zusammen mit meiner Delegation gegen 20 Uhr in die vermutete Richtung der Location. Von der Straße aus sieht man einen Banner mit Anarchie-Symbol. Ich scheine richtig zu sein und sehe jemanden, der nach Crust-Punk aussieht (tatsächlich handelt es sich hierbei um den Drummer der Vorband). Er zeigt uns freundlich den Weg und weist uns darauf hin keine Kippen einfach ins hohe Gras zu feuern (wegen der Waldbrandgefahr - denn es ist seit Tagen trocken und heiß). Angekommen an der Wagensiedlung, die nach
Notdurft mit rustikalem Charme 
einer Mischung aus Südstaaten-Trailerpark und Wanderzirkus aussieht, sagt uns die Crew an einer alten, ranzigen Laube, die als Location herhalten soll, dass der Konzertbeginn noch etwas dauern wird. Das ist kein Wunder, immerhin sind außer uns noch keine Gäste Vorort und auch die Hauptband kommt erst einige Minuten nach uns am Venue an. NASHGUL entpuppen sich wiederum als ultra-sympathische und super-gelaunte Musikenthusiasten, die auf dem Weg zum tschechischen Obscene Extreme Fest hier in Hessen einen Zwischenstopp einlegen. Während wir warten und mit der Band plaudern, schaue ich mir die sanitären Anlagen an, die aus rustikalen Plumpsklos und einem Bauzaun, der als Pissrinne herhalten muss, bestehen. Das ist vielleicht nicht ganz hygenisch, aber erfüllt seinen Zweck. Den Eintritt von 5 Euro zahle ich zwar ganz pflichtbewusst, aber wirklich Wert scheint man dort nicht darauf zu legen. Es gibt keine Stempel und den Einlass kontrolliert man sehr nachsichtig. Da es am Abend allerdings nicht mehr als 30 Besucher werden, kann man sich jeden einzelnen Gast auch so noch ganz gut merken. Das Bier gibt es in Dosen und kann für einen Euro erworben werden - läuft! 
L'ecorchure (Foto: Adrian)
Den musikalischen Anfang machen L'ECORCHURE - eine noch recht frische Band, die dieser Siedlung eng verbunden ist und wütenden Crust-Punk spielt. "Wir spielen nicht lange. Wir haben nur neun Songs", sagt der Drummer vor dem Auftritt und übertreibt nicht. Auch wenn nämlich auf mehrfachen Wunsch hin, der anwesenden Zuschauer, das halbe Set wiederholt wird, dauert die Show insgesamt nur etwa 18 Minuten. Darunter gibt es zum Beispiel Songs gegen Fußball ('You Always Walk Alone') und alles was man als Punk halt kacke findet. Das wilde Geprügel macht eine Menge Spaß und mir gefällt die Energie, die von der energischen Frontfrau versprüht wird. 
Richtig ab geht es gegen 23 Uhr als NASHGUL endlich ihren Auftritt starten. Die
Nashgul (Foto: Adrian)
Nordspanier nehmen den Laden ordentlich auseinander und sorgen dafür das die kleine, alte Hütte ordentlich wackelt. Pogo und Mosh sind angesagt und es gibt trotz der kleinen Crowd eine intensive Atmosphäre, die man in dieser Art und Weise selbst bei Gigs mit zehnmal so vielen Zuschauern nur selten erlebt in der Region. Sänger Alex engagiert sich ordentlich und zeigt seine ganze stimmliche Bandbreite mit tiefen  Growls, gemeinen Grunts und teuflischen Screams. Musikalisch trifft der Old-School-Grindcore genau ins Schwarze und erinnert an die guten alten Zeiten von Earchache Records, als es dort noch gute Bands gab. Etwa 35 Minuten später ist dann der Spuk auch schon wieder vorbei. Ich kaufe mir noch ein T-Shirt und fahre völlig dekadent mit dem Taxi nach Hause. 
Mein Fazit des Abends fällt knapp aus: der Punkrock in Frankfurt ist immer noch am Leben und wohnt genau in diesen Underground-Locations- das war ein Abenteuer unter der Woche, das sich wirklich gelohnt hat! Wenn ihr die Chance habt schaut euch NASHGUL auf ihren aktuellen Tour auf jeden Fall an!

[Adrian]

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