Freitag, 4. März 2016

Live-Review: Zeremonie der Schatten in Hofheim

Wir sind etwas spät dran mit unserem Konzertbericht aus Hofheim. Wenn dieser Bericht erscheint, dann ist die Zeremonie der Schatten bereits zwei Wochen her. Allerdings haben wir uns diesem Fall Zeit gelassen, um euch ein ausführlichen und langen Bericht zum ersten großen Schwarzmetall-Abend im Taunus zu präsentieren. Die Kollegen Nezyrael, Sunny und ich haben genau hingeschaut und diesen besonderen Abend für euch bewertet. Dunkelt eure Zimmer ab, legt einen Black-Metal-Klassiker auf und genießt bei einem Glas Rotwein diese Perle des Untergrunds.

Der Nebel steigt stetig, die Lichter dimmen sich immer weiter und die obligatorischen Grabkerzen brennen ebenfalls bereits auf jeder verfügbaren Stellfläche im Umkreis; an diesem Punkt hält nichts  den Beginn der "Zeremonie der Schatten" noch zurück. Opener des Abends HALPHAS verschwenden
glücklicherweise kaum noch Zeit mit zu viel Bühnenshow und füllen die selbige direkt und vor allem vollkommen aus. Zu behaupten HALPHAS würden bombastisch einschlagen wäre leider übertrieben. Tatsächlich scheint der erste Song etwas ernüchternd auf die Menge zu wirken. Zwar wippt diese, für Black Metal Verhältnisse noch recht euphorisch mit den Köpfen, allerdings verfliegt die erste Begeisterung nach einigen Minuten mit eher unispirierten Schwarzmetall deutlich. Dabei liefert die Band mit Sicherheit keine schlechte Musik. Ein solider Mix aus traditionellem Black Metal mit überraschend weitläufigen Bass-Lines und alles in allem offensichtlich talentierten Musikern, nur leider verrinnt sich die Mischung zunächst etwas im Sande. Allerdings ändert sich dies schlagartig mit Beginn des zweiten Songs 'Sword of the Necromancer'. Warum gerade dieser mit der Silbermedallie der Setlist behangen wurde weiß man sich hier nicht so recht zu erklären, jedoch stellt die Band damit eindeutig fest, dass hier mit einer vielschichtigen Gruppierung zu rechnen ist. Die geschaffene Klangwand rollt sich atmosphärisch Takt um Takt durch die Masse und erinnert dabei deutlich an langwierige, komplexe Songs einiger US-Black Metal Vertreter der neunziger Jahre. Gerade in dieser Nummer sind  Drums, Gitarren und Gesang sehr stark aufeinander Abgestimmt und die Performance der Band verleiht dem ganzen einen ätherischen Flair erster Güte. Leider stellt dieses bemerkenswerte Aufblitzen eine Rarität innerhalb des Sets dar. Gen Ende wird noch einmal versucht den ursprünglichen Charme dieser Performance einzufangen, jedoch gelingt dies nicht vollends. HALPHAS bleiben deutlich für ihre sehr starken Momente in Erinnerung, im Durchschnitt allerdings leider für nicht viel mehr.

Von schierer Größe her deutlich besser auf der doch recht sparsamen Bühne platziert, lässt sich die Drei-Mann Kombination von FALLEN TYRANT an. Dabei bieten diese einen eindeutigen Kontrast zur Vorband; Nicht nur dass jene zunächst nach der breiten Menge von HALPHAS etwas leer wirkt, der Stil von
FALLEN TYRANT lässt sich schon nach kurzer Zeit als ein anderer, weniger traditioneller erahnen. Black Metal mit Telecaster Gitarren ist zum Beispiel eher eine Seltenheit. Auch der Beginn der Setlist bestätigt die relative Rarität der Band, vor allem in diesem Umfeld: Der dargebotene Schwarzmetall hat eindeutig eine Färbung in Richtung Black' n' Roll. Dies soll ihr Schaden natürlich nicht sein, denn FALLEN TYRANT stellen sich nach kurzer Spielzeit bereits als die vielleicht stärkste Band des Abends heraus. Die Black 'n' Roll Einflüsse verlieren sich im weiteren Verlauf des Sets und weichen dem klassischeren Black Metal, den sich die meisten erwartet haben, allerdings verläuft dieser so konstant stark, dass man einfach applaudieren muss. Gerade für ausschließlich drei Musiker bietet die Band eine beeindruckende Sound-Kulisse, mit rockigen bis treibenden Gitarren Riffs, cleveren Bass-Lines und energetischem Drumming, auch wenn das Schlagzeug im Vergleich zu anderen etwas so aussieht, als hätte jemand nach der Hälfte einfach keine Lust mehr zum Aufbau gehabt. Der Schlagzeuger mag in seiner Montur aussehen wie ein Raider aus Fallout und die Haare des Gitarristen bleiben immer mal wieder in den Wirbeln der Gitarre hängen, aber FALLEN TYRANT sind zumindest ein persönlicher Favorit des Abends. Bedenkenlose Empfehlung bei jeder Gelegenheit. 

