Sonntag, 8. Juli 2018

Live-Review: Grai, Havámál, Satanakozel und Gjeldrune im Open World Rodgau

Sonntags Konzerte zu organisieren ist immer mit einem Risiko verbunden - besonders wenn man ausländische Bands aus dem tiefsten Underground einlädt! Szene-Enthusiast Geordie Blackcore hat das aber nicht abgeschreckt und einen tollen Abend mit drei russischen Pagan Folk Metal Bands (angeführt von Headliner GRAI) plus HAVAMAL aus Hanau auf die Beine gestellt. 
Gjeldrune (Foto: Adrian)
Es ist ein herrlicher Sonntagabend. Der Himmel in Rodgau-Jügesheim ist blau und die Temperaturen vor dem Open World angenehm. Während draußen noch die Sonne scheint, starten GJELDRUNE mit ihrer Mischung aus Melodic Death Metal und Folk Metal in den Konzertabend. Neben den epischen Anteilen, die Ksenia mit ihrem Keyboard liefert, werden auch organische Instrumente der Folklore benutzt. So integriert man zum Beispiel auch Flöten ins Konzept, um eine entsprechende Stimmung zu erzeugen. Worum es in den Liedern geht kann man als Nicht-Russe zwar nicht genau identifizieren, aber die Mischung aus harten Shouts und klaren Vocals funktioniert sehr gut. Die Gruppe aus Dubna kommt beim Publikum gut an und sorgt für erste Pogo-Aktivitäten in den vorderen Reihen. 
Ich bin übrigens zum ersten Mal im
Satankozel (Foto: Adrian)
Rodgauer Open World und freue mich über den bodenständigen Jugendclub-Charakter. Bier gibt es in Form von HANSA-Flaschen bereits ab 1,50 Euro und der Komplex wirkt neuwertig und sauber - das ist ja normalerweise keine Selbstverständlichkeit in Jugendzentren. Weiter geht es musikalisch mit SATANAKOZEL (oder СатанаКозёл wenn man Kyrillisch lesen kann). Die Truppe aus Karelia sieht aus wie eine typische Death-Metal-Combo mit ihren  monochromen Bandshirts und Flecktarn-Cargos, aber es steckt mehr dahinter. Denn man inkludiert in den extreme-metallischen Sound jede Menge folkloristische Keyboard-Parts, die direkt eingespielt werden (zumindest gehe ich davon aus, da ich keinen Keyboarder auf der Bühne sehe). Wer FINNTROLL und SKYFORGER mag, wird auch hier glücklich werden. Vorort quittiert man die Tracks mit amtlicher Nackengymnastik und hochgereckten Fäusten. Die Übersetzung des
Hávamál (Foto: Adrian)
Bandnamens heißt übrigens so viel wie "Satans Ziege" und dem Gehörnten dürfte das Gebotene auf jeden Fall unterhalten haben.
Weniger Teufel und mehr Pagan gibt es im Anschluss bei HÁVAMÁL, dem lokalen Support des Billings. Hier versteht man nicht nur deutlich mehr von den Lyrics (zumindest theoretisch) auch die stilistische Bandbreite weiß zu überzeugen. E-Gitarren, Keyboards und Growls gibt es hier genauso zu bewundern wie weibliche Clean-Vocals, Flöten und eine Balaika. Besonderes Schmankerl ist die rein akustische Einlage mitten im Set, die reduziert mit Tröten und Trommeln umgesetzt wird und vor allem Freunde von WARDRUNA gefallen dürfte (man kann sich die Hanauer Kapelle übrigens im Schlosskeller Windecken im August auch rein akustisch anschauen). In Jügesheim kommen beide Seiten der Band sehr gut an und man erntet sehr viel Zuspruch.
Den Abend beendet das Quintett aus Tartastan. GRAI oder ГРАЙ bedeutet zu Deutsch so etwas wie "Vogelschrei", allerdings sind die Voals von Frontfrau Irina
Grai (Foto: Adrian)

überwiegend glasklarer Gesang, der sich wie ein weicher Teppich über die Stakkato-Riffs legen, die man vor allem durch eine Querflöte angenehm auflockert. Wenn man die Ausrichtung der Gruppe vergleichen will, kann man sich grob an ARKONA orientieren, wobei die Growls hier von den männlichen Bandkollegen geliefert werden. Die Stimmung ist auf jeden Fall super und die Frontdame treibt das Publikum in Südhessen ordentlich an, bis man um 23 Uhr leider bereits zum letzten Song kommen muss, da wegen lärmschutzrechtlichen Curfew-Vorgaben der Abend nicht viel länger andauern darf und man den über alle Auftritte hinweg ein wenig Verspätung angesammelt hat. Das erklärt auch der Veranstalter persönlich auf der Bühne und entschuldigt sich beim Publikum dafür, verspricht aber gleichzeitig auch beim nächsten Mal besser zu planen.
Abseits von dem etwas zu frühen Ende des Headliners gibt es aber nicht viel an diesem Konzert auszusetzen. Das Open World ist eine tolle Location, die Orga war insgesamt super und die Bands haben eine klasse Leistung abgeliefert. Natürlich hätte es mehr Zuschauer nach Rodgau ziehen dürfen, allerdings ist für einen sommerlichen Sonntagabend während einer Fußballweltmeisterschaft trotzdem eine solide Menge an Metalheads angetreten.

Wenn sich die Chance ergibt, diesen Abend zu wiederholen, würde ich definitiv wiederkommen. Wem allerdings diese Eindrücke nicht reichen, den verweisen wir an unseren Vlog zum Konzert, den wir entsprechend oben verlinkt haben.

[Adrian] 

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