Samstag, 13. Dezember 2014

DVD-Review: Ragnar Bragasons "Metalhead"

Filme werden ja normalerweise nicht bei uns besprochen, aber in speziellen Fällen machen wir auch mal eine Ausnahme. Der Film "Metalhead" von Ragnar Bragason ist ein solcher Sonderfall. Denn hier bildet eine Metallerin den Mittelpunkt der Handlung.
Diese Rolle der rebellischen Hera spielt die (in Mitteleuropa eher unbekannte) Thorbjörg Helga Thorgilsdóttir und sie verkörpert die geschundene Seele einer heranwachsenden Frau sehr überzeugend. Es ist schwer die Handlung zusammen zu fassen ohne zu viel vorweg zu nehmen. Nur so viel: der Film beginnt idyllisch. Island, 1983: Hera ist jung und lebenslustig, hat Freunde und lebt mit ihrer Familie abgeschieden auf einem Bauernhof in der Provinz. Ihr Leben ändert sich schlagartig als sie mit Ansehen muss wie ihr älterer Bruder bei einem Unfall getötet wird. Die Tatsache, dass ihr Bruder Metaller gewesen ist, führt dazu, dass Hera mit gerade zwölf Jahren beschließt sein Andenken hochzuhalten und fortan nur noch seine Bandshirts zu tragen beziehungsweise seine Musik zu hören. Aber auch beim Rest der Familie hinterlässt dieser Verlust nachhaltig tiefe Wunden.
Zeitlich zu verordnen ist die Haupthandlung des Films etwa zehn Jahre später in den frühen Neunzigern, als das Black Metal gerade dabei ist den Untergrund zu verlassen und sich vor allem durch seine Taten einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Das spielt allerdings erst ab Mitte der Handlung eine Rolle. Im Zentrum der Streifens befindet sich die Trauer einer jungen Frau, die den Tod eines geliebten Menschen nie überwunden hat und im eigenen Schmerz regelmäßig versinkt. Aber auch ihre Eltern und wie sie mit dem Verlust umgehen ist ein wichtiges Thema des Films. Jeder verhält sich dabei anders und merkt dennoch immer wieder, dass weder Heras Exzesse noch die verkrampfte Normalität der Eltern ein Weg aus der allgegenwärtigen Depression sind.
"Metalhead" ist ein sehr ernster Film, der den Zuschauer gelegentlich aber auch grinsen lässt. Besonders dann wenn metallisches Szenedenken auf dörfisches Spießbürgertum trifft erwischt man sich dabei, wie man laut auflachen muss. Das ist gut und wichtig, denn insgesamt ist dieser Streifen sehr trist, deprimierend und steckt voller Rückschläge, mit denen die Charaktere klar kommen müssen. Jede Auflockerung ist da sehr willkommen. Aber gerade die Tatsache, dass man von dieser negativen Stimmung so eingenommen wird, zeigt wie gut die Handlung inszeniert wurde. Die Einstellungen sind ausdrucksstark und die Erzählweise ist weder überhastet noch zu langatmig. Die 96 Minuten Laufzeit werden perfekt genutzt und auch wenn die finale Auflösung etwas erzwungen wirkt, ist der Film insgesamt doch ein Pflichtkauf für alle Metal-begeisterten Cineasten. Außerdem ist der Soundtrack mit Bands wie MEGADETH, LIZZY BORDEN, JUDAS PRIEST und SÓLSTAFIR wirklich stark und hilft dabei die Atmosphäre der damaligen Szene authentisch abzubilden.

Ragnar Bragasons "Metalhead" ist einer der wenigen Filme, die der Metal-Szene gerecht werden ohne sich in Klischees und Klamauk zu verlieren. Gerade für Leute, die lächerliche Metal-Komödien á la Jack Black ablehnen, ist dieser Film perfekt.
Am 11. Oktober 2013 hatte "Metalhead" (der im Originaltitel übrigens "Málmhaus") in Island Premiere und ist jetzt auch auf Deutsch als DVD und Blu-Ray beziehungsweise im Stream erhältlich.

[Adrian]

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