Samstag, 26. Mai 2018

Live-Review: Of The Wand And The Moon im Helvete Oberhausen

Lange ist es her, dass ich zuletzt ins Helvete nach Oberhausen gepilgert bin, aber wenn OF THE WAND AND THE MOON schon einmal auf Tour ist, nimmt man auch solche Wege auf sich.

Freitags vom Rhein-Main-Gebiet nach Oberhausen zu fahren, ist ein zweifelhaftes Vergnügen. Berufs- und Wochenendverkehr bringen die Blechlawine auf vielen Abschnitten, der ohnehin überfüllten Autobahn 3 zum erliegen. Nichtsdestotrotz erreichen wir nach fast vier Stunden Fahrt pünktlich gegen 19 Uhr den bekannten Metal-Club im Ruhrgebiet. Laut Eintrittskarte startet das Konzert um 19:30, aber bereits am Eingang zum Venue hängt ein Schild, dass den Beginn um eine Stunde nach hinten schiebt. Das ist aber kein Problem,
The Dark Red Seed (Foto: Adrian)
denn das Helvete ist mit seinen vielen Floors und großzügigem Aufbau ein deutlich besserer Warteort als die meisten Spielstätten, die ich kenne. Gegen Halb neun startet dann die Show mit dem Opener THE DARK RED SEED. Mir hat dieser Akt persönlich vorab nichts gesagt, aber mit Torsten Larson wird das Projekt von einem bekannten Gesicht angeführt. Dieser steht nämlich als Gitarrist auch bei KING DUDE in Lohn und Brot. Den Gig selbst eröffnet Larson ohne Mitstreiter. Die ersten Songs spielt er alleine auf seiner semi-akustischen Gitarre und baut damit direkt von Anfang an eine sehr intime Atmosphäre auf. Erst zum End des ersten Aktes kommen seine drei Kollegen auf die Bühne und bereichern das Set um Schlagzeug, Bass und Rhythmusgitarre. Trotz des regen Treiben on Stage bleibt der Auftritt andächtig. Die Songs des Portländers sind eine Mischung aus Bluesrock, Wave, Postrock und Neofolk, dessen Grenzen man hier bewusst ausreizt. Der Sound wird im weiteren Verlauf ebenfalls besser. Zu Anfang blasen nämlich noch die Höhen in den Vocals meine Trommelfelle ordentlich durch. Abseits davon ist der Auftritt sehr gelungen und erfreulich lang (sofern man auf die Musik steht, wenn man nur auf den Headliner wartet, sieht die Sache natürlich anders aus). Knapp 50 Minuten zockt Larson mit seiner Band und bleibt dabei relativ wortkarg, auch wenn er sehr  charismatisch und sympathisch wirkt. Die Zuschauer belohnen diese Leistung mit viel Applaus, obwohl man merkt dass die Mehrheit hier ist um "konventionellen" Neofolk zu hören.
Nach einer erfrischend kurzen Umbaupause geht es dann ganz unprätentiös mit :OF THE WAND AND THE MOON: weiter, wo der Aufbau recht fließend in den Gig übergeht. Kim Larsen ist alleine auf der Bühne und zockt lediglich mit seiner
:Of the Wand and the Moon: (Foto: Adrian)
Gitarre bewaffnet bekannte und neue Neofolk-Hymnen, womit er das Helvete schwer begeistert. Die Zuschauer schauen wie gebannt zur Bühne und verlassen ihre Trance nur für den Applaus zwischen den Titeln. Neue Songs wie 'Time's Out Of Reach' werden dabei sehr positiv aufgenommen. Vorredner Larson kommt übrigens für einen Song sogar mit auf die Bühne und bedient die Keyboard-Flöte (keine Ahnung, wie man das Teil tatsächlich nennt) - Larsen & Larson ist eine Kombination, die nicht nur passend klingt, sondern auch musikalisch passt. Beide Interpreten sollten einmal überlegen gemeinsam ein Projekt zu starten. Abseits davon verhält sich Kim sehr fan-freundlich und lockert den Auftritt mit einigen Ansagen auf, die als Running Gag immer wieder auf Bob Dylan gemünzt werden. So habe er zum Beispiel seine Gitarre von Bob Dylan bekommen, als dieser gestern gestorben sei oder habe ihm das Mundharmonika spielen beigebracht. Ein Zwischenruf aus dem Publikum attestiert dem Dänen, dass dies aber nicht viel gewesen sein kann. Dem widerspreche ich entschieden, denn auch wenn der Neofolker nichts außergewöhnliches auf dem Begleitinstrument abfeuert, ist er Einsatz doch effektiv und song-dienlich. Weniger erfreulich ist die Tatsache, dass die Soundtechnik nicht immer so will wie der Headliner, weswegen der bärtige Kahlkopf sein Set wohl auch ohne Zugabe nach dem finalen Hit 'I Crave For You' beendet. Netto kommt man so auf eine Spielzeit von unter einer Stunde. Für Besucher wie unsere Delegation, die für die Hinfahrt einige Stunden auf der Straße verbracht haben, ist diese Ausbeute alles in allem eher mager. Der Abend an sich hat sich zwar gelohnt und auch die freundliche und nahbare Art der Musiker am Merchstand hat mir sehr gefallen. Dennoch hätte der Konzertabend länger dauern dürfen und sei es nur durch die Hinzunahme einer dritten Band gewesen.

Trotz alle dem bereue ich die Fahrt nicht, denn Neofolk bleibt die perfekte Auflockerung für meine sonstige Kost, die in der Regel nur Metal-Konzerten besteht. Da kann man auch schon einmal etwas auf sich nehmen.


[Adrian]

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