Mittwoch, 23. Februar 2022

Reingehört: Finistère "Aux Morts"

FINISTÈRE ist ein deutsches Ein-Mann-Projekt, das sich dem Black Metal verschrieben hat. "Aux Morts" ist der zweite EP der Kapelle, die mit "Decline And Fall" letztes Jahr ihr Debüt veröffentlicht hat. So weit, so unspektakulär. Gefühlt bekomme ich alle drei Wochen Scheiben von schwarzmetallischen Soloprojekten zugeschickt, die sich gerade erst gegründet haben - nur um nach kurzer Zeit wieder in die Bedeutungslosigkeit abzudriften ohne eine nennenswerte Leistung erbracht zu haben. In diesem Fall ist aber einiges anders.
Denn anders als bei anderen Scheiben macht FINISTÈRE nicht mit einem fünfminütigen Stock-Sound-Intro auf, das wahlweise aus Waldgeräuschen oder Regentropfen besteht. Nein, man mag es kaum glauben, aber der Norddeutsche M.D. startet mit einem harten Riff und treibenden Beats direkt voll durch.
Lieber Underground, hört euch diese CD allein wegen dem Einstieg an! Denn er zeigt, dass man es nicht unnötig kompliziert machen muss! '
Delusions of Grandeur' und 'Crozier' beginnen jeweils energieladen und holen mich sofort ab. Ich kann direkt nachvollziehen, was der Song-Writer mir hier sagen will. Dankenswerterweise verzichtet man auch darauf die eigenen Kompositionen unnötig in die Länge zu ziehen und kommt direkt auf den Punkt - (es ist eigentlich traurig, dass man so etwas heutzutage so explizit hervorheben muss). Alle Tracks sind zwischen vier und viereinhalb Minuten lang. Das heißt aber nicht, dass sie reduziert sind. Es passiert in den einzelnen Stücken durchaus eine Menge, aber man hat den Inhalt stark kondensiert (und noch einmal: das ist etwas Gutes!). Keine Passage dauert länger als sie sollte und die Wechsel aus ruhigeren Abschnitten sowie Ausbrüchen sind perfekt aufeinander abgestimmt. Außerdem habe ich lange keine so eindrucksvolle Mischung aus stimmungsvollen Post-Metal-Elementen und schwarzen Kaskaden erlebt, wie auf diesem Dreher. Ich bin wirklich überrascht. Das ansprechende aber auch sehr generische petrolfarbene Artwork, hätte mich im ersten Augenblick nicht auf einen so außergewöhnlichen Dreher schließen lassen, aber alle fünf Lieder, die man hier findet, sind wirklich ausgezeichnet. Na gut, auf der Stimme liegt etwas viel Zerre. Das ist Geschmackssache. Für mich hätte es auch gerne etwas weniger sein dürfen, aber ansonsten ist die Produktion topp (vor allem für eine augenscheinliche Eigenproduktion kann man über die Klangqualität wahrlich nicht meckern). Auch die Arrangements und die Melodieführung setzt sich mühelos im Gehörgang fest. 
    
Ich könnte jetzt noch viel mehr Lobeshymnen über diesen Release singen und euch vom mitreißenden Drumming erzählen (wenn es programmiert sein sollte, dann ist es sehr gut in den Gesamtkontext eingefügt worden) oder dass das Mini-Album mit jedem Durchlauf einfach nur besser wird, aber mir wäre lieber, dass ihr an diesem Punkt bereits selbst ein Ohr bei FINISTÈRE riskiert habt und euch "Aux Morts" in voller Länge gönnt (bei einer Länge von etwas mehr als 21 Minuten sollte das nicht zu viel verlangt sein). Würde ich nämlich  für EPs Noten vergeben, wäre das hier locker eine 10 von 10. M.D. schafft es mich mit seinem durchweg hohen Qualitätsniveau von 0 auf 100 zu begeistern (er ist wohl ein black-metallisches Geheimnis, das der norddeutsche Underground bisher sehr gut geheim halten konnte).  Keine Ahnung ob er bereits durch andere Projekte in Erscheinung getreten ist, aber spätestens mit dem ersten Full-Length-Release sollte er szene-technisch Decke durch die  gehen. Holt euch also "Aux Morts" auf CD oder als MC und sei es nur damit ihr sagen könnt (wenn das Album irgendwann erscheint): "Früher haben sie mir besser gefallen!" 
Seit 04.02.2022 gibt es die CD bei Human Noise Records oder bei der Band direkt auf Bandcamp (wo man auch noch das Tape abgreifen kann). 

[Adrian] 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen