Donnerstag, 22. Juni 2017

Live-Review: Suicidal Tendencies im Colos-Saal Aschaffenburg

Auch wenn ich eigentlich nicht weit von Aschaffenburg entfernt lebe, war ich bisher noch nie in der Frankenstadt unterwegs. Gestern allerdings gab es einen guten Grund die Grenze nach Bayern zu überqueren: die SUICIDAL TENDENCIES spielten im Colos-Saal. Die Crossover-Thrasher sollte man zumindest einmal im Leben live gesehen haben und da nimmt man die Reise auch bei knapp 30 Grad Celsius gerne auf sich.
Viele Metalheads wollen sich diesen Abend trotz der hohen Temperaturen und der Terminierung unter Woche nicht entgehen lassen, weswegen die Dichte an Bandanas und Basketball-Trikots in der Aschaffenburger Innenstadt besonders hoch ist. Als ich um etwa Viertel nach Acht am Colos-Saal ankomme, stehen noch fast alle Besucher vor dem Laden und verstopfen (zum Ärger einiger
Der Hexenkessel bei Konzertstart
Autofahrer) rauchend und Bier trinkend die schmalen Gassen. Eigentlich sollte bereits um 20 Uhr ein Support-Act, die Bühne stürmen - dieser muss aber kurzfristig absagen (kannte ich ohnehin nicht - also halb so schlimm) und so darf man bis 21 Uhr ("+ 15 Minuten" laut Zusatz auf dem Aushang) warten bis der Auftritt des Headliners losgeht. Das Warten zieht sich dieses Mal wirklich lange hin und man nimmt es den Roadies irgendwann auch nicht mehr ab, dass sie noch etwas auf der Bühne zu tun hätten, sondern geht davon aus, dass sie nur dort herumlaufen, um Umbauarbeiten zu simulieren. Irgendwann gegen Zwanzig nach Neun starten die SUICIDAL TENDENCIES und im dicht gepackten Colos-Saal sind die meisten Zuschauer bereits jetzt durchgeschwitzt. Das Belüftungssystem versagt endgültig als zu 'Freedumb' die richtig heftigen Pits starten und man steht durchnässt vom eigenen Schweiß, den Körperflüssigkeiten der Umstehenden und dem Bier, das man sich aus Platzmangel ständig selbst übergeschüttet, hinter einem Zwei-Meter-Hünen, um sich dessen Nackenhaare anzuschauen. Auch wenn es eigentlich asozial ist, lohnt es sich an diesem Abend zu drängeln und sich den

Sehr Eloquent: Mike Muir
Weg nach vorne frei zu kämpfen. Dort angekommen lebt man zwar in ständiger Gefahr das Restbier vom Circle Pit aus der Hand geschlagen zu bekommen, aber kann gleichzeitig auch einen genialen Gig erleben, den die Kalifornier hier zelebrieren. Sänger Mike Muir ist unheimlich kommunikativ, sucht den Kontakt mit dem Publikum und hat auch zwischen den Songs eine Menge zu erzählen. Gesanglich immer noch gut dabei erinnert sein Stage-Acting durchweg an einen epileptischen Anfall, was allerdings cooler aussieht als es jetzt klingt und perfekt die verrückte Mixtur aus Punk, Hardcore und Thrash repräsentiert, die die Amis seit jeher ausmacht. Außerdem kann man aus einem reichen Repertoire an Hits zehren, was in der Mitte des Sets seinen Höhepunkt erreicht, als man bei 'War Inside My Head' einige Fans auf die Bühne holt, um dort mit ihnen zu feiern. Die Stimmung reißt allerdings auch bei 'Send Me Your Money' oder 'I Saw Your Mommy' nicht ab und kocht bei 'How Will I Laugh Tomorrow' noch einmal richtig hoch, bevor 'Pledge Your Allegiance' den Abend gebührend beendet. 

Insgesamt kann man sich nach knapp 90 Minuten nicht beschweren. Die SUICIDAL TENDENCIES sind auch nach 36 Jahren immer noch eine Macht auf der Bühne, spielen jede beliege Metal- und Deathcore-Kapelle an die Wand und beweisen gleichzeitig, wie man Hardcore und Metal vernünftig an einen Tisch bringt. Und Neuzugang Dave Lombardo am Drumkit macht auch einen exzellenten Job. Der Wegfall der Vorband ist angesichts der Temperatur im Venue auch nicht wirklich ärgerlich und selbst anderthalb Stunden in der Konzertsauna muss man erst einmal durchhalten. Der Rückweg zum Bahnhof ist nach dem Event aufgrund der frischen Luft eine echte Wohltat (auch wenn es immer noch über 25 Grad hat). In diesem Sinne: Thrash 'Til Sauerstoffzelt!

[Adrian]

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