Montag, 30. Mai 2022

Angehört: Japanische Kampfhörspiele & Kinski " TRIBUTOR - A Torment To Kreator" (Split)

 

Es gibt Dinge mit denen man rechnet: zum Beispiel mit einer 7'' Grindcore-Split. Und dann gibt es Dinge mit denen man nicht unbedingt rechnet: wie einer Grindcore-Split die KREATOR Tribut leistet. Aber genau das machen KINSKI und JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE (kurz JAKAs) auf ihrer kommenden Split. Die beiden Grind-Kapellen aus NRW haben sich jeweils ein Stück der Thrash-Legende aus Altenessen geschnappt und es stilistisch neu interpretiert. Unter dem Banner "TRIBUTOR - A Torment To Kreator" wird das Ergebnis im Juni auf Vinyl erscheinen und ob die Mission geglückt ist, sage ich euch in der Folge.
"Thrash Metal ist der Rock'n'Roll der Achtzigerjahre [sic]. Da sind sich die Musikwissenschaftler einig. Ob Grind Core [sic] der Thrash Metal der Zweitausendzwanziger ist, ist dagegen noch nicht abschließend geklärt. Um diese Diskussion ein wenig in Rollen zu bringen, haben KINSKI und JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE nun jeweils ein KREATOR-Stück interpretiert und auf eine gemeinsame Split 7" pressen lassen", so eröffnen die beiden Bands den Promowisch, der dieser Veröffentlichung beiliegt. Eines muss man gerade dem Label Bastardized Recordings wirklich lassen, sie bringen mich immer dazu, dass ich ihre Waschzettel lese. Wie es allerdings zu dieser interessanten Zusammenarbeit gekommen ist, lässt der Info Sheet offen.

Dass KREATOR-Chef Mille selbst sehr angetan ist von den JAKAs, weiß ich durch ein knapp zehn Jahre altes Interview, indem der Thrash-Titan die Auflösung der Grindpunker 2011 als unnötigste Bandauflösung des Jahres bezeichnet hat (nagelt mich nicht auf den genauen Wortlaut fest). Folgerichtig hatten sich die JAKAs dann auch fünf Jahre später wieder zusammengefunden und bereichern seitdem die deutsche Grind-Szene mit geradezu avantgardistischen Releases wie ihrem 2021er Album
 "Neues aus dem Halluzinogenozinozän", dem bereits zehnten Main-Release der Truppe in knapp zwei Jahrezehnten Bandbestehen. Demgegenüber steht KINSKI. Diese Kapelle hat abseits einer Demo noch nicht viel in den Äther abgesondert. Dafür besteht diese noch recht frische Combo aus bereits sehr erfahrenen Mitgliedern von unter anderem PROSTITUTE DISFIGUREMENT und OBSOLETE INCARNATION. Die vier Herren haben sich 'People Of The Lie' (erstveröffentlicht auf "Coma Of Souls") zur Brust genommen und leiten es wie man es sich bei ihrem Bandnamen erhofft mit einem Klaus-Kinski-Sample ein (auch im Outro des Songs wird es nochmals genutzt). Der Charakterschaupieler liest hier einen Auszug aus dem Francois-Villon-Gedicht "Vom guten und schlechten Lebenswandel", das wunderbar zum Inhalt des KREATOR-Klassikers passt. Das Thrash-Fundament des zugrundeliegenden Stücks wird dabei kaum verändert. Lediglich die Geschwindigkeit wird radikal erhöht, das Schlagzeug darf deutlich mehr blasten und der Bass wir ebenfalls prominenter platziert. Die Vocals sind ebenfalls durch die genretypischen Shouts, Grunts und Screams ersetzt worden, wodurch eine herrliche Melange entsteht, die traditionelle und moderne Krachmusik aus NRW an einen Tisch bringt. 


Der Tribut von JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE wiederum wirkt auf den ersten Blick etwas bieder. Mit 'Extreme Aggression' vom gleichnamigen Album hat man scheinbar auf eine sichere Bank gesetzt. Der Song ist äußerst bekannt und beliebt unter Metal-Fans, hat eine sehr eingängige Melodieführung und sollte niemanden vor den Kopf stoßen. Bei den JAKAs hätte ich allerdings gedacht, dass sie eine ungeliebte 90er Jahre Nummer der Essener nehmen und diese in ihren etwas abgedrehten Crossover-Stil übersetzen (so etwas wie 'Endorama' oder 'Bomb Threat'). Das Gegenteil ist der Fall. Man geht ziemlich stringent zur Sache und liefert eine Interpretation ab, die oberflächlich sehr nahe am Original ist (wenn man davon absieht, dass natürlich auch hier an der allgemeinen Geschwindigkeit, der BPM-Zahl der Double Bass und Brutalität der Vocals gedreht wurde). Nichtsdestotrotz macht der Track eine Menge Spaß. Gerade dass man als Fan der JAKAs und KREATOR hören darf wie hier beide Welten kollidieren, ist schon genial. Außerdem ist der subtile Schwenk mitten im Song rüber zu 'Master Of Puppets' grandios verpackt worden, wo man auch die Lyrics gekonnt so verändert hat, dass Mille und Co noch ein klein wenig mehr Tribut zu geleistet wird als ohnehin schon.  
Alles in allem ist "TRIBUTOR - A Torment To Kreator" eine tolle Kollaboration von zwei herrlichen Grind-Bands aus NRW, die einer Band Tirbut leisten, die unbestritten zu den Kronjuwelen der deutschen Metal-Geschichte gehört. Beide Bands bleiben zwar für meinen Geschmack etwas zu nah am jeweiligen Original und hätten auch gerne noch jeweils einen unbekannteren KREATOR-Song mit dazunehmen dürfen. Allerdings will ich darauf jetzt nicht zu sehr rumreiten. Ich habe keine Ahnung, inwieweit man bei so einem Projekt Freiheit bei der Wahl der Songs und dem Grad der Neuinterpretation hat. Für das was es sein will, ist die Split sehr ordentlich geworden und kann bedenkenlos sowohl von Grind- als auch KREATOR-Fans gekauft werden. Diese Split solltet ihr euch frühzeitig vorbestellen, da sie schnell zum Sammlerstück werden könnte.
Ab dem 10.06.2022 gibt des die 7'' Vinyl bei Bastardized Recordings im Online Shop.

[Adrian]

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