[Sunny]

Nach dem starken Auftritt von FALLEN TYRANT war klar, dass es schwer werden wird für SVARTSORG. Aber die Österreicher tun sich mit Ihrer Musik dann auch einfach keinen Gefallen. Der Midtempo Black Metal ist 
zwar sehr gefällig, aber gerade nach dem abwechslungsreichen, schwungvollen Auftritt der Vorgängerband wirkt er nicht nur musikalisch etwas hüftsteif. So kreischt und keift man sich solides Set melodiöseren Schwarzmetalls, das aber nur selten wirklich aufhorchen lässt. Ich bin zwar Keyboardeinsatz im Black Metal nicht grundsätzlich abgeneigt, finde aber dass es wirklich nicht einfach ist, die Keys so wohl dosiert einzusetzen, dass Sie nicht überladen wirken, was bei SVARTSORG stellenweise leider der Fall war. Alles in Allem eine solide Performance, die aber nicht wirklich im Gedächtnis bleibt. 

[Nezyrael]

Im Anschluss heißt es erst einmal Warten auf STREAMS OF BLOOD. Die Erlenbacher lassen sich Zeit mit dem Umbau etwas Zeit und dekorieren das Bühnenbild stimmungsvoll mit umgekehrten Kreuz, Kerzen und Kelchen. Auch
das eigene Outfit hat man (wie eigentlich jede Band an diesem Abend ) besonders morbide aufgezogen. Corpsepaint, Patronengurte und geschwärzte Tücher, die das Gesicht halb verdecken, machen es schwer die einzelnen Mitglieder zu identifizieren (auch wenn man sie abseits der Bühne persönlich kennt). Beim Soundcheck fehlt noch der Vokalist, aber pünktlich zu Beginn stürmt er auf die Bühne und entfesselt einen Feuersturm, der von wilden Riffs und aggressiven Drums getragen wird. Viel Bewegung auf und vor der Bühne treiben den Dynamik-Level
rasant in die Höhe. So sehr dass Fronter Thymos nach längerem Headbanging aussieht als er wäre er mit Beetlejuice verwandt. Ein weiterer Nebeneffekt ist außerdem, dass bei der ganzen Bewegung auch ein paar Sachen auf der Bühne zu Bruch gehen - so wie das Apfelweinglas, das extra vor Beginn für die Band aufgestellt worden ist (da blutet mir direkt das hessische Herz). Aber hey: zumindest kann sich bei soviel Action niemand über mangelnden Abriss beschweren. STREAMS OF BLOOD steht für klassischen Black Metal, der mit einer Prise Rotz'n'Roll veredelt wird, und dreht den  Erhabenheitspegel wie bei jedem Gig auch in Hofheim auf elf von zehn Punkten. Nicht jeder im Publikum scheint zwar überzeugt werden zu können, aber gerade die vorderen Reihen haben unheimlich viel Spaß und bedenken das Kollektiv mit einer Menge Jubel und Applaus. Da kann die Kapelle sich auch große Ansagen oder sonstige Anfeuerungsmaschen sparen. Die Männer vom Main nehmen auch dieses Publikum im Sturm und machen Platz für eine erneut ausgiebige Umbaupause. Ach, wie hat sie uns gefehlt. 

