Sonntag, 23. Juli 2017

Live-Review: 30 Jahre Jubiläum - Speak Easy in Frankfurt am Main

Wie schnell die Zeit vergeht! Es kommt mir persönlich noch gar nicht so lange her vor, dass das Speak Easy seinen 20. Geburtstag gefeiert hat. Die metallische Kult-Kneipe im Frankfurter Ebbelwei-Viertel Alt-Sachs beging vergangenen Samstag ihr nunmehr 30-jähriges Bestehen und lud dazu neben vielen Frankfurter Bands auch die legendären Schwermetaller von GRAVE DIGGER in die Rittergasse ein.

Journey Of DC (Foto: Totgehört)
Los ging es allerdings mit JOURNEY OF DC, die eine Wiedergeburt der Old-School-Deather DARK CATHEDRAL darstellen, die bereits in den 90ern gemeinsam unterwegs waren. Nach einem kräftigen Regenschauer kurz vor drei Uhr beginnen die Hessen ihre Show vor einem bereits respektablen Publikum, dass die schmale Gasse vor dem Speak Easy bevölkert. Anfangs hat man mit einigen Sound-Problemen zu kämpfen, die vor der Bühne nur Klangbrei ankommen lassen. Im Verlauf des Gigs kriegt man diese Widrigkeiten immer besser in den Griff und kann mit dem BOLT-THROWER-Cover 'Soilder Of Thunder', 'Jesus Die In My Arms' oder dem deutschsprachigen 'Weckt die Toten' für gute Stimmung am Nachmittag sorgen, die auch von einem weiteren kleinen Schauer gegen Ende des Gigs nicht getrübt werden kann. Mit 'Lost Soul' findet man einen guten Ausklang, der diesen Auftritt perfekt abrundet. Kurzum: mein Highlight des Tages!
Weiter geht es mit AL GOREGRIND und der Name nimmt bereits vorweg, was uns hier erwartet. Die Froschhausener spielen Grindcore gemischt mit Extreme-
Algoregrind (Foto: Totgehört)
Metal-Elementen und nehmen sich wie viele Kapellen des Genres nicht besonders ernst. Allerdings nimmt man das Konzept sehr Ernst und das sieht eine Menge Star-Wars-Referenzen vor. Einer der beiden Gitarristen trägt zum Beispiel einen Dart-Vader-Morphsuit und der imperiale Marsch wird als Einzugsmusik genutzt. Auch die erste Hälfte der Songs besteht aus Anspielungen auf "Krieg der Sterne" und so verwundert es nicht, dass Songs wie 'Jedi Scum' oder 'Joda Is Green' im Set auftauchen. Allerdings verlässt mich persönlich nach knapp sieben Songs die Lust am Gerumpel und ich versuche etwas zu essen zu finden. Anderen Besuchern scheint das ganze Treiben mehr zu zusagen und einige Matten vor der Bühne werden kräftig durchgeschüttelt.
Nach dem extrem-metallischen
Brandgefährlich (Foto: Totgehört)
Auftaktprogramm geht es weiter mit Deutschrock. Das ist eigentlich so gar nicht unsere Baustelle, aber BRANDGEFÄHRLICH (ehemals WE ARE ONE) hat einen besonderen Frontmann. Immerhin singt hier Patrick, der das Speak Easy führt und vor einigen Jahren gerettet als es kurz vor der Schließung stand. Und auch wenn die Band einen heftigen Onkelz-Vibe hat (wen wundert's immerhin sind wie hier in Frankfurt) gefallen mir Songs wie 'Schlechte Laune' unheimlich gut und bleiben hängen. Die Jungs sind außerdem mega-sympathisch und können auch kleinere technisch bedingte Pausen gut überbrücken. Am Ende gibt es mit 'Tag X' dann auch noch eine Zugabe
und im Anschluss ein Bild mit der Menge - alles in allem ein mehr als gelungener Auftritt.
Weiter geht es mit LEIDBILD und das bedeutet eine weitere Ladung Deutschrock. Persönlich verlasse ich meine Komfortzone zwar ganz gerne - aber diese Band will so gar nicht an mich gehen. Sänger
Leidbild (Foto: Totgehört)
