Sonntag, 16. August 2020

Reingehört: Dokken "The Lost Songs: 1978-1981"

Auch wenn ich eigentlich eher der Extreme-Metal-Typ bin, muss ich sagen, dass DOKKEN einen besonderen Platz in meinem Herzen haben. Ihre 80er Jahre Alben sind durchweg alle großartig und ich mag auch spätere Releases wie das 2002er Album "Long Way Home" sehr gerne. Deswegen habe ich mich auch wirklich gefreut, als mir ihre anstehende Compilation "The Lost Songs: 1978-1981" ins Postfach reingeflattert ist.
Ich denke, dass der Titel der Platte mehr als selbsterklärend ist. Wir haben es hier mit einer Raritätensammlung aus der Frühphase der kalifornischen Hardrock-Band um Don Dokken zu tun, die sich um Liedgut aus der Zeit vor dem Debütalbum "Breaking The Chains" kümmert. Ich kann aber nicht zu 100% bestätigen, dass man es hier mit "bis dato noch nicht veröffentlichten Songs" zutun hat 
(wie es im Promo-Zettel heißt). Damit meine ich noch nicht einmal, dass wie bei fast jeder Band so gut wie alle "unveröffentlichte" Lieder ihren Weg ins Internet finden, sondern dass man als Die-Hard-Sammler mit der "Back In The Streets"-Demo/Bootleg oder der "Broken Heart"-Single möglicherweise bereits fünf der elf Tracks besitzen könnte (sofern man die horrenden Preise bei Discogs wirklich bezahlen möchte). Auch 'Prisoner' wurde bereits veröffentlicht, klingt hier jedoch völlig anders. Das gilt überhaupt für viele alte Versionen, die hier noch keine überlebensgroße Bombast-Produktion im Rücken haben. Teilweise wurden die Songs live aufgenommen oder unter widrigsten Bedingungen eingeprügelt. Neben Kalifornien ist übrigens auch ein Teil der Songs in Deutschland entstanden, was auf eine Freundschaft von Don Dokken und dem Hamburger Club-Besitzer Michael Boyens zurückzuführen ist, der in der frühen Phase der Band sehr viel Networking für Don betrieben hat. Überhaupt sind die ersten Bandjahre von DOKKEN sehr interessant und aufregend. Was man jedoch nicht über jeden einzelnen Track der Compilation sagen kann. 'Day After Day' zum Beispiel ist eine schnulzige 70s-Rock-Ballade, die sich vielleicht noch eure Eltern beim Fummeln auf dem Abi-Ball angehört hätten, aber ansonsten keine herausragenden Stärken hat. Das (offiziell) unveröffentliche 'Step Into The Light' ist wiederum echt catchy, aber wirkt in meinen Augen etwas unpoliert und unfertig. Die Basis stimmt, aber letzte Schliff fehlt eben. Auch 'Felony' klingt noch anders als auf dem Debütalbum. Im Gegensatz zum Debüt ist diese Version noch etwas schneller und ungestümer, ergo gefällt mir persönlich besser. Der beste Track der Scheibe ist wahrscheinlich 'Hit And Run', auch weil er schon ganz viele der Stärken vorwegnimmt, die DOKKEN später so berühmt machen sollten: tollen Melodien, ein satter Gitarren-Sound und selbstbewusste Vocals. Ausgerechnet dieser Song ist aber leider in einer ganz miesen Demo-Qualität überliefert worden, was auch für 'Broken Heart' gilt. Wenn ihr euch 'Hit And Run' in besserer Qualität geben wollt, hört euch lieber die Version vom Live-Album "From Conception: Live 1981" an und habt damit Spaß.

Alles in allem ist die Compilation "The Lost Songs: 1978-1981" zumindest für alle DOKKEN-Ultras eine spannende Angelegenheit. Man findet zwar nicht unbedingt verschollene Perlen, die DOKKEN's Diskographie auf Links drehen, aber es gibt eine Menge Frühversionen von Songs, die viele Fans sicherlich in der Weise noch nicht gehört haben werden. Für Sammler ist es außerdem ein schöner Weg sich die 'Back In The Streets'-Demo indirekt ins Regal zu stellen ohne sich ein inoffizielles Bootleg beziehungsweise unerschwingliches Original kaufen zu müssen. Im Schrank bräuchte ich die Compilation aber tatsächlich eher nicht. Mir reicht es persönlich diese Versionen ein paar Mal zu streamen und die Erfahrung gemacht zu haben. Geld würde ich für das gebotene Paket nicht ausgeben und wenn ich mir die Kommentare unter dem Music-Video zu 'No Answer' anschaue, scheinen viele DOKKEN-Fans meine Meinung zu teilen. Das Prädikat "Ganz Nett" ist leider das Beste, was an dieser Stelle vergeben werden kann und ich würde jedem Neueinsteiger empfehlen, der sich mit der Band beschäftigen will, sich erst einmal die ersten vier Studioalben zu zulegen, bevor er auf Perlensuche gehen will. 

[Adrian]

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