[Adrian]

Wer denkt, dass mehr Leute als die fünf Mannen von STREAMS OF BLOOD nicht auf diese kleine Bühne passen, wird von HEIMDALLS WACHT eines besseren belehrt, denn dank des Gastsängers von NYKTALGIA packen die Schwarzhelme
stellenweise ganze sechs Mann auf die doch recht kleine Bühne. Musikalisch gibt es dann auch wirklich wenig bis gar nichts zu meckern. Der Pagan Black Metal wird begeistert von den Fans aufgenommen, und schon beim Opener 'Ekte Westfäölske Svatte Metal' ist der Platz vor der Bühne sehr gut gefüllt. Man merkt deutlich, dass HEIMDALLS WACHT für einige der angereisten Fans den Höhepunkt des Abends darstellen. Vor allem die hymnisch angehauchten Songs wie 'Ignis Fatuus' und 'Des Nordens Stern'  kommen erwartungsgemäß hervorragend an und sorgen dann auch für deutlich mehr Bewegung im Publikum als die Vorgängerbands. Die relativ klar gesungenen deutschen Textstellen mögen zwar nicht jedermanns Sache sein, passen aber meiner  Meinung nach sehr gut zum Gesamtkonzept der Ahlener. Abzüge in der B-Note gibt es dann aber für die etwas überdimensionierte Umbaupause, die mit stolzen 50 Minuten zu Buche schlägt. Das ist für ein derartiges Konzert schlicht viel zu viel, und so war es nicht verwunderlich dass sich nach HEIMDALLS WACHT die Reihen sehr lichten und kaum noch jemand bleibt, um dem SARKRISTA-Ersatz NARVIK beizuwohnen, schließlich wollen viele auch noch den letzten Zug erwischen. Davon abgesehen ist es allerdings ein sehr gelungener Auftritt, der eines (Ersatz-)Headliners definitiv würdig ist.

[Nezyrael]

Wie im vorangehenden im sozialen Netzwerk bereits angekündigt konnten die bereits heiß erwarteten SARKRISTA leider aufgrund von persönlichen Vorkommnissen nicht am Line-up des Abends teilnehmen. Glücklicherweise fanden sich kurzfristig NARVIK dazu bereit diese Lücke zu füllen und den Abend
zu beschließen. Gerade der Bühnenaufwand springt hierbei etwas ins Auge; natürlich sind die üblichen Kerzen, Grablichter, Armleuchter und alle anderen okkulten Spielereien anwesend, jedoch sind NARVIK die extra Meile gelaufen und konnten es sich nicht nehmen lassen, in alter Traditionsverliebtheit doch noch den einen oder anderen Schweinskopf auf der Bühne aufzupflocken. Bonuspunkte verdienen sie dabei natürlich für den Aufwand, einige Abzüge gibt es jedoch für die Räucherstäbchen auf den Schädeln, welche das ganze etwas ungewollt komisch aussehen lassen. Zu guter letzt darf dann auch die Band selbst die jetzt schon gut gefüllte Bühne entern. Die Musik stellt sich dabei als eine sehr solide Stilrichtung des klassischen Black Metal heraus, welcher fehlerfrei und vor allem laut in die, mittlerweile doch stark ausgedünnte Menge geblasen wird. Glücklicherweise verdirbt die Abwesenheit der Interessenten zu dieser Uhrzeit zumindest augenscheinlich nicht die Motivation der Band, welche weiterhin stur ihr Set durchpeitschen. Den gegenwärtigen Überlebenden des Abends scheint es zumindest zu gefallen, auch wenn tatsächliche Höhepunkte hier etwas ausbleiben. Definitiv kein schlechter Auftritt, jedoch nichts das man dem lokalen Schlachter beim nächsten Köpfekauf erzählen muss.

[Sunny]

Insgesamt geht dieser Abend aber mehr als nur in Ordnung. Abgesehen von ein paar kleinen Kinderkrankheiten wie den gelegentlichen Sound-Problemen und den zum Teil langen Verzögerungen beim Umbau, die bei einigen Besuchern für Unmut gesorgt haben, kam man als Black Metaller durchweg auf seine Kosten. Gerade weil im direkten Einzugsgebiet von Frankfurt nicht viel Schwarzmetall zu finden ist, hoffen wir dass das Organisatoren Team auch in Zukunft dafür sorgen wird, dass es weitere Zeremonien der Schatten im Taunus geben wird. Die lokale Szene ist auf jeden Fall schwer beeindruckt von diesem tollen Auftakt und drückt die Daumen die Dunkelheit bald nach Rhein-Main zurückkehrt.

[Adrian / Sunny / Nezyrael]

1 Kommentar:

  1. Was ein Quatsch. Halphas war mitunter die beste Band an dem Abend. Ein Großteil der Gäste war nur wegen Halphas da.

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