Das Genre des Neofolk ist eine waschechte Nische. Wirklich viele Bands gibt es nicht in Deutschland und so richtig will der Stil sich auch keinem übergeordneten Genre zugehörig fühlen. Dementsprechend schwer ist es als Fan passende Veranstaltungen zu finden. Umso überraschender war deswegen die Ankündigung, dass die aktuelle Tour von ROME nicht in irgendeiner obskuren Halle in der Provinz, sondern direkt im Frankfurter Nachtleben an der Konstablerwache Halt macht.
Singer-Songwriter Jérôme Reuter ist der Gründer dieser Kapelle und ist bereits seit etwa 13 Jahren in der Szene unterwegs. Der Luxemburger gehört zu den
bekanntesten Gesichtern der europäischen Neofolk-Bewegung und wirkt dennoch unheimlich bodenständig. Das merkt man während des Konzerts vor allem an den unaufgeregten und ruhigen Ansagen, die Reuter selbst-ironisch und sehr sympathisch durchgibt. Aber fangen wir vorne an. Um 20 Uhr ist Einlass und die ersten Besucher sammeln sich langsam im Keller der Frankfurter Lokalität. Noch ist nicht viel los und es läuft französisch-sprachiger Folk als atmosphärische Einstimmung. Das Publikum, das langsam und tröpfchenweise einläuft, kann man nur schwer in einer einzelnen Kategorie verordnen. Man sieht ein paar Schwarzmetaller, ein paar Goten und Musikliebhaber, die sich optisch nicht direkt zuordnen lassen. Insgesamt ist der Altersdurchschnitt aber höher als bei Metal-Konzerten und das Publikum weniger auffällig gekleidet als bei anderen Szene-Events. Kurz gesagt, es ist alles sehr gediegen und es ist alles sehr entspannt. Die Bühne ist dekoriert im Stile eines tibetanischen Klosters. Mit Gebetsketten, Kanjis und anderen Requisiten wird eine sehr andächtige Stimmung erzeugt, die nach einem kurzen Intro durch das Erscheinen der Bandmitglieder aufgelöst wird. Mastermind Reuter und seine beiden Mitstreiter am Schlagwerk beziehungsweise an der E-Gitarre kommen wortlos in Schwarz auf die Bühne und starten in ein sehr dichtes Set aus Post-Industrial, Folk und Darkwave. Ein wenig minimalistische Elektronik, dezente Beats und eine Mischung aus Akustik- und E-Gitarre bilden das musikalische Grundgerüst und dazu die markante Stimme von Reuter - mehr braucht es auch nicht. Während des gesamten Konzerts wird kaum gesprochen - weder auf noch vor der Bühne - andächtig lauscht man den emotionalen Texten, die von mal schaurigen mal hoffnungsvollen Klangteppichen begleitet werden. Auch wenn sich die meisten Zuschauer während der Songs nicht mehr Zustimmung anmerken lassen als dezentes Kopfnicken, merkt man zwischen den Titel das die Begeisterung groß ist. Jede kleine Pause wird genutzt um der Band Tribut zu zollen und so muss das Gespann nach Ende des offiziellen Sets nicht nur einmal wieder zurück auf die Bühne, sondern gleich zwei Zugabenblöcke geben. "Es gibt hinten eh nicht viel zu tun", kommentiert Herr Reuter seine erneuten Rückkehr mit einem Grinsen im Gesicht und schnallt sich ein letztes Mal die Gitarre wieder um.
Jérôme Reuter - ROME (Foto: Adrian) |
Zu meckern gibt es am heutigen Abend nichts, auch wenn mit 80 Minuten Spielzeit das Live-Programm viel zu schnell zu Ende ist. Das hat jedoch den angenehmen Nebeneffekt, dass man noch vor halb Elf die Heimreise antreten kann, was an einem Werktag nicht ganz so verkehrt ist (man wird ja auch nicht jünger). ROME darf gerne wieder in der Mainmetropole spielen und darf dann auch gerne eine oder mehrere Vorbands mitbringen, damit diese angenehmen Abende nicht ganz so schnell zu Ende gehen.
[Adrian]
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