Sonntag, 8. November 2015

Live-Review: Moshpocalyptic Armageddon in Flörsheim

Die Rangierbar am beziehungsweise im Flörsheimer Bahnhof hat mir schon viele tolle Abende beschert und ist trotz allem immer noch ein Geheimtipp. Die kleine Location in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens ist noch lange nicht jedem Metalhead im Rhein-Main-Gebiet ein Begriff, aber Besucher, die schon mal da waren, kommen gerne wieder, um kleine Konzerte wie den Moshpocalyptic Armageddon mitzuerleben, der letzten Samstag das alte Bahnhofsgebäude zum beben gebracht hat.

Crestfallen (Foto: Adrian)
Los geht es etwas später als erwartet. Statt halb neun wie angesetzt, starten die Mittelfranken von THE CRESTFALLEN erst um kurz nach 21 Uhr mit ihrer Show. Die Nürnberger spielen Melodic Death Metal und gehören genau genommen zur alten Garde des Genres, denn gegründet hat man sich bereits 1996 (und ist damit in etwa so alt wie die deutsche Melo-Death-Größe NIGHT IN GALES). Mit "Awake and Bleed" brachte man aber erst 2003 die Debüt-Full-Length auf den Markt und schob gerade mal vor drei Jahren den bis dato einzigen Nachfolger "The Apocalypse We Long For" nach. Dementsprechend rekrutiert sich das Set in weiten Teilen aus diesen zwei Alben. 'Vikingr', 'The Stench Of Ignorance' oder auch das finale 'Awake And Bleed' sind echt starke Hmynen, die den Nacken einiger begeisterter Headbanger in Wallung versetzen. Musikalisch ist das fränkische Gespann für so manchen Zuschauer die beste Band des Abends, die mit einer ausgewogenen Mischung aus Göteborg-Riffing, angeschwärzten Melodien und dem mächtigen Organ von Sänger Ibba einen wirklich guten Auftritt hinlegt. Dementsprechend können die Franken nach dem Gig auch einige Merchandise-Artikel von der Rangierbar an interessierte Fans loswerden. 
Danach ist Zeit für THE ARTICLE. Als Frankfurter sind die modernen Melo-
The Article (Foto: Adrian)
Deather heute die Heimmannschaft, haben eine wesentlich kürzere Biographie als der Opener und sind erst 2013 auf der Bildfläche erschienen, aber haben bereits einige gute Gigs auf dem Kärbholz. Die Herren aus der Rheinmetropole sind sehr agil und heizen der Menge mit einer bewegungsfreudigen Performance ordentlich ein. Als lokalste Band des Abends haben die Hessen das größte Publikum des Abends und sorgen dafür, dass der Raum vor der Bühne gut gefüllt ist. Ihre Songs schlagen ordentlich ein und machen in Sachen Brutalität keine Gefangenen. Fronter Frieder growlt alles in Grund und Boden, während die Saitenfraktion messerscharfe Riffs herunterzockt (wie man auch schön im Live-Video zu 'Sphinx' sehen kann). Vorgestellt werden im Rahmen des Auftritts auch drei neue Songs, die die Kapelle nach eigener Aussage aufs Debüt-Album packen will und wenn das Material auch auf Platte so brachial klingt wie live, dann muss man sich eigentlich gar keine Sorgen um die Qualität der Scheibe machen. 

BLOODJOB hat den Slot des Headliners und das ist im Underground nicht unbedingt die einfachste Position. Denn erst gegen halb zwölf kommen die
Bloodjob (Foto: Adrian)
Mittelhessen auf die Bühne und sehen sich weniger Fans gegenüber als zuvor die Lokalmatadore, was nichts mit der Qualität der Gießener zutun haben muss, sondern vielmehr an den öffentlichen Verkehrsmitteln liegt, denn je nachdem wohin man nach dem Konzert fahren muss, ist es nach 24 Uhr noch schwer heimzukommen. Auch ich muss kurz vor Ende des Gigs (während der Zugabe) bereits gehen, um meine letzte S-Bahn nicht zu verpassen. Solange ich aber noch Zeit habe, solange bleibe ich vor der Bühne und feiere so brutale wie appetitliche Songs der Marke 'Malignant State, 'Basement Breed' oder 'Raping The Unburied'. Dass ich BLOODJOB zuletzt vor drei Jahren live gesehen habe und dass das wiederum eine lange Zeit ist, merke ich daran, dass sich das Line-Up verändert hat. Der glatzköpfige Sänger Dr. Porn, der allein mit seinem bulligen Auftreten die Zuschauer antreiben wie auch einschüchtern konnte, ist mittlerweile nicht mehr dabei und wurde durch Sascha ersetzt, der deutlich mehr Haare in Gesicht und auf dem Kopf hat. Dieser erscheint zwar deutlich friedlicher als sein Vorgänger, aber seine Grunts sind keinen Deut harmloser. Musikalisch kann man die Gießener als  Mischung aus alten KATAKLYSM und CANNIBAL CORPSE beschreiben und jeder der blutigen aber nicht stumpfen Death Metal mag, ist bei den Herren genau richtig. Fast eine Stunde begeistern die Todesmetaller die Besucher der Rangierbar und dürfen erst nach fast einer Stunde von der Bühne. 
Alles in allem wie immer ein unterhaltsamer Abend in der Rangierbar in Flörsheim und die Veranstalter haben mal wieder alles richtig gemacht: ein fan-freundlicher Eintrittspreis, günstige Getränke und eine angenehme Atmosphäre. Namentlich muss auch HELLEVATOR-Sänger Oli von der Moshpit-Crew erwähnt werden, der für das JUDAS-PRIEST-Cover 'Breaking The Law' von THE ARTICLE auf die Bühne gebeten wird und die Nummer als klasse Extreme-Metal-Attacke neu interpretiert. Wer also noch nie in der Rangierbar bei einem Moshpit-Abend gewesen ist, sollte dies schnellstens ändern und den Laden austesten. Einen langweiligen Abend hatte ich dort noch nie,

[Adrian]

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