Chriss reißt zwar eine agile Show runter, springt viel über die Bühne und sucht den Kontakt mit dem Publikum, jedoch ist mir das ganze Treiben zu stereotyp. Songs wie 'Auf Euch' und 'Deine Wahrheit' liefern zwar genau das, was Streetrock-Fans wollen aber bedienen im Endeffekt auch nur Szene-Standards. Darüberhinaus fehlt mir hier die Eigenständigkeit und das Überraschungsmoment. Das Power-Riffing ist auf Dauer einfach zu monoton, um die Spannung zu halten. Das scheint aber außer mir und einigen anderen Metallern nicht viele Besucher zu stören, denn das Gelände ist gut gefüllt und viele Zuschauer feiern das Set der Lokalhelden ordentlich ab. Geschmäcker sind eben verschieden.
ELVENPATH wiederum ist mehr mein Fall. Der Heavy Power Metal wird ähnlich wie bei BLIND GUARDIAN mit jeder Menge Fantasy-Epik angereichert und sorgt durch die antreibende Performance der Band (wo wirklich
Elvenpath (Foto: Totgehört)
jedes Mitglied eingebunden wird) für sehr viel Energie, die sich wiederum auf die Menge übeträgt. 'Metal Strikes At Midnight', 'The Hammer Shall Return' oder 'Into The Future' lassen keine Langeweile aufkommen und vor 'Targaryen Fire'  zollt man dem verstorbenen Taunus-Metaller Andreas Freitag einen kleinen aber würdigen Tribut.
Musikalisch bestellt man das perfekte Feld für den Headliner, der bereits kurz darauf folgt.
Tatsächlich hätte ich eine so schnelle Umbaupause nicht erwartet und verpasse die ersten paar Songs des Sets von GRAVE DIGGER. Außerdem gibt es inzwischen kaum noch ein Durchkommen
Grave Digger - von weiter weg
(Foto: Totgehört)
durch das dichte Meer aus Besuchern und Laufkundschaft, die sich das Treiben im Hinterhof anschauen will, was durch den Gratis-Charakter der Veranstaltung auch recht einfach ist. Dadurch platzt die Gasse jedoch auch aus allen Nähten und es ist schwer einen Blick auf die Gladbecker zu erhaschen. Auch ein Gang auf die Toilette kann eine Weile dauern, wenn man sich in die lange Schlange einreiht. Nichtsdestotrotz sind Hits wie 'Excalibur' oder 'Rebellion (Tunes Of War)' unsterbliche Hymnen, die man auch trotz der Umstände einfach abfeiern muss. Das finale 'Heavy Metal Breakdown' liefert dann auch dem Himmel das Stichwort die Abfolge der ständigen kleinen Schauer mit einem ordentlichen Platzregen zu krönen. Während nämlich die letzten Töne verklingen, kommt ein Schutt runter, der für eine amtliche Dusche sorgt - sofern man es nicht schafft rechtzeitig in das Speak Easy zu drängen, wo man von der Masse der Menschen fast erdrückt wird. 

Zum Glück löst sich das Platzproblem bereits wenige Minuten später wieder auf als der Regen endet und die meisten Leute wieder ins Freie strömen. 
Insgesamt lässt sich ein recht positives Fazit des Kneipen-Geburtstags ziehen. Musikalisch abwechselungsreich mit Kapellen von Grindcore bis Deutschrock und einem kostenlosen "von Fans für Fans"-Charakter bleibt nur zu wünschen, dass das Speak Easy auch in 30 Jahren noch existiert - es ist eine der wichtigsten Bezugspunkte im Frankfurter Nachtleben und das Herz der regionale Metalszene.

[Adrian]

2 Kommentare:

  1. Danke für das schöne review. Das rundet den Tag wunderbar ab

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  2. sauber eingefangen und schick geschrieben... genau so war es .. ne super Party!!! auf die nächsten 30

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