Samstag, 1. Juli 2017

Angehört: Black Metal im Saarland mit Grau und Ravenfrost

Das Saarland ist nach Einwohnern das kleinste deutsche (Flächen-)Bundesland und sorgt in der Regel nur für wenig Schlagzeilen.  Da uns allerdings mit "Transzendenz" von GRAU und "Lucid Nightmares" von RAVENFROST gleich zwei Scheiben von der Saar geschickt wurden, passt es ganz gut, beide Platten in einem Artikel zusammenzufassen. 

Beginnen wir mit GRAU. Dieses Quartett existiert seit drei Jahren und hat mit "Transzendenz" vergangenen Oktober das erste Lebenszeichen veröffentlicht. Das Album bringt es mit insgesamt sechs Titeln auf eine überschaubare Spielzeit von etwa 33 Minuten. Stilistisch macht der Vierer einen sehr kompetenten Eindruck und legt ein strammes Brett  vor, dass vor allem von kraftvollen Screams und erhabenen bis klirrenden Riffs lebt, die von einem Maschinengewehr-Drumming eindrucksvoll begleitet werden. Allerdings fehlt mir hier ein wenig der Überraschungsmoment. Die Songs hat man gefühlt irgendwie und irgendwo schon einmal so ähnlich gehört und kann relativ leicht antizipieren, was das Song-Writing im weiteren Verlauf parat hält. Deswegen lässt sich auch nicht mehr zu diesem Dreher sagen außer: handwerklich gut gemacht, aber in der Zukunft darf man ruhig ein wenig mutiger sein.

Wenn man sich nun das Digipak von "Lucid Nightmares" von RAVENFROST anschaut, stellt man fest, dass mit K(evin) hier der gleiche Vokalist
beziehungsweise Bassist am Werk ist, wie bei GRAU. Hier jedoch übernimmt  Kevin gleich alle Instrumente (abseits des Drums) und lässt es gemächlicher angehen als bei seiner anderen Band. Auch die Rhythmen und Song-Strukturen wirken experimenteller. Etwas unangenehm ist dafür die Aufnahmequalität, die ziemlich nach Heimproduktion klingt. Besonders die Gesangsparts verlieren dadurch viel Energie und klingen, als wären sie im Badezimmer aufgenommen worden.  Während wir dem Vorgänger "Agonies Of The Past" noch vorgeworfen haben, dass das Schlagzeug zu künstlich klingt, lässt auf dem aktuellen Opus der scheppernde Sound der Schießbude keinen Zweifel daran, dass hier Menschenhand am Werk war. Das ist allerdings kein Kompliment. Dem dritten Song 'The Cold Embrace Of Total Despair' hört man deutlich an, dass dem Drummer gegen Ende die Kräfte ausgehen und die Anschläge verkrampfter werden. In 'She Was Like The Winter' wiederum überlagert ein furchtbar kitschiges Gothic-Keyboard den gesamten Sound und nervt gewaltig. Abseits solcher krasser Ausfälle, kann man sich zumindest die schweren, entschleunigten Titel wie 'Nail Down The Lid' relativ gut anhören - wenn man über die akustische Qualität der Vocals und Drums hinwegsehen kann.
Alles in allem kann man "Transzendenz" von GRAU bedenkenloser weiterempfehlen als RAVENFROSTs "Lucid Nightmares". Das liegt zum einen daran, dass GRAU meist auf Nummer sicher geht, aber auch daran, dass es die bessere Produktion besitzt. RAVENFROST kann man für seinen Mut loben neue Wege gehen zu wollen, sollte aber auch die ziemlich offensichtlichen Probleme im Sound nicht verschweigen. Kurzum, wir haben es hier mit zwei Platten zu tun, die ihre Schwächen aber auch ihre Potentiale haben. 
"Transzendenz" gibt es seit dem 15. Oktober bei Dominance of Darkness Records und "Lucid Nightmares" gibt es direkt auf der Bandcamp-Seite des Projekts (dort kann man sich den Dreher auch umsonst herunterladen oder im Widget weiter oben einfach auf "Download" drücken).

[Adrian